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Ins Eis: Roman (German Edition)

Ins Eis: Roman (German Edition)

Titel: Ins Eis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Nieberg
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Elisabeth Stolt.
    Die liebe Familie war angekommen.
    Der Eindruck einer frostigeren Atmosphäre verstärkte sich später auf Kirstens Weg zur Rezeption. Ein unangenehmer Luftzug strich die Flure entlang, irgendwo schlug eine Tür. Die Stille in ihrem Gebäudetrakt rührte, wie Kirsten gleich darauf herausfand, daher, dass sich die Familie geschlossen zum Kaffee vor dem Kamin im Speisesaal eingefunden hatte. Bei Kirstens Eintreten gab es großes Hallo, die Herren erhoben sich, die Damen blieben bis auf Monika, Kirstens Schwägerin, sitzen. Ein Hauch von Lavendel begleitete Monikas Umarmung, die ihr Eau de Toilette immer unter Heilgesichtspunkten wählte. Für diese Tage schien sie sich etwas Beruhigendes ausgesucht zu haben. Kirsten bewunderte den neuen dunkelroten Poncho ihrer Schwägerin, samtig-wollig unter ihren Händen, der allerdings nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass Monika wie stets im Winter einige Pfund zugelegt hatte. Dann hauchte sie Elisabeth und Tanja Küsschen links und rechts auf die makellos gepuderten Wangen und gab Hartmut, Elisabeths Bruder, die Hand. Von Erland ließ sie sich in eine Umarmung ziehen, die warm war, aber nichts mit der Festigkeit von Kristoffers Umarmungen gemein hatte. Peter küsste sie auf die Wange. Er habe erwartet, dass sie nach einer Woche Spitzbergen nur noch in Felle gekleidet herumlaufe, begrüßte er sie scherzend. Wie stets roch er nach gepflegt-sportlichem Mann, nicht unähnlich seinem Mentor Fredrik, bloß war bei ihm der Duft für Kirstens Geschmack einen Hauch zu stark.
    »Wie geht es Jonas?«, fragte Fredrik, während sich alle wieder setzten und Peter für Kirsten einen Stuhl herbeizog. Kirsten stellte fest, dass sie bei der Begrüßungsrunde Tobias, Hartmuts und Tanjas Sohn, übersehen hatte, und stand nochmals auf, um auch ihm Hallo zu sagen. Tobias blieb sitzen, während er ihr die Hand reichte, mangelnde Manieren, die Fredrik mit einem deutlichen Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm.
    »Jonas schläft gerade ein wenig. Das Haus hat angeboten, nach einem Arzt zu schicken, aber ich schätze, das wird nicht nötig sein.«
    »Jonas ist tatsächlich hier?«, fragte Tanja ungläubig. Aus irgendeinem Grund richtete sie die Frage nicht direkt an Kirsten, sondern an ihren Gatten Hartmut. »Ein so kleines Kind auf Spitzbergen?«
    Fredriks Schwager hob die Achseln. »Was fragst du mich das?«, brummte er, begleitet von einem trockenen Husten. »Offenbar ist es so.«
    »Und jetzt ist er krank?«
    »Er hat alles Mögliche durcheinandergegessen, das ist alles. Macht euch keine Sorgen.«
    »Das hätte ich niemals gewagt, mein kleines Kind in dieses Land zu bringen. Wie mutig von dir, Kirsten, und was für einen tapferen kleinen Jungen du hast.« Tanja legte lange manikürte Finger auf das Knie ihres Sohns. Tobias zog sein Bein fort. Er sah mürrisch aus, aber das tat er meistens.
    »Kinder, die Mütter-fressende Eisbären mit Stofftieren verwechseln, brauchen keinen Mut«, kommentierte Kirsten trocken. »Höchstens ein wenig Verstand.«
    »Spann uns doch nicht so auf die Folter, Kirsten!«, rief Elisabeth. »Das sind ja schreckliche Andeutungen! Eisbären, meine Güte! Wir sind alle so unendlich gespannt, du hättest uns im Flugzeug erleben sollen: Erland hat mindestens hundert Fotos gemacht, und der Kapitän hat eine extralange Runde über Longyearbyen gedreht. Das war ein wunderbarer Flug. Diese Ödnis!«
    »Wie habt ihr den Piloten zu der Extrarunde bewegen können?«
    »Wir sind mit einem Privatjet geflogen, wusstest du das nicht? Bevor wir alle eine Ewigkeit und zwei Tage mit Linienflügen hierhergondeln und völlig gerädert ankommen, bot es sich an, direkt von Köln zu fliegen.«
    »Da hat wohl jemand seine Einladung nicht genau studiert«, grinste Erland.
    Das hatte Kirsten tatsächlich nicht. Sie hatte gewusst, wann sie hätte abfliegen sollen und von welchem Flughafen, und sobald sie spontan beschlossen hatte, früher zu reisen, hatte sie lediglich Fredriks Assistentin eine E-Mail geschrieben und eine Stunde später ihr elektronisches Ticket erhalten.
    »Gibt es wenigstens Kneipen in diesem Kaff?« Tobias schien keine Zeit mit Nebensächlichkeiten verschwenden zu wollen.
    Kirsten nahm ihren Cappuccino in Empfang. »Sogar nicht einmal allzu teure Kneipen für norwegische Verhältnisse«, antwortete sie. »Die Inselgruppe gehört zwar zu Norwegen, genießt jedoch durch den Spitzbergenvertrag einen besonderen Status. Norwegen darf keine Steuern erheben, die nicht

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