Insel aus Stein: Mittsommerglück (German Edition)
wir hier draußen irgendwo einen Gasthof finden, oder?”
“Wer braucht schon einen Gasthof?” Dale hob den Korb an, den er schon die ganze Zeit über bei sich getragen hatte. “Malin hat selbstverständlich für unser leibliches Wohl gesorgt.”
Er stellte den Korb ab und beförderte zuerst eine Decke daraus hervor, die er auf dem weichen Grasboden ausbreitete. Danach kamen nach und nach die köstlichsten Leckereien zum Vorschein. Schließlich machte Dale eine einladende Handbewegung und sagte: “Nehmen Sie Platz, Frau Lektorin, es ist angerichtet.”
Lächelnd ließ sich Cassie auf der Decke nieder. Für einen Moment schloss sie die Augen und sog die klare, würzige Landluft tief in ihre Lungen. Sie reckte das Gesicht zum Himmel und spürte die wärmenden Strahlen der Sonne auf ihrer Haut.
Was für ein traumhafter Tag. Einer von der Sorte, von denen man wünschte, dass sie niemals endeten. Doch dann rief sie sich zur Ordnung. Sie war nicht hier, um sich zu amüsieren oder zu entspannen. Sie hatte einen Job zu erledigen, und sie tat besser daran, diesen so rasch wie möglich zum Abschluss zu bringen.
Es schien fast so, als wäre Dale inzwischen ein wenig zugänglicher geworden. Ob sie den günstigen Moment nutzen sollte, um ihn noch einmal wegen des Manuskripts anzusprechen? Der Verlag würde bald Ergebnisse fordern. Wenn herauskam, dass ihre Chancen, auch nur eine einzige Seite seines Romans jemals zu Gesicht zu bekommen, mehr als schlecht standen, würde es ihrer Karriere bei Dolphin Books ganz sicher nicht zuträglich sein.
Doch konnte sie jetzt, wo das Kriegsbeil zwischen ihnen gerade erst begraben war, tatsächlich schon einen ungestümen Vorstoß wagen? Ihrer Erfahrung nach waren Schriftsteller oftmals reichlich launische Menschen, und Dale schien da keine Ausnahme zu sein. Es bestand durchaus die Gefahr, dass seine Stimmung von einem Moment zum anderen wieder umschlug. Und wollte sie das wirklich riskieren?
Aber vielleicht gab es ja noch eine andere Möglichkeit. Was, wenn es ihr irgendwie gelang, in sein Arbeitszimmer zu gelangen? Dann könnte sie wenigstens schon einmal die Lage checken und …
Hör sofort damit auf, ermahnte sie sich scharf. Du denkst doch wohl nicht ernsthaft daran, in Dales Arbeitszimmer einzubrechen! Was für eine absurde Idee. Und doch – je länger sie darüber nachdachte, umso deutlicher nahm diese Idee in ihrem Kopf Gestalt an.
“Was ist los? Sie wirken plötzlich so nachdenklich. Stimmt etwas nicht?”, riss Dales Stimme sie aus ihren Gedanken.
Hastig schüttelte Cassie den Kopf. Sie hoffte, dass man ihr das schlechte Gewissen nicht allzu deutlich ansehen konnte. Einbruch? Also wirklich, was war denn bloß mit ihr los? “Alles in Ordnung. Was ist, essen wir jetzt endlich, oder wollen Sie mich verhungern lassen? Die Erdbeeren sehen einfach köstlich aus!”
Das Klappern von Kochgeschirr empfing Cassie, als sie in die Küche trat. Der Tisch bog sich bereits unter der Last der unterschiedlichsten Speisen, es machte beinahe den Anschein, als sei eine ganze Kompanie zu versorgen. Malin Gustavson stand hinter dem Herd und bereitete Rührei mit Speck zu. Als sie Cassie erblickte, erschien ein strahlendes Lächeln auf ihrem gutmütigen Gesicht.
“Meine Güte, Sie sind aber früh auf, Miss Dorkins. Setzen Sie sich doch. Oder wollen Sie lieber noch einen kurzen Spaziergang machen? Es sieht so aus, als stünde uns ein wundervoller Tag bevor.”
Cassie warf einen Blick aus dem Fenster, dann nickte sie kurz entschlossen. “Das ist wirklich eine hervorragende Idee. Ein Spaziergang vor dem Frühstück ist jetzt genau das Richtige.”
“Ach, wenn Sie mögen, dann nehmen Sie doch Ole mit”, sagte Malin. “Der freut sich sicher, wenn er ein bisschen Bewegung bekommt. Und außerdem kann ich mich in der Zeit ein bisschen um Lotta, unsere Katze, kümmern. Sie und Ole verstehen sich eigentlich gut, aber sie liebt auch die Stunden des Tages, wo die Küche ihr ganz allein gehört.”
Wie zur Bestätigung stolzierte in diesem Moment eine hübsche, grau getigerte Katze durch die offen stehende Küchentür, die direkt in den Garten führte, und strich schnurrend um Malins Beine.
Der Hirtenhund hob kurz den Kopf und stieß ein heiseres Bellen aus. Dann rappelte er sich auf, kam auf Cassie zu und leckte ihr die Hand.
“Du verstehst wohl ganz genau, wovon wir sprechen, wie?”, sagte sie lachend. “Na gut, überredet. Was hältst du davon, wenn wir zwei uns ein bisschen die Beine
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