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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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meinten Sie es auch.»
    «Ich hab’s unterwegs im Radio gehört», sagte sie. «Es hat mich erinnert.»
    «An glückliche Tage?»
    Sie grinste ihn an. «Sie sind viel herumgekommen, was?»
    «Hier und da. Heute war ich in Leeds und habe eine alte Freundin von Ihnen getroffen. Jean Blackburn. Früher hieß sie Jean Granger.»
    «Oh, dann hat sie Bob also doch endlich geheiratet? Wie haben Sie sie gefunden? Wie geht es ihr?»
    «Ich habe einen Tip erhalten», sagte er. «Sie wirkte auf mich ein bißchen verrückt.»
    Jane lachte. «Sie ist schon immer ein bißchen verrückt gewesen. Menschen ändern sich nicht, oder? Sie und Bob sind auf die Love-and-Peace-Sache abgefahren, als wäre es eine Mission, auf die gleiche Art, wie die Astronauten eine Mondlandung angegangen haben müssen. Ein bißchen frustrierend.»
    «Sie haben einen Guru, jemand namens Barry.»
    «Kenne ich nicht», sagte Jane. «Sie hatten auch früher schon einen Guru. Genaugenommen hatten sie zwei Gurus. Jeder einen eigenen. Es stand immer die Frage im Raum, ob sie zusammenbleiben sollten.»
    «Dieses Haus, in dem Sie alle gewohnt haben», fragte Sam, «war das so was wie eine religiöse Kommune?»
    «Nein, eigentlich nicht. Ja und nein. Wir wollten auf eine Kombination aus spirituellen und sozialen Bestrebungen hinarbeiten. Aber es ist nie richtig ans Laufen gekommen und hat nur ungefähr achtzehn Monate gedauert. Wir haben uns die ganze Zeit gestritten.»
    «Worüber?»
    «Religion, Sex, Partnerwechsel. Wir waren praktisch ausnahmslos Akademiker, wir stritten uns über Festlegungen. Wir waren jung, Jean und Bob waren ihren Gurus treu; Terry interessierte sich zunehmend für den Buddhismus; Graham fuhr auf eine Art esoterische Christlichkeit ab. Jeder hatte einen anderen Standpunkt.»
    «Was war Ihrer?»
    «Eine lockere Theosophie, nehme ich an. Ich dachte, wir sollten versuchen, eine Brücke zu sein, eine Art Konstruktion, die es verschiedenen Disziplinen ermöglichte, hin und her zu gehen und einander zu begegnen.»
    «Idealistisch», sagte Sam.
    «Ja. Wir waren jung.»
    «Und woran glauben Sie heute?»
    «An nichts», sagte sie. «Terry hatte das für uns beide übernommen. Manchmal hat er über den Buddhismus geredet. Auf gewisse Weise habe ich eine Beziehung dazu, aber ich stehe zu sehr mit beiden Beinen auf dieser Welt. Ich kann mich nicht mühelos zurückziehen, meditiere nicht. Wie steht’s mit Ihnen?»
    «Manche der Menschen, die ich gekannt habe», sagte Sam, «manche von denen, die jetzt tot sind - ich stelle mir gern vor, daß wir irgendwann wieder Zusammenkommen. Ich kann nicht glauben, daß es vorbei ist, was wir hatten, was wir hätten haben können.»
    «Ist das Ihre Frau?»
    Sam nickte. «Und andere», sagte er.
    «Wollen Sie drüber reden?»
    Sam schüttelte den Kopf. «Nicht jetzt», sagte er. «Irgendwann vielleicht mal. Aber ich muß mit Ihnen über Autos sprechen. Meins ist auf dem Friedhof gelandet.»
    «Oh, benutzen Sie einfach den Volvo. Ich brauche ihn nicht.»
    «Ich würde es gern etwas offizieller machen.»
    «Wollen Sie ihn kaufen?»
    «Das will ich, ja. Aber ich hab nicht die Kohle.»
    «Ich gebe Ihnen die Papiere», sagte sie. «Bezahlen Sie, wenn Sie können.»
    «Einfach so.»
    «Hatten Sie an etwas anderes gedacht?»
    «Nein», antwortete Sam. «Ich dachte, es wäre nicht möglich.»
    «Hören Sie, Sam, ich bin nicht knapp bei Kasse. Sie brauchen den Wagen, also nehmen Sie ihn einfach. Wenn Sie Geld haben, können Sie ihn mir bezahlen.»
     
    Gegen ein Uhr morgens kam sie herunter, in diesem Bademantel, der den Boden berührte, und mit dem grünen Seidending darunter. Sam hatte Another Side in ihr Tapedeck geschoben und die Lautstärke heruntergedreht.
    «Konnte nicht schlafen», sagte sie. «Wer ist das?»
    «Irgendwer», sagte er.
    «Einen Kakao?»
    «Ja, wenn Sie ihn machen.»
    Sie stapfte in die Küche. Sam lehnte sich in den Sessel zurück, hörte die Musik und im Hintergrund das Klirren von Tassen, hörte, wie sie die Kühlschranktür öffnete und schloß. Kakao! Mein Gott, das mußte schon Jahre hersein.
    «Ist das Folk?» fragte sie, als sie mit einem Becher in jeder Hand zurückkam. Einen reichte sie Sam.
    «So was in der Art.»
    Sie setzte sich ihm gegenüber auf die Couch. Eine Seite des Bademantels fiel auf und ließ ihre Beine sichtbar werden, die in ein
    dünnes, grünes Material gehüllt waren. Glänzendgrüne Beine. Bewegungslos hörte sie sich das ganze My Back Pages an. Als der Song zu Ende war,

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