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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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gefunden?«
    »Meine Verbindungen zu meinen ehemaligen Kollegen bei der SAP sind bestens.
    Ich habe freien Zugang zu den Computern. Ich wusste, dass Sie wieder im Land waren. Aber ich wurde angewiesen, bis zu Ihrem Abflug zu warten, ehe ich Sie stelle. Man wollte herausfinden, ob und welche Kontakte Sie hier noch haben.«
    Potgieters Augen bohrten sich in seine. »Ich war mein Leben lang Polizist. Es ist mein Beruf und meine Gabe, Lügner zu erkennen. Sie haben eine Chance.
    Erzählen Sie mir genau, was passiert ist. Ich entscheide dann, ob Sie schuld sind oder nicht. Ihr Flugzeug geht in zwei Stunden - so lange haben Sie Zeit.«
    So erfuhr Henrietta, was in diesen sieben Tagen zwischen dem 21. und 28. März 1968 geschehen war.
    Der Alte lauschte konzentriert. »Er hat sich selbst ins Kinn geschossen? -
    Mein Sohn hat schon als Fünfjähriger gewusst, wie man mit einem Gewehr umgeht!
    Beweisen Sie es. Was passierte vorher?« , »Er überraschte mich nachts, als ich schlief«, begann lan, und es schien, als liefe ein Film vor seinem inneren Auge ab, »er band mir die Hände auf den Rücken und nahm mich mit.« Ihre Hand zuckte in seiner. Er umschloss sie fest, und sie spürte, dass er ihre Berührung so brauchte wie sie seine.
    »Lassen Sie nichts aus! Erzählen Sie alles, von Anfang an!« lan erzählte.
    Seine Worte brachten sie an den Rand dessen, was sie ertragen konnte. Seine Stimme war trocken und emotionslos, es war deutlich, dass er seine Worte sorgsam abwog. »Ich fand einen meiner Führer, einen älteren Zulu, morgens tot in seine Matte eingerollt. Er war im Schlaf gestorben, wahrscheinlich an einem Herzinfarkt... er war so leicht, als ich ihn in sein Grab legte«, flüsterte er, offenbar völ-lig in dem Geschehen von damals gefangen, »als hätte er mit der ' Seele, die seinen Körper verlassen hatte, tatsächlich an Gewicht ver-: loren. Ich habe mich danach allein durchgeschlagen«, fuhr er dann fort, »nachts war ich sehr müde, schlief zu fest, und ihr Sohn hat mich überrascht.«
    »Was sagte er?«, warf Mr. Potgieter ein.
    »Er trat mich in die Seite und sagte >he, aufwachen<, und als ich die Augen öffnete, sah ich in die Mündung seiner Maschinenpistole. Ich war schlagartig wach, kann ich Ihnen versichern. >Was ist los?<, fragte ich, Schlaftrunkenheit vortäuschend, schnellte aber in der nächsten Sekunde in die Höhe, wollte fliehen. Aber Ihr Sohn drückte ab, der Schuss streifte mich.« Er berührte die Narbe an seinem Hals. »Ich hab zwar keinen Schmerz gespürt, aber ich kam ins Stolpern, und da hatte er mich. Er hat mir die Hände auf den Rücken gefesselt und mit dem Lauf der Maschinenpistole vor sich her getrieben. - Ich hab geblutet wie ein Schwein«, setzte er hinzu.
    »Wie war das Wetter, wo befanden Sie sich, beschreiben Sie die Gegend - los, Mann!« Mr. Potgieter lehnte sich vor. Die Luft im Flughafenrestaurant war klebrig und abgestanden, bläuliche Schwaden von Zigarettenrauch hingen unter der niedrigen Decke, trotz Klimaanlage. Längst waren alle Plätze besetzt, an den Wänden lehnten Leute, Gläser und Teller in der Hand, Zigarette im Mundwinkel, ihre Koffer fest zwischen die Beine geklemmt. Der Lärm war ohrenbetäubend, Stimmengewirr, Tellerklappern, Kindergeschrei, scheppernde Durchsagen aus den Lautsprechern, lan starrte mit leeren Augen und versteinerter Miene vor sich hin. »Heiß war's, höllisch heiß.« Er fuhr mit dem Finger in seinen Hemdkragen. »Es war eine weite Landschaft, verfilztes Dickicht, niedrige Schirmakazien, hartes, grünes Gras mit goldenen Spitzen, und es war so heiß, dass es im Busch knisterte. Ich hörte das Gurgeln des Flusses, das Geschrei zankender Reiher und das Hämmern meines Herzens.« Die letzten Worte sprach er fast unhörbar leise, dann verstummte er.
    »Gott im Himmel, Mann, lassen Sie sich doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen! Welcher Tag war das?«
    lan überlegte. »Es muss der Sonntag gewesen sein, der 24. März.« »Ein Sonntag
    - mein Sohn starb an einem Sonntag«, murmelte 386
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    Mr. Potgieter. Er sank in sich zusammen, schwieg. »Und wie starb er?«, fragte er endlich. »Die Hunde bellten ...«
    Henrietta stöhnte leise vor Schmerz. lan hatte ihre Finger so stark zusammengepresst, dass ihr der Ehering ins Fleisch schnitt. »Welche Hunde?«
    Mr. Potgieters Augen verengten sich zu Schlitzen.
    »Ich - ich war auf der Flucht vor der Staatssicherheit. Als die Hunde bellten, wusste ich, dass sie meine Fährte gewittert hatten. Aber ihr

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