Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
hereinzulassen.
Freddy hatte einen hochroten Kopf und japste wie nach einem Marathonlauf, während Tatjana frisch wie ein Frühlingsmorgen wirkte. Pippa begrüßte die beiden und führte sie in ihr Arbeitszimmer.
»Grandma, Karin, Sven – das ist Tatjana Remmertshausen. Wir haben uns im letzten Sommer in Frankreich kennengelernt. Sie wird mir in meiner neuen Agentur helfen …«
»… hat aber zwei linke Hände«, vervollständigte Tatjana entwaffnend ehrlich den Satz und fügte hinzu: »Leider hat sie auch nichts Ordentliches gelernt und keinerlei Erfahrungen in was auch immer, außer darin, sich hübsch zurechtzumachen.«
»Das würde mir als Qualifikation vollkommen reichen«, hauchte Freddy.
Pippa überhörte die Bemerkung ihres Bruders. »Tatjana – das sind meine englische Großmutter, Hetty Wilcox, meine Freundin Karin und dort, am Computer, ihr Sohn Sven.«
Tatjana gab allen die Hand. Sven versuchte, lässig zu wirken, konnte sie aber nur stumm anhimmeln.
»Vielen Dank, Freddy«, fuhr Pippa fort und machte Anstalten, ihren Bruder aus der Tür zu schieben. »Du langweilst dich hier bestimmt.«
Aber dieser hatte bereits Platz genommen. Hungrig machte er sich über die Kuchen her und zeigte so, dass selbst eine Schönheit wie Tatjana seine Prioritätenliste nicht nachhaltig veränderte.
Während Pippa allen Tee einschenkte, sagte Hetty: »Ich finde es wunderbar, dass Sie meine Enkelin unterstützen wollen, Tatjana. Wenn sich erst einmal herumspricht, dass man beruhigt in den Urlaub oder auf Geschäftsreise fahren kann, während ihr Haus, Tiere und Pflanzen betreut, wird es sicher viele Anfragen geben.«
»Das hoffe ich sehr. Bedarf besteht ja auch in anderen Fällen«, erwiderte Tatjana. »Was ist zum Beispiel, wenn Sie allein leben und ins Krankenhaus oder zur Kur müssen? Nicht immer stehen Nachbarn zur Verfügung. Ich möchte Pippa unterstützen, sobald sie Anfragen bekommt, die sich zeitlich überlappen.«
»In der Anfangszeit Einsätze abzulehnen, wäre wirklich keine gute Werbung«, sagte Pippa. »Durch die Zeitungsannoncen sind bisher allerdings nur Kurzaufträge hereingekommen.« Sie deutete auf Sven am Schreibtisch. »Aber mein talentierter Patensohn wird uns einen Internetauftritt ins Netz stellen, der die Besucher unserer Homepage dazu bringt, umgehend einen Urlaub zu buchen und sämtliches Inventar vertrauensvoll in unsere Hände zu legen.«
Als Tatjana ihm ein anerkennendes Lächeln schenkte, errötete Sven und wehrte verlegen ab. »Aber das ist doch nichts, ich mache doch nur …«
»Nur?«, fiel Pippa ihm ins Wort. »Ohne deine Kreativität wäre ich verloren. Stell dein Licht nicht unter den Scheffel.« Sie wandte sich an Freddy, der mit vollen Backen kaute. »Hattest du nicht etwas für mich?«
»Hmpf«, machte Freddy und zeigte auf den Tisch.
Pippa öffnete das Kuvert. Neben der erwarteten Abhandlung über Weißstörche fand sich darin zu ihrem Erstaunen ein zweiter Umschlag, an dem ein Anschreiben des Professors festgeklammert war.
»Das gibt’s doch nicht«, murmelte Pippa kopfschüttelnd, während sie die Zeilen des Ornithologen überflog.
»Schlechte Nachrichten?«, fragte Hetty Wilcox besorgt.
Pippa sah auf. »Ganz im Gegenteil! Hört euch das an: Ich war so frei, Ihre Adresse an Christabel Gerstenknecht weiterzugeben, eine mir seit langem gut bekannte Dame. Frau Gerstenknecht ist 99 Jahre alt, geistig rege, aber ungern allein. Unglücklicherweise steht ihr das aber zum ersten Mal bevor, da sowohl ihre Haushälterin als auch ihr Stiefsohn demnächst gleichzeitig abwesend sein werden. Aus diesem Grund benötigt sie eine seriöse Gesellschafterin mit guten Manieren und Bildung. Natürlich dachte ich sofort an Sie, sehr verehrte Frau Bolle. Sollten Sie sich entscheiden, die Betreuung der alten Dame zu übernehmen, lassen Sie sich mit meinem Aufsatz ruhig Zeit, bis Sie zurück in Berlin sind. «
»Sehr verehrte Frau Bolle!«, prustete Freddy und spuckte dabei ein paar Kuchenkrümel in den Raum.
Hetty warf ihm einen tadelnden Blick zu und sagte dann: »Wie reizend vom Herrn Professor, Pippa.«
»In dem zweiten Umschlag ist ein Schreiben von dieser Christabel Gerstenknecht an mich.« Pippa öffnete das schwere Bütten-Kuvert und zog einen eng beschriebenen Bogen heraus.
Wieder las sie zuerst für sich, bevor sie den anderen vorlas: »Sehr geehrte Frau Bolle, auf Empfehlung meines guten Freundes Gregor Meissner wende ich mich mit einem Anliegen in persönlicher Sache an
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