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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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schwanzwedelnder Dackel. »Wo fahrt ihr denn hin?
    Kann ich mitkommen? Ihr werdet mich kaum merken.«
    Oh, nein, dachte Henrietta, nicht das! Nicht bei ihrem ersten Wiedersehen mit ihrem einstigen Leben, ihren Freunden und nicht nach den Schrecken der letzten Stunden. »Wir wohnen bei Freunden«, wehrte sie ab, »aber in Umhlanga Rocks, einem herrlichen kleinen Ort direkt am Indischen Ozean, gibt es ein gutes Hotel, das Oyster-Box-Hotel. Wir werden dich dorthin bringen.« »Ich kann aber nicht viel Englisch.« Der Dackelblick ging geradewegs an Henrietta vorbei zu lan. ^ie wusste, wie schwer ihr Mann weiblichen Dackelblicken widerste-219
    hen konnte, und legte eine Hand auf seinen Arm, um ihn daran zu hindern, seinen imaginären Schimmel zu satteln und vorzupreschen. Sie war kurz davor, ihre Beherrschung zu verlieren. Jetzt brauchte sie Zeit ganz allein mit lan, sie mussten sich berühren, miteinander reden, sich versichern, dass der andere noch da war. Und nun hatte sich Susi dazwischengeschwänzelt. »Ein paar Brocken Deutsch können die schon, sonst kannst du es ja mit Zeichensprache versuchen.
    Wir bringen dich jetzt ins Oyster Box. Wir müssen uns beeilen, unsere Freunde warten.«
    So hatten sie das mit Tita und Neu vereinbart. Sie würden sie in ihrem Haus erwarten. Die erste Fahrt durch dieses Land nach all diesen Jahren wollten sie alleine machen, verkraften, was da an Eindrücken auf sie einstürzen würde. Wie hatte sie sich auf diese Fahrt gefreut, unzählige Male war sie diesen Weg in Gedanken abgefahren. Sie spürte den Polizisten neben sich. Der Weg würde derselbe sein -sie nicht.
    Der Polizeioffizier hielt ihnen die Schwingtür auf, und sie traten nach draußen. Sie hatten ein Auto vorbestellt, und ohne dass sie sich bei der Autovermietung gemeldet hatten, stand der Wagen bereits vor dem Flughafengebäude. Ein junger Inder überreichte lan unter den Augen des Polizisten nervös die Wagenpapiere und Schlüssel. Als die Träger ihr Gepäck in den offenen Kofferraum gehievt hatten, trat der Offizier in den Schatten zurück, und sie stiegen schweigend ins Auto, lan übernahm das Steuer.
    Sie kurbelte ihr Fenster hinunter, lehnte ihren Kopf an den Rahmen. Eine dumpfe Leere erfüllte sie. Die Tür zu ihrem Paradies war zugefallen, und es gab keinen Schlüssel mehr.
    lan beobachtete sie, zog ihre Hand auf seinen Schoß, drückte sie. »Wir könnten das Haus in Hamburg verkaufen und aufs Land ziehen«, er sprach leise, nur für sie, »wo der Himmel größer ist. - Nur Afrika wird es nicht sein.«
    Sie schluchzte auf. Wieder einmal hatte er ihre Gedanken gelesen. Es blieb lange Zeit das Einzige, was sie miteinander sprachen. Susi dagegen plapperte ohne Unterlass.
    »Gib doch endlich Ruhe, Susi!« Unwirsch stoppte sie den Redefluss. £s musste vor kurzem einen heftigen Regenguss gegeben haben. Die Straße glänzte metallen vor Nässe, Dreck war am Straßenrand aufgetürmt, schwamm träge auf öligen Pfützen. Auf Grasmatten unter den tropfenden Blättern eines Eukalyptusbaumes hockend, boten drei schwarze Frauen allerlei feil. Mit Klebestreifen zusammengehaltene Plastikplanen dienten als Regenschutz für ihre Waren. Die Jüngste rollte eben die Planen zusammen und verstaute sie auf einer niedrigen Astgabel, griffbereit für den nächsten Regenguss. Sorgsam ordneten sie die bunten Perlstickereien, türmten ein paar grüne Avoka-dos aufeinander, lehnten ein Bündel Reisigbesen an den Baumstamm. Eine Horde kleiner Kinder, alle schwarz, spielte johlend im Matsch, sie bewarfen sich mit Milchtüten voll gefüllt mit Pfützenwasser, quietschten vor Vergnügen. Lebhaft gestikulierend, im Gespräch mit den Frauen vertieft, warteten ein paar schwarze Männer mit Plastikschüsselchen in der Hand auf die Mahlzeit, die die Frauen über dem glimmenden Kohlenfeuer im dreibeinigen Gusseisentopf köchelten. Eine zerschnitt Eingeweide, kratzte sie mit dem Messer sauber, schnitt sie in Stücke, warf sie in den Topf und fügte eine Hand voll Süßkartoffeln hinzu.
    Armselig, jämmerlich, bemitleidenswert, so schien es. Doch die Kinder waren fröhlich, die Erwachsenen lachten, strahlten Zufriedenheit aus, als würden sie nicht barfuß sein und bis zu den Knöcheln im Dreck stehen.
    »Ein Stückchen Leben aus dem großen, bunten Buch Afrika«, bemerkte Henrietta in Gedanken verloren, »als ich hier das erste Mal entlangfuhr, war mir, als würde ich durch mein Kinderbuch spazieren. Die Blumen, die Bäume, die Gerüche
    - alles war

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