Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum
verzweifelt an Elasti-Mama.
»Dieser Junge ist zu sensibel. Er hat ein Problem.«
Elasti-Mama hebt den Blick und gewahrt ein Paar Stiefel aus glänzend schwarzem Leder.
»Einmal weint er, weil die Dinosaurier ausgelöscht wurden, das nächste Mal, weil es Minestrone gibt, dann wieder, weil sein Wrestlingpartner nicht da ist ... Er findet immer irgendwelche Gründe, um unglücklich zu sein«, sagt Dominatrix. »Diesem Kind fehlt eine Vaterfigur!«, lautet das Urteil, das sie von den Höhen ihrer Acht-Zentimeter-Absätze aus abgibt.
»Tja ... Es gibt eigentlich schon einen Vater, der eigentlich sogar viel zu viel Einfluss hat ...«, stammelt Elasti-Mama.
»Tja, da bin ich anderer Meinung. Der Vater ist, wie ich gehört habe, in London, und das Kind leidet darunter. Dieses Kind hat Probleme! Elasti, Sie müssen schnellstens etwas unternehmen!«
Elasti-Mama verabschiedet sich, ehe sie noch unter dem Absatz der Dominastiefel zermalmt wird.
Um den brüllenden Hobbit zu besänftigen, lässt sie ihm ein wunderschönes Halstuch als Pfand da - es ist Elastis Lieblingshalstuch, und der problembeladene und verkorkste Kleine schnäuzt sich damit augenblicklich die Rotznase.
Mittwoch, 17. Oktober
Bordsteinschwalbe
Heute hatte Elasti-Mama sechs Stunden auf einem Gehweg vor einem großen Tor gestanden. Zusammen mit anderen Unglücklichen hatte sie darauf gewartet, dass die Verwaltungsratsmitglieder einer großen Bank nach der Sitzung herauskämen. Endlich öffnete sich das Tor.
Elasti-Mama und ihre Freunde, die steifbeinig und durchgefroren auf dem Gehsteig ausgeharrt hatten, wurden unruhig und schwenkten ihre Notizbücher. Die Verwaltungsratsmitglieder kamen in ihren Autos herausgefahren, ohne auch nur ein Wort verlauten zu lassen. Die Chauffeure dachten beim Anblick der verrückten Marionetten jenseits der Scheiben: Journalist, was für ein schrecklicher Beruf, und fuhren mit quietschenden Reifen davon.
Elasti-Mama, mit der Nase auf die Nutzlosigkeit ihrer Arbeit und ihre absolut bedeutungslose Rolle in der Gesellschaft gestoßen, war am Boden zerstört - quasi mit dem Asphalt des Bürgersteigs verschmolzen. Da kam aus dem Tor, das inzwischen verlassen dalag, plötzlich der Verwaltungsratspräsident.
Monsieur le Président, der aus Frankreich stammt und mehrere Millionen Euro im Jahr verdient, dem die heiligen Werte Italiens enorm am Herzen liegen und der sich dennoch weigert, unsere Sprache zu lernen, der sich seinen über achtzig Jahren zum Trotz bärenstark fühlt, der schon ein Leben lang Fäden zieht und Ränke schmiedet.
Monsieur le Président, der sagt: »Nach mir die Sintflut.«
Der Präsident hob die Augenbrauen, bedachte das, was von Elasti-Mama noch übrig war, mit einem grauen, arroganten Blick und sagte: »Bonjour Mademoiselle. Ça va?«
Elasti-Mama hat sich verliebt. So sind die Bordsteinschwalben, es ist einfach stärker als sie.
Donnerstag, 18. Oktober
Sadistische Bitten an den Friseur
Heute Morgen nutzte Elasti-Mama Mister Wonders Abwesenheit, um den kleinen Hobbit zum Haareschneiden zu Ezio zu bringen, dem Herrenfriseur mit der Löwenmähne, der mit dem großen Kobold von Mann zu Mann über Frauen und Inter Mailand zu diskutieren pflegt.
»Bevor es losgeht, muss ich ein Wörtchen mit Ezio reden«, erklärte der große Hobbit unterwegs.
»Ezio! Das ist mein Bruder. Ich vertraue ihn dir an«, rief er beim Betreten des Salons theatralisch aus.
»Ist gut, mein Kleiner, danke«, entgegnete der Friseur.
»Warte mal, hör mir zu! Du musst ihn ganz kahl scheren. Mir ist das so lieber, und er braucht sich keine Gedanken mehr um seine Haare machen.«
Freitag, 19. Oktober
Selbstverwaltung
In der Redaktion. Die Chefs haben sich zu einer endlosen Sitzung in den Glaskasten zurückgezogen.
Elasti-Mama erhält eine Nachricht von Kollegin C: »Es reicht. Zerreißen wir unsere Ketten. Erklären wir uns für selbstverwaltet und organisieren wir ein Seminar über Bonsai und ein weiteres über den Che, diese Lichtgestalt.« Elasti antwortet der Kollegin C: »Ich unterstütze den Antrag auf Selbstverwaltung.«
C schreibt zurück an Elasti: »Natürlich sind Bonsais als Seminarthema durchaus noch zu toppen. Aber wir können doch nicht immer nur Trübsal blasen, indem wir uns mit Chiapas und frei verkäuflichen Drogen befassen.«
Elasti gibt C zur Antwort: »Ich schlage ein Seminar über Make-up vor: Wie verwandle ich mich, nur mithilfe meines dürftig bestückten Schminktäschchens, in
Weitere Kostenlose Bücher