Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
Vom Netzwerk:
Nichts war umsonst.
    Was wollte der Typ also?
    Geordie wollte ihm nicht vertrauen. Geordie wollte überhaupt niemandem vertrauen. Scheiße, deine Mutter brennt mit dem Vermieter durch, läßt dich allein im Haus zurück. Sie stecken dich in die Fürsorge, und kein Mensch kümmert sich um dich. Sogar dein eigener Bruder geht zur Royal Navy und kommt nicht mehr zurück, schickt dir nie auch nur eine Postkarte aus der Fremde. Du läufst weg, und sie bringen dich zurück, und du versuchst es wieder und kommst nicht weit. Eines Tages gehst du dann, und sie finden dich nicht mehr. Du steigst in einen Lastwagen und fährst einfach immer weiter und landest schließlich in Wales. Und immer noch interessiert es keinen einen Furz. Es interessiert überhaupt nie irgendwen, solange du nicht in Hauseingängen schläfst. Dann interessiert es sie gerade genug, um die Bullen zu rufen.
    Du lernst schnell. Du findest heraus, wo man Unterstützung kriegt, wo die Restaurants ihre Reste wegschmeißen. Wenn’s schneit, gehst du in den Laden einer Wohlfahrtsorganisation, vielleicht geben die dir einen Mantel. Sogar einen Hut und Handschuhe. Das war einmal passiert. Wollene Handschuhe, fast wie neu bis auf das Loch in einem. Echte Lebensretter, diese Handschuhe. Die besten Handschuhe auf der ganzen Welt. Könnte sie jetzt gut gebrauchen, auch wenn’s nicht schneit.
    Also, was will er? Der Mann? Der Sandwich-Mann? Wahrscheinlich wieder so ein beschissener Perverser. Steht auf kleine, fette Jungs. Päppelt Geordie mit kaltem Braten und Gürkchen auf, mit Schoko
    Keksen, macht ihn fett genug, um ihn ficken zu können. Was er jedoch nicht in Betracht zieht, ist, daß Geordie sich von niemandem ficken läßt, wenn er nicht hungrig ist. Der Typ fängt die Sache völlig falsch an. Vielleicht war er nicht ganz richtig im Kopf, so wie diese Fuselsäufer in Micklegate, die den Verkehr anbrüllten und sich selbst bepißten. Einer von denen hatte mal damit gedroht, Barney aufzufressen. Kranke, gottverdammte Kannibalen-Bastarde.
    Die sind überall. In jeder Stadt, in die man kommt, findet man sie. Sogar in Sunderland. Geordie war einmal dorthin zurückgekehrt, um sich das Haus anzusehen, in dem er früher mit seiner Mutter und seinem Bruder gewohnt hatte, bevor alles den Bach runtergegangen war. In dem Haus lebte jetzt eine ganze Familie. Kleine Kinder, ein Junge und jede Menge Mädchen, liefen rein und raus, als gehörte ihnen die Bude. Von seiner Mutter nichts zu sehen. Geordie dachte, vielleicht hatte sein Bruder aus der Fremde eine Karte geschickt, aber er ging nicht zur Tür und fragte. Könnte gut sein, daß sie die Bullen riefen. Wer will außerdem schon eine Postkarte?
    Die Sonne ging auf. Klarer Himmel. Schön, die Sonne auf der Haut zu spüren, wie sie einen wärmte. Barney stand auf und schüttelte sich, lief zu einem Busch, um zu pinkeln. Dann kehrte er zurück und sah Geordie fragend an. Was machen wir heute? Betteln?
    «Nicht nötig», sagte Geordie. «Der Typ hat uns zwei Eier gegeben. Zu essen haben wir immer noch Käse mit Chutney. Wenn wir Hunger kriegen, können wir uns eine Suppe kaufen.» Geordie nahm Barney auf den Arm und fand ein sonniges Fleckchen im Gras. Immer noch feucht, aber wann war’s schon anders? «Später gehen wir dann zum Penner-Haus», sagte er. «Mal sehen, ob wir keinen Knochen für dich kriegen.»
    Die Obdachlosen kamen um die Ecke und weiter zu der Stelle, wo Geordie und Barney saßen. Aus der Tasche von dem einen ragte eine Flasche. «Hast du was zu saufen?» fragte er.
    «Nein», antwortete Geordie. Es war nicht derjenige, der damit gedroht hatte, Barney zu fressen, aber Geordie hatte ihn schon mal gesehen. Ein Irrer.
    «Gib unsn beschissn Drink», sagte er. Der andere lachte ein zahnloses Lachen. «Gib unsn beschissn Drink, hörsu?»
    «Ich hab nichts», sagte Geordie.
    «Du lüchstoch, verdammt», sagte der Penner. Er riß die Flasche aus der Tasche und zog sie Geordie über den Kopf. Geordie sah es nicht mal kommen. Er fiel zur Seite und schlug sich den Kopf an den alten Steinen im Park auf. Er versuchte, sich aufzurappeln, aber jetzt hatten sich beide Männer auf ihn gestürzt, zerrten und rissen an seinen Taschen. Sie fanden das Sandwich und rissen es aus der Verpackung, warfen es achtlos weg.
    Geordie steckte eine Hand in die Hosentasche, um die beiden Pfundmünzen zu schützen, aber der Penner trat ihm in den Nacken und trampelte dann auf seinem Rücken herum. Geordie schlief ein.
    Als er aufwachte,

Weitere Kostenlose Bücher