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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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in ihrer Nähe. Sie wandte sich zu ihr um. Man sah Ron die Anstrengung an, die es ihn gekostet hatte, es bis hierher zu schaffen.
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    Ihr Blick ging zurück zu lan. Mimisch teilte er ihr mit, dass sie den Hubschrauber per Funk rufen würden, der einen Sitz für sie hinunterlassen und
    - so verstand sie seine Gesten - sie irgendwo vor dem nächsten Hügel absetzen würde, und so geschah es. Eine halbe Stunde später schwebten die drei, immer wieder durchgeschüttelt von plötzlichen Windböen, nacheinander über den Fluss, landeten kurz darauf auf einer kahlen Erhebung mitten im Dornbusch. Es dauerte nur noch wenig mehr als eine halbe Stunde, und lan erreichte sie als Erster.
    Manchmal gibt es keine Worte, um Gefühle auszudrücken, und diese Momente sind es auch, in denen Worte überflüssig sind. Als sie sich wieder voneinander lösten, sicher waren, dass die Anwesenheit des anderen kein Trug war, zitterte sie, fror, als stünde sie in einem eisigen Wind. Ihre Haut zog sich zusammen, bis es sie schüttelte. Graue Flecken flimmerten vor ihren Augen. Sie musste sich nach unten beugen, das Blut zurück in ihren Kopf laufen lassen, sonst wäre sie umgefallen.
    »Holla«, bemerkte Ron, »Malaria?« Er zählte an seinen Fingern ab. »Nein, es ist noch zu früh, die Inkubationszeit ist mindestens acht Tage. Aber lass dich trotzdem zu Hause gleich untersuchen, hörst du, Henri? Und du auch, Susi.« Er streckte lan seine Hand hin. »Ich bin Ron Cox, der Missionsdoktor und Mitgefangener.« lan nahm seine Hand, ließ seine Augen über den blutdurchtränkten Verband an Rons Oberschenkel laufen. »Jetzt brauchen Sie erst mal einen Arzt, scheint mir - wie schlimm sind Ihre Verletzungen?«
    »Umbringen werden sie mich nicht«, grinste Ron, aber sein fahles Gesicht glänzte vor Schweiß.
    »Wo ist Isabella?« lan schaute sich um. »Und Jeremy?«, ergänzte er. Wie sollte sie ihm das in wenigen Worten erklären? Viel Zeit blieb ihnen nicht, der Wind war stärker geworden, schwere Wolken sammelten sich erneut am südlichen Horizont. Drohte wieder ein Unwetter? »Die Geschichte ist so lang und bizarr, dass wir jetzt keine Zeit dafür haben. Isabella ist freiwillig zurückgeblieben, sie hat sich unsterblich verliebt und ist dem Mann gefolgt...«
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    »Einem von Mary Mkizes Männern? Das kann ich mir nicht vorstellen!«
    Mit einer Handbewegung machte sie klar, dass ihr die Worte fehlten. Eine tiefe Müdigkeit lahmte sie, die sie als Reaktion auf die Erleichterung, dass alles vorüber war und dass lan neben ihr stand, erkannte. Sie lehnte sich an ihn, schloss die Augen, überließ ihm für eine Zeit die Verantwortung für sich. Ihre Gedanken verschwammen, sie ließ sich einfach treiben, weg von den vergangenen Stunden und Tagen. lan war hier, die Kinder auch, sie hatten überlebt, nichts weiter war wichtig. Der Prozess der Verdrängung hatte bereits begonnen.
    »Mami!« Julia flog ihr an den Hals. »Also, ich wusste es doch, man kann euch nicht allein lassen. Ihr braucht Aufpasser!« Sie zuckte hoch, fing ihre Tochter auf. Julias T-Shirt war nass, sie war verdreckt und roch verschwitzt, aber Henrietta schwelgte in der Lebendigkeit ihrer Umarmung. »Oh, mein Kleines, mein Liebling. Wie kommt ihr bloß hierher? -Jan ...«, sie streckte einen Arm nach ihrem Sohn aus und zog ihn an sich.
    »Oh, Mami«, Julia brach in Tränen aus, »was machst du nur für einen Scheiß!«
    »Kann mal wohl sagen!«, knurrte ihr Bruder. Henriettas Gesicht war noch nass, als sie danach Karsten umarmte. »Wie kommt ihr nur hierher?«, stammelte sie wieder. Julia lachte übermütig. »Es ist unser Geschenk zu deinem Fünfzigsten!
    Ist uns das nicht gelungen? Wir haben unsere Konten leergeräumt, seitdem leben wir von trockenem Brot und Wasser«, sie zog ihre Wangen ein, um zu demonstrieren, wie sehr sie hungern muss-ten, »wir konnten euch doch schließlich in diesem Land nicht allein lassen!«
    Neu drückte Henrietta so fest, dass sie keuchend um Gnade bat. »Wie geht es Sammy?«
    Er strahlte. »Ganz prima! Sie hat sich nur einen Arm gebrochen und den Kopf ein bisschen gestoßen, und das Baby kam drei Tage zu früh. Ein Prachtjunge, kann ich dir versichern, er heißt Nino und ist ein-353
    fach entzückend. Tita ist völlig durcheinander. Sie schwankt zwischen Euphorie und der Tatsache, dass es jetzt jemanden gibt, der sie Granny nennen wird!«
    Henrietta lachte befreit auf. »Oh, ist das schön!« Donner grollte gedämpft in der Ferne. lan und Neu sahen

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