Insektenstachel
wieder einsatzbereit?«
Die Hausangestellte unterbrach ihre Arbeit und senkte verschämt ihr Gesicht zu Boden. »Hi, Jungs! Guckt mich bloß nicht an. Ich sehe aus wie ein Streuselkuchen. In der Disko kann ich mich erst mal nicht blicken lassen.«
Justus grinste. »Vorgestern sahen Sie weitaus schlimmer aus. Wie geht’s Ihnen denn?«
»Ich fühle mich, als hätte ich einen Igel geknutscht. Aber das ›Sie‹ lasst mal stecken. Oder sehe ich etwa schon so alt aus? Ich bin noch nicht mal dreißig. Nennt mich ruhig Laura. Ich kriege jedes Mal ’ne Krise, wenn mich die jungen Lehrlinge im Supermarkt mit Mrs Stryker anreden. Ich gehöre doch noch nicht zum alten Eisen.« Energisch fegte sie die Erde von den Steinplatten.
»Wir wollten da mal einen Blick reinwerfen.« Der Erste Detektiv deutete zum Geräteschuppen. »Ich habe noch nie gesehen, an welchen Plätzen Hornissen ihre Nester bauen.
»In das Horror-Kabinett?« Laura legte den Besen zu Boden. »Dann kommt mal mit.« Mit schnellen Schritten ging sie voran und öffnete die Tür. »Viel gibt es da allerdings nicht mehr zu sehen. Das gesamte Nest ist entfernt worden. Der Hornissenstaat wurde umgesiedelt. Also, mir wär’s lieber gewesen, man hätte die Mistviecher ausgeräuchert und verbrannt.«
Die zwei Detektive folgten ihr in den Schuppen, der mit diversen Gartenmöbeln und Geräten voll gestellt war. Laura zeigte in eine Ecke, in der sich eine Gartenschlauchtrommel befand.
»Dahinter haben diese Ungeheuer gebrütet. Ich habe gar nicht so genau hingesehen. Die Trommel hatte sich irgendwo verhakt. Wahrscheinlich an der Stange von diesem Sonnenschirm hier. Als ich versuchte, das Ding aus der Ecke zu ziehen, stürzten sich plötzlich diese Kreaturen auf mich.«
Peter sah sich interessiert um. Auf dem Boden lagen vier Holzlatten. Offenbar waren sie aus der Bretterwand unter dem Schrägbalken entfernt worden, denn dort befand sich eine entsprechende Lücke, hinter der ein dunkler, etwa zehn Zentimeter breiter Hohlraum war. Er ging näher heran, konnte aber nichts Auffälliges entdecken. »Seltsam«, sprach er mehr zu sich selbst. »Eine doppelte Rückwand. Wozu soll das gut sein?«
Justus zog aus seiner Jacke eine Taschenlampe hervor und leuchtete hinein. In dem Hohlraum und vor ihm auf dem Boden lagen vereinzelte Büschel von Glasfaserwolle.
»Jill hat diesen Schuppen gebaut.«
Erschrocken fuhren Laura und die zwei Detektive herum. Im Türrahmen stand Mrs Hazelwood. In ihrer Hand hielt sie einen weißen Blindenstock. Nach einer kurzen Begrüßung trat sie näher. »Ursprünglich diente er als Gartenhaus und Werkstatt, wo man sich auch während der kalten Jahreszeit aufhalten konnte. Der Hohlraum dient der Isolierung. Deshalb auch die Glasfaserwolle. Jill war oft hier und hat gebastelt und gewerkelt. Doch nach seinem Tod mochte ich mich hier nicht mehr aufhalten. Daher habe ich das Häuschen zum Geräteschuppen umfunktioniert.«
»Und wer hat die Latten hier herausgebrochen?«, wunderte sich Justus. »Es sieht so aus, als wäre es mit Gewalt geschehen. Hier liegen noch Holzsplitter.»
»Vermutlich der Imker.« Mit dem Blindenstock stocherte Mrs Hazelwood in den Hohlraum. »Er wird sich vergewissert haben, ob noch an anderer Stelle Hornissen brüten. Diese Insekten nisten häufig im Gebälk.«
»Hoffentlich hat er nichts übersehen«, sorgte sich Laura mit ängstlicher Miene. »Wenn hier noch mehr dieser Bestien lauern, hänge ich den Job an den Nagel. Darauf können Sie Gift nehmen.«
»Still!«, forderte Mrs Hazelwood. Aufmerksam spitzte sie die Ohren und lauschte einige Sekunden in die Stille. »Nichts zu hören. In diesem Schuppen ist kein weiteres Nest. Sie trat wieder nach draußen. Das Sonnenlicht spiegelte sich in den Gläsern ihrer dunklen Brille. »Schade, dass Bob nicht mitgekommen ist. Ich habe Laura heute Morgen nämlich eine weitere Ausfertigung der Bücherliste schreiben lassen. In ihr haben wir nun hinter jeden Titel ein Mindestgebot geschrieben. Ich hoffe, dass ich die Preise nicht zu hoch angesetzt habe. Für den Hitchcock-Bildband halte ich beispielsweise zwanzig Dollar für angemessen.«
Justus schluckte. »Zwanzig Dollar?«, wiederholte er. Jetzt war wohl der Zeitpunkt gekommen, die Katze aus dem Sack zu lassen.
»Gehen wir ins Haus. Da können wir die Liste kurz durchgehen. Ihr könnt eurem Freund Bob dann weitergeben, was wir besprochen haben.« Mrs Hazelwood öffnete die Haustür, die sie vorsorglich verschlossen hatte, und
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