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Ins Eis: Roman (German Edition)

Ins Eis: Roman (German Edition)

Titel: Ins Eis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Nieberg
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lässig überkreuzten Beinen auf seinem Stuhl, einen Arm um die Lehne des Nachbarstuhls gelegt, und machte keine Anstalten, sein weichgekochtes Ei aufzuschlagen. »Hartmut befürchtet es, aber ich bin mir nicht so sicher, wie wild es ist. Tobias trinkt viel und kommt oft sturzbesoffen nach Hause, wenn er überhaupt nach Hause kommt. Ich denke, er kifft wohl und schmeißt sich hin und wieder ein paar Pillen ein. Meiner Meinung nach fehlt ihm jedoch für die richtig harten Sachen der Mumm. Oder seine Kumpels, die ihm das Zeug besorgen, vertrauen ihm nicht, dass er im Zweifelsfall dichthält. Ich würde das jedenfalls nicht tun, ihm vertrauen, meine ich.«
    »Tanja hat ein ganzes Arsenal an Schlaf- und Schmerztabletten im Badezimmer. Das Zeug hat quasi ein Regal für sich.«
    »Sie braucht das wahrscheinlich, um den Schmerz des gesellschaftlichen Abstiegs besser ertragen zu können.«
    Kirsten kicherte. Tanjas Familie entstammte altem Adel, ihr Klassenfeind Nummer eins hieß Fredrik Stolt. Vermutlich weil Fredrik, der einstige Minenarbeiter und Junge aus dem Armenviertel, in einer Bewegung seines kleinen Fingers mehr Herrschaftliches ausstrahlte als Tanja nach hundert Stunden Personal Coaching.
    »Ich glaube, Tobias’ wirkliches Problem ist keine Drogensucht, sondern eher eine Spielsucht«, fügte Peter hinzu.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Bankgeheimnis.«
    »Ich verstehe. Dann weiß Hartmut es also auch.«
    »Ich weiß es im Grunde von ihm. Außerdem hat Tobias letztens, als sein Konto gesperrt war, einen Auftritt in der Bank hingelegt, der filmreif war. Natürlich an der Hand seiner Mutter.«
    »Ernsthaft?«
    »Sie stand zumindest neben ihm. Wenn er etwas in der Bank zu sagen hätte, hat er Fredriks Assistentin verkündet, würde er den ganzen Laden verkaufen. An einen institutionellen Investor. Das hat ziemliche Aufregung verursacht, denn nur blöd dahergeredet war das nicht. Du weißt, dass es Interessenten gibt?«
    »Ja, das weiß ich. Das war ein Thema zwischen Fredrik und Kristoffer, als sie besprachen, welche Rolle Kristoffer in der Bank spielen könnte. Was hat Hartmut dazu gesagt?«
    »Dass Tobias ein verdammter Idiot ist.«
    »Jetzt erzähl mir nicht, die Bank wäre der Grund für diesen Dauerzwist zwischen Vater und Sohn.«
    »Sie haben bestimmt noch mehr Gründe.«
    Kirsten musterte Peters attraktives Gesicht eingehend. Das beginnende Silber in seiner Frisur stand ihm gut; seine Züge waren etwas hagerer und scharfkantiger als früher. Die kurzen Haare waren an den Spitzen vom Duschen noch ein wenig feucht. Er war ein Typ, der den Eindruck vermitteln konnte, an jeden Ort der Welt zu gehören.
    »Wenn Hartmut und Elisabeth gegen einen Verkauf von Anteilen an einen institutionellen Partner sind«, sagte Kirsten, »oder ihre bestehenden Anteile nicht prozentual verwässern wollen, indem sie es zur Aufstockung durch weitere Gesellschafter kommen lassen, wo steht dann Fredrik in dieser Diskussion?«
    »Diese Frage stellst du ihm besser selbst. Ich kenne seine Absichten nicht, und das ist kein Bankgeheimnis, sondern die Wahrheit. Wenn Fredrik mit Kristoffer über die Zukunft der Bank gesprochen hat, weißt du möglicherweise mehr als ich.«
    Er sagte es nonchalant, während er sich Marmelade aufs Brot schmierte, sein halbseitiges Lächeln mit der hochgezogenen rechten Augenbraue eine unausgesprochene Aufforderung voller Charme.
    Kirsten klimperte zurück. »Ich habe keinen blassen Schimmer, Peter. Ehrlich. Was ist mit Erland?«
    Peter legte das Messer auf den Teller und rieb sich die Wangen. »Dein Schwager ist ein schwieriges Thema für mich, wie du vielleicht schon erahnt hast. Wollen wir nicht lieber über das wenig einladende Wetter sinnieren?«
    Kirsten deutete zur Tür. »Zu spät, da kommt die Familie. Hier drinnen stürmt es womöglich gleich mehr als draußen.«
    Das für den Vormittag geplante Programm erwies sich zum Glück – je nach Perspektive – als wetterunabhängig. Er habe sich etwas sehr Spezielles ausgedacht, hob der Jubilar nach der ersten Tasse Kaffee an. Was er dann allerdings ankündigte, mochte niemanden so recht überraschen: einen Besuch in einer der Kohlegruben.
    Es kamen alle mit bis auf Tanja, die an Klaustrophobie litt. Auch Erland fühlte sich in engen Räumen nicht wohl, doch er wolle sie gern begleiten und draußen auf sie warten, verkündete er. Während der Fahrt zur Grube lauschte Kirsten seinen Ausführungen über Norwegen. Sie war überrascht, wie viel Erland ihr von

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