Insel aus Stein: Mittsommerglück (German Edition)
Verlag informiert – und er zögerte auch nicht, diese Informationen zu seinem Vorteil zu nutzen.
“Soll das heißen, Sie werden mir tatsächlich nicht erlauben, ihr neuestes Werk zu lesen?”
“Schön, dass wir uns endlich verstehen – genau das soll es heißen.”
“Aber ich bestehe darauf!”
Kaffee schwappte über den Rand seiner Tasse und hinterließ einen feuchten Fleck im Holz, als Prescott mit der Faust auf den Tisch schlug. “Verdammt, jetzt habe ich aber langsam die Nase voll von Ihnen! Ich habe von Anfang an gewusst, dass es ein Fehler war, dem Verlag zu erlauben, jemanden zu mir nach Svergå zu schicken. Und jetzt haben wir die Bescherung! Wie ich unter diesen Bedingungen arbeiten soll, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft!”
“Ich wurde geschickt, um Ihnen zur Hand zu gehen, Mr. Dorkins”, konterte Cassie kühl. “Und wenn Sie endlich aufhören würden, sich wie eine verwöhnte Diva aufzuführen, könnte ich vielleicht auch endlich damit anfangen, meinen Job zu machen.”
“Jetzt reicht es aber!”, mischte Malin Gustavson, die den immer hitziger werdenden Wortwechsel mit sichtlichem Unbehagen verfolgt hatte, sich in die Unterhaltung ein. “Nun beruhigt euch doch mal wieder, Kinder. Merkt ihr denn gar nicht, dass ihr nur eure Zeit verschwendet? Dieses gegenseitige Anfeinden bringt euch schließlich auch nicht weiter. Es muss doch möglich sein, einen Kompromiss zu finden, mit dem ihr beide leben könnt.”
“Und wie stellst du dir das vor, Malin?”, knurrte Dale Prescott mürrisch. “Sollen Miss Dorkins und ich uns erst einmal in aller Ruhe besser kennenlernen, oder was?”
Die Haushälterin warf ihm einen finsteren Blick zu, doch dann hellte sich ihre Miene schlagartig auf. “Natürlich! Das ist es! Du bist ein Genie, Dale Prescott! Miss Dorkins und du, ihr macht erst mal einen schönen Ausflug. Ich finde, als Gastgeber ist es ja sozusagen deine Pflicht, ihr ein wenig von unserer wunderschönen Umgebung zu zeigen.”
Entgeistert starrte der Schriftsteller sie an. “Ich soll –
was?”
Wie ein störrisches Kind verschränkte er die Arme vor der Brust. “Ich denke ja gar nicht daran!”
Auch Cassie war von diesem Vorschlag alles andere als begeistert, wollte sie doch eigentlich nur so schnell wie möglich ihre Aufgabe erfüllen und dann wieder von hier verschwinden. Ein Ausflug – womöglich noch ein Tagesausflug – kostete lediglich Zeit und brachte sie in ihrem Vorhaben keinen Schritt voran.
Doch Malin Gustavson bewies, dass sie ebenso stur sein konnte wie ihr Arbeitgeber. “Nun, das Haus ist heute jedenfalls für jeden tabu, der mir nicht mit Putzlappen und Eimer bewaffnet beim Frühjahrsputz helfen will.”
“Frühjahrsputz? Malin, es ist Ende Mai!”
Die Haushälterin zuckte die Schultern. “Umso mehr ein Grund, endlich damit anzufangen! Also, was ist nun? Machst du endlich dein Boot klar, oder ziehst du es vor, deine Pflichten als Gastgeber weiterhin zu vernachlässigen und mir stattdessen beim Großreinemachen zu helfen?”
Dale brummte etwas, das Cassie mit Mühe als “In einer halben Stunde unten am Bootshaus” deutete, dann erhob er sich von seinem Platz und ging durch die offene Küchentür hinaus in die Diele.
“Sie sollten sich besser etwas Warmes anziehen, meine Liebe”, riet Malin Gustavson ihr mit einem triumphierenden Lächeln. “Das Wetter ist zwar schon recht schön, aber draußen auf dem Meer kann es mitunter ziemlich frisch werden.”
So blieb Cassie am Ende nichts anderes übrig, als sich ihrem Schicksal zu fügen. Auch wenn ein Bootsausflug mit Dale Prescott so ziemlich das Letzte war, nach dem ihr der Sinn stand. Überhaupt fand sie das Verhalten des Schriftstellers mehr als irritierend. Warum wollte er ihr sein Manuskript nicht zeigen? Immerhin war sie seine Lektorin und nicht irgendein neugieriger Fan, der seine Nase in Dinge steckte, die ihn nichts angingen.
Was hatte Prescott zu verbergen? Hatte er überhaupt schon mit dem Roman begonnen, auf den der Verlag bereits händeringend wartete?
Je länger Cassie darüber nachdachte, umso logischer erschien ihr diese Erklärung. Weigerte er sich deshalb so energisch, jemanden auch nur einen Blick in sein Manuskript werfen zu lassen, weil es noch gar nicht existierte?
Dale stieß ein gequältes Stöhnen aus. Diese ganze Sache begann langsam, aber sicher völlig aus dem Ruder zu laufen. Er hatte gehofft, Cassie Dorkins mit seinem ablehnenden Verhalten von Svergå vertreiben zu können –
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