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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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steckt ein Dichter! Nach Ihrem Umfang zu schließen, würde ich sagen, daß eine ganze Anthologie ans Licht will. Großer Gott!«
    Die zweite Anrufung des Himmlischen erfolgte von einer höheren Sphäre aus, was heißen soll, daß Dalziel Waggs jäh auf den Elektroherd gesetzt hatte.
    »Eigentlich sollte ich dieses Ding anstellen und ausprobieren, ob ich dir etwas Sinn und Verstand einbrennen kann. Du willst wissen, ob er deine Mutter umgebracht hat? Was bringt dir das? Du erreichst doch nur, daß du Pip einen Mörder zum Vater gibst und Marilou einen Mörder zum Ehemann.«
    »Und Cissy?« schrie Waggs, dem es nicht an Mut fehlte. »Gebe ich ihr nicht auch etwas? Etwas, was sie verdient hat? Sie hat immerhin ein Leben verloren. Nichts, was dem Rest von uns zustoßen könnte, wäre auch nur annähernd mit dem vergleichbar, was sie hinter sich hat. Sie will den Kerl, für den sie ihr Leben gegeben hat, sehen, bevor er stirbt. Sie will etwas von ihm hören, das ihr bei dem Gedanken hilft, daß ihre Tat wenigstens ein ganz klein wenig sinnvoll war. Diese Chance verdient sie doch, oder?«
    »Warum?« fragte Dalziel. »Sie hat drei Tote auf dem Gewissen. Für mich sind das mindestens zwei zu viel für eine zweite Chance. Hatten die drei den Tod verdient? Deine Mutter? Das kleine Mädchen? Daphne Bush? Verdient die Kohler noch etwas anderes als das, was sie gekriegt hat?«
    Aber sehr überzeugend klang er nicht, auch nicht in den eigenen Ohren.
    Er wandte sich um und trat wieder hinaus in den Dielenflur. Die anderen standen noch immer dort. Er ging in Richtung Wohnzimmer, doch Marilou stellte sich ihm in den Weg.
    »Er ruft uns wieder herein, wenn er sein Telefonat beendet hat«, sagte sie.
    »Das Telefonat ist schon lange zu Ende«, sagte Dalziel und schob sie beiseite. Philip sah einen Augenblick so aus, als wolle er den Kavalier spielen, aber Dalziel bedachte ihn mit einem Blick, der ein Pferd zum Stillstand gebracht hätte, von einem Ritter ganz zu schweigen, und öffnete die Tür.
    Westropp lag in seinem Schaukelstuhl, die Augen geschlossen, und sah wie etwas aus, bei dem Ägyptologen gerade die Bandagen abgewickelt hatten.
    Marilou ging zu ihm und nahm seine Hände. Nun öffneten sich die Augen wie die einer Echse auf einem Stein. »Da seid ihr alle wieder«, sagte er. »Es tut mir leid, aber ich glaube, ich kann jetzt nicht mehr. Vielleicht ein anderes Mal. Ja, ein anderes Mal wäre schön. Doch bevor ihr geht, eine Entschuldigung. Vollkommen unangemessen, aber was habe ich sonst zu bieten? An dich gerichtet, Pip. An dich, John. Es war wirklich ein Unfall, glaubt mir. Ich habe eurer Mutter vielleicht manchmal nichts Gutes gewünscht, aber ich habe ihr nie Schaden zugefügt. Und was kann ich zu dir sagen, Cissy? Nur, daß die Ereignisse an jenem schrecklichen Wochenende, besonders Emilys Tod, mir die Fähigkeit geraubt hatten, vernünftig zu denken und zu handeln – wie es auch bei dir der Fall gewesen sein muß, denn wie hätten wir sonst beide mit ansehen können, daß der arme Mick in den Tod ging? Ich bedaure diese … ganzen Mißverständnisse. Wie wenig man mit Worten ausdrücken kann, besonders wenn man alte Sprachen studiert hat. Jetzt würde ich gern, wenn ihr nichts dagegen habt, ein wenig mit Marilou allein sein.«
    Cissy Kohler atmete so tief durch, als würde die Luft bald rationiert.
    »Das ist
alles?«
stieß sie mühsam hervor. »Mehr kriege ich nicht?«
    »Mehr ist da nicht«, sagte Westropp. »Manchmal ist es besser, ohne Hoffnung unterwegs zu sein, als anzukommen. Ich kenne das auch, glaub mir.«
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu und versuchte, den Verschluß ihrer Handtasche zu öffnen. Dalziel fing sie in seinen Armen auf, drehte sie um und schob sie aus der Tür. Durch seine massive Gestalt von den anderen abgeschirmt, steckte er die Hand in ihre Handtasche, entnahm ihr den kleinen Revolver und ließ ihn in seine linke Tasche gleiten.
    Er drehte sich um und rief: »Mrs. Bellmain.«
    Marilou sah ihn ungeduldig an, als er sagte: »Cissy geht es nicht gut.«
    Es war das erste Mal, daß er sich überwunden hatte, sie Cissy zu nennen.
    Marilou sah unglücklich von Jay Waggs zu ihrem Mann. »Ich komme schon klar, Liebes. Bleib nicht so lange.«
    Sie ging in die Diele, und Dalziel kam zurück ins Zimmer.
    Waggs machte einen Schritt auf den Mann im Schaukelstuhl zu, aber die Bewegung hatte nichts Drohendes. Es war eher so, als wolle er ihn von nahem sehen.
    »Ich habe mich zu lange in der

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