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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Schluck.«
    Die Rumflasche gluckerte. Er nahm einen ordentlichen Schluck und seufzte vor Vergnügen.
    »Ist gut, das Zeug. Meine Familie hat alte Verbindungen nach Westindien. In meinen jungen Jahren habe ich lange dort gelebt. Das ist eine der guten Angewohnheiten, die ich von dort mitgebracht habe.«
    »Nach dem Mickledore-Fall sind Sie doch mit Ihrer Familie nach Antigua, nicht wahr, Sir?«
    »Sie haben sich wirklich vorbereitet. Gut. So etwas weiß ich zu schätzen. Ja, das stimmt. Ich für meine Person hatte mich daran gewöhnt, daß man als Diener des Staates keine Intimsphäre hat, doch ich sah keinen Grund, warum sich meine Familie damit abfinden sollte.«
    Das war nobel gesagt, doch mit einem so deutlichen Anflug von Selbstironie, daß Pascoe den Mut fand, sich eine Vertraulichkeit herauszunehmen.
    »Und es war gewiß einfacher, mit einer Stimme zu sprechen, wenn nur eine Stimme sprach?«
    »Was? O ja, ich verstehe. Meine Frau, Mr. Pascoe, ist verständnisvoll. Doch ein privates Arrangement ist etwas anderes als Nachsicht coram publico. Jessica als Heimchen am Herd auszugeben, wie viele andere es mit ihren Frauen taten, kam nicht in Frage. Nein, es waren Zeiten großer Gefahr, es waren Zeiten der Verzweiflung. Nachdem John Profumo sich um den Kopf geredet hatte, waren wir alle Freiwild für die Presse. Jeden Tag kam ein neues Gerücht auf. Männer ohne Kopf. Männer mit Masken. Kopulierende ministerielle Kongas von Whitehall bis Westminster! Jung und gesellig, wie ich war, stand ich ganz schön im Rampenlicht. Kaum hatte die Sache von Elsbeth und mir die Runde gemacht, hatten es alle auf mich abgesehen. Gott, was habe ich mir gefallen lassen müssen, um zu beweisen, daß ich wenigstens nicht auf den Schnappschüssen irgendwelcher Leute zu sehen war. Wenn ich heute daran zurückdenke, meine ich, einen Fehler gemacht zu haben. Kennen Sie das Foto mit dem Mann ohne Kopf? Der Knabe hatte ein Gemächt wie ein Stier aus Herefordshire. Wenn ich einfach ja gesagt hätte, ja, das bin ich, und mich jeden Exzesses, den sie mir anhängen wollten, schuldig bekannt hätte, dann hätte ich wahrscheinlich das ganze Land im Flug erobert und wäre seit 20 Jahren Premierminister! Statt dessen habe ich mich bis zum Wahnsinn um den Nachweis bemüht, daß ich grundsätzlich ein braver Familienvater bin, der gelegentlich vom Wege abkommt.«
    Er lachte, und Peter Pascoe stimmte mit ein, zum Teil aus Berechnung, zum Teil aber auch wegen des entwaffnenden Charmes, der aus der rasanten Selbstverspottung sprach, deren Offenheit ihn einlud, ebenfalls offen zu sein.
    »Sagen Sie mir also, junger Mann«, fuhr Partridge fort, ernster geworden, »habe ich meine Karriere nur dafür geopfert, daß ein Unschuldiger am Galgen gelandet ist?«
    »Da kann ich Ihnen nicht helfen, Sir. Wie ich bereits sagte, mir geht es nur darum, daß Mr. Tallantire fair behandelt wird.«
    »Ach ja. Haben Sie ihn gekannt?«
    »Nein.«
    »Ich habe ihn kennengelernt. In meiner Erinnerung war er ein Polizist der alten Schule, so nach dem Motto ›Buchte sie ein und schmeiß den Schlüssel in den Teich‹. Nicht der Typ, um den ein gebildeter Junge wie Sie Tränen vergießt. Sie sind nicht offiziell hier, sagten Sie? Das bedeutet, daß Sie angreifbar sind. Vielleicht sollten Sie sich fragen, ob der Ruf eines alten Polizisten, den Sie nie kennengelernt haben und den Sie wahrscheinlich nicht gemocht hätten, es wert ist, Ihre berufliche Laufbahn aufs Spiel zu setzen?«
    »Was kann mir schon groß passieren?« fragte Pascoe mit einer Gleichgültigkeit, die nicht nur aufgesetzt war. »Daß man mich zu einem Zivilisten macht, der sein Geld verdient, ohne nachts wach zu liegen?«
    Partridge schürzte die Lippen. »Ich gebe Ihnen einen guten Rat, junger Mann. Wenn Ihnen etwas scheißegal ist, dann ist das nur dann eine Stärke, wenn es Ihren Gegnern alles andere als scheißegal ist. Wie weit sind Sie also? Sie haben mit dem Kindermädchen Marsh gesprochen, sagen Sie? Das letzte, was ich von ihr hörte, war, daß sie Hausdame im Beddington College war. Ich glaube, ich habe ihr eine Empfehlung geschrieben.«
    »Obwohl Ihre Frau sie gefeuert hatte?« sagte Pascoe.
    »Ach, das«, sagte Partridge. »Irgendeine dumme Meinungsverschiedenheit. Wir hatten einfach keine Kinder mehr für sie, die sie hätte pflegen können. Jessica hatte das Werfen eindeutig hinter sich. Hat sich ihre Befragung gelohnt?«
    »Genaugenommen, nicht. Sie wollte über die Vergangenheit reden, aber nicht

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