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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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Glucksen eines Baches.
    »Eine Weile würde ich dort gern umherwandern«, meinte der andere. »Würde mich die Sonne sehen?«
    Erst eine Viertelstunde später trennten sie sich. »Hambani kahle«, wünschten beide und hoben ihre Hand.
    Henrietta und lan setzten ihren Weg fort, und als die nächste Biegung sie den Blicken der beiden Zulus entzog, brach sie in bittere Tränen aus. lan hielt sie nur, fragte nicht, warum sie weinte. Beide wussten es. »Es wird kalt werden in Deutschland«, schluchzte sie.
    Sie stellten den Wagen vor der Haustür der Robertsons ab, die sie in weniger als einer Stunde zum Flughafen fahren wurden. Eigentlich viel zu früh, doch sie hatte lan darum gebeten. »Bitte buche einen Flug früher nach Johannesburg.
    Stell dir vor, unser Flug hat Verspätung oder wir bleiben in einem Verkehrsstau stecken und verpassen den Flug nach Johannesburg. Dann schaffen wir die British-Airways-Maschine nach London nicht mehr. Ich will nicht daran denken, was mit uns passiert, wenn wir um Mitternacht nicht aus dem Land raus sind.«
    379
    Regina öffnete ihnen. Tita stand im Wohnzimmer, sah ihnen schweigend entgegen.
    Sie stand da, mit hängenden Armen, kein Lächeln erhellte ihr Gesicht.
    Henriettas empfindliche Antennen fingen Signale auf, die alle ihre Sinne alarmierte. Rasch lief ihr Blick durch den Raum, durch die offene Tür auf die sonnenbeschienene Terrasse. Niemand sonst war zu sehen. »Wo ist Neu?« Tita zuckte leicht mit den Schultern, wich ihrem Blick aus. »Er ist mal kurz weg.«
    Außer lan und den Kindern war Tita der Mensch, den sie am besten kannte. Sie konnte sie nie täuschen. Neu würde nicht jetzt weggehen, er wusste genau, wie wichtig es für seine Freunde war, rechtzeitig das Haus zu verlassen. »Ist er freiwillig gegangen?« Die grünen Augen blickten in ihre. Das Make-up war perfekt, aber die Lider leicht geschwollen und gerötet, wie von Tränen. In den neunundzwanzig Jahren, die Henrietta sie kannte, hatte sie sie nur einmal weinen sehen. »Nein«, flüsterte Tita.
    Der Schreck fuhr ihr in alle Glieder. Was Tita ihr gesagt hatte, war, dass Neu sich in seiner leidenschaftlichen Liebe zu seinem Land endgültig zu weit vorgewagt hatte und dass er von der Polizei abgeholt worden war. »Tita, warum?«
    Tita wählte ihre Worte sehr sorgfältig, und das ließ Henrietta aufhorchen. »Er ist jemandem zu nahe gekommen.« Zu nahe getreten? Nein, das war etwas anderes als zu nahe gekommen. Was wollte sie damit sagen? Konnte sie nicht frei reden?
    War hier ein Mikrofon versteckt, wie damals in ihrem Schlafzimmer? In der Lampe hatte sie es gefunden. »Wem?«, fragte sie und konzentrierte sich auf Titas Antwort, bereit, das zu hören, was diese nicht aussprach.
    Die Antwort kam langsam, vorsichtig. »Jemandem, der nicht gefunden werden wollte.«
    Die Worte weckten Erinnerungen. »Er will nicht gefunden werden«, hatte Neu gesagt, und er hatte von Victor Ntombela gesprochen. Victor, dem Anwalt, Victor, dem ANC-Aktivisten, der untergetaucht war. »Victor?«
    380
    »Es wird nicht für lange sein«, sagte Tita, »man sagt, dass er in weni-s gen Wochen freikommt.« Diesmal ging der grüne Blick geradewegs in ihre Augen.
    In den nächsten Wochen kommt er frei, das hatte Lukas gesagt, Mandela wird das Gefängnis bald verlassen, dann wird sich alles ändern. Es wird bald geschehen.
    In den nächsten Wochen. »Der von der Insel?«, fragte sie, auf unverfängliche Worte bedacht. »Hast du deinen Vater angerufen?«
    » Tita nickte. »Er hat
    die Kavallerie losgeschickt.« Also war Daddy Kappenhofers Heer von Anwälten auf dem Kriegspfad. Ein Hurra für Daddy Kappenhofer! »Ich bewundere dich, wie du damit fertig wirst«, kommentierte sie.
    Eine senkrechte Falte stand zwischen ihren grünen Augen, die schlanken, gebräunten Finger spielten mit einer Goldkette. »Oh.« Das Lächeln krauste ihre Nase mit den unzähligen Sommersprossen. »Man gewöhnt sich an alles. Entweder es bringt dich um, oder es macht dich stark. An irgendeinem Punkt hast du die Wahl. Du wirfst alles, was du hast, in die Waagschale, und dann siehst du, ob es reicht als Gegengewicht.« Noch einmal glitt dieses Lächeln über ihr Gesicht. »Es hat gereicht.« Das war alles, was sie darüber redeten.
    Sie luden ihre Koffer in Titas Wagen. Als sie einsteigen wollten, hielt Neils Wagen quietschend neben ihnen. Er sprang heraus - Hemdkragen offen, Haare unordentlich, Gesicht rot, die Augen glänzend. »Oh, gut, dass ich noch rechtzeitig hier bin,

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