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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Glaseinsatz in der Tür sah er Ellie mit einem weißbekittelten Arzt im Gespräch vertieft. Rosie saß mit gegrätschten Beinen auf einem Stuhl und sah gelangweilt aus. Er stieß die Tür auf.
    Rosie sah ihn zuerst.
    »Daddy!« schrie sie. Und fiel vom Stuhl. Prallte auf dem Boden auf. Überlegte sich, ob sie losheulen sollte. Beschloß, daß Tränen den Umständen nicht angemessen waren. Und rannte auf ihn zu, die Arme weit ausgestreckt.
    Er fing sie auf und schwang sie herum, dann drückte er sie fest an die Brust. Ellie hatte sich umgewandt und sah ihn an. Ihr Gesicht trug den für sie so typischen ernsthaften Ausdruck, ganz unter Kontrolle, doch als sie ihren Mann sah, befand sie, daß Tränen durchaus angebracht waren. Er hatte Zeit zu erkennen, daß es keine Kummertränen waren, als er sie auch schon in die Arme schloß und eine protestierende Rosie zwischen ihnen einklemmte.
    »Es ist alles in Ordnung, Peter. Sie ist alt und hat Arthritis, und ihr Blutdruck ist schrecklich, aber es ist alles in Ordnung! 90 Prozent ihrer Vergeßlichkeit werden wahrscheinlich durch ihre Medikamente verursacht, und die anderen zehn Prozent, weil sie sich Sorgen macht. Man will versuchen, andere Medikamente einzusetzen, und die Nebenwirkungen beobachten. Peter, es ist, als sei sie wieder auferstanden, als hätte ich sie aus dem Grab gerufen!«
    »Das ist großartig. Und was für eine Empfehlung für die private Krankenversorgung, was?« spottete er.
    »Es zeigt nichts weiter, als in welchem Chaos die Konservativen die staatliche Krankenversorgung hinterlassen haben«, erwiderte sie heftig, sah, daß er lachte, und lachte mit ihm.
    »Können wir sie besuchen?« fragte er.
    »Ich war gerade auf dem Weg, das Auto zu holen, damit sie einsteigen kann.«
    »Sie bleibt also nicht hier?«
    »Was? Weißt du, was hier eine Nacht kostet? Es ist verdammt horrend!« rief Ellie, deren alte Antipathien wieder voll durchbrachen. »Man will den Fortschritt beobachten, den sie macht, aber dafür kann ich sie in die Ambulanz bringen. Nun erzähl mir aber, wie es dir ergangen ist, Peter. Ich meine, wirklich. Du siehst blaß aus. Der dicke Mistkerl läßt dich schuften, bis du auf dem Zahnfleisch kriechst, wenn ich nicht da bin, was?«
    Es würde der Zeitpunkt kommen, ihr seine Sitzungen bei Pottle zu gestehen, aber nicht hier und nicht heute.
    »Der dicke Mistkerl sitzt gerade draußen in meinem Auto. Du sagst am besten guten Tag und fragst ihn selber.«
    Sie gingen zusammen über den Parkplatz. Rosie baumelte glücklich zwischen ihnen und plapperte in einem ununterbrochenen Monolog, der sie wie ein elektrischer Strom miteinander verband.
    Pascoe führte sie zielsicher an die Stelle, wo er geparkt hatte, und verlangsamte dann unsicher den Schritt.
    »Wo ist das Auto, Papi?« fragte Rosie.
    »Es ist … Ich glaube … Zwischen dem grünen Lieferwagen und …«
    Aber da war es nicht. Der Platz war leer. Nur seine Tasche stand ordentlich genau zwischen den weißen Linien.
    »Der Kerl hat tatsächlich mein Auto gestohlen!« rief Pascoe.
    »Dann bleibst du wohl besser die Nacht über bei uns«, sagte Ellie.
    So beiläufig werden Waffenstillstände angeboten.
    »In Ordnung.«
    Und so beiläufig werden sie angenommen.
    Rosie hatte sich losgerissen und war zur Tasche gerannt. Der Reißverschluß der oberen Hälfte stand offen, und sie zog etwas heraus. Es sah aus wie ein Bumerang aus Plastik mit violetten Pickelchen und Goldglanz.
    »Gütiger Gott«, sagte Ellie. »Kaum dreh ich dir den Rücken, kaufst du bei Beate Uhse ein!«
    »Was ist das, Papi?« fragte seine Tochter.
    »Ich hab keine … Wart mal! Natürlich. Es ist für dich, Liebes. Es ist ein Geschenk von Onkel Andy.«
    »Das hätte ich mir denken können«, sagte Ellie.
    »Das ist aber schön!« sagte die Kleine und untersuchte das grelle Gebilde genau. »Was macht man damit?«
    Ohne eine Miene zu verziehen, erwiderte Pascoe: »Wie seinerzeit Kolumbus hat Onkel Andy ohne Zweifel viel Seltsames und Exotisches aus der Neuen Welt mitgebracht, aber nichts reicht an diesen Gegenstand heran. Du hältst eine musikalische Banane in der Hand, die, glaube ich, in keinem amerikanischen Zuhause fehlen darf. Man bläst hinein. Doch paß auf, bevor du dieses seltene Geschenk annimmst. Es könnte unsere Zivilisation verändern.«
    Rosie nickte, als würde sie die volle Bedeutung der Warnung verstehen, und machte sich daran, das merkwürdige Ding ernsthaft und furchtlos zu untersuchen. Peter fühlte sich so

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