Insel, aus Traeumen geboren
jemand?“
„Das ist Stavros, der Wachtposten“, flüsterte Jack Olivia ins Ohr. „Ausgerechnet jetzt.“
„Es ist alles in Ordnung“, antwortete er Stavros mit merkwürdig heiserer Stimme.
In Wahrheit war nichts in Ordnung. Schwer atmend stand er vor Olivia und konnte nicht fassen, was passiert war – oder was beinahe passiert wäre. Unbedacht hatte er sich von den Wogen der Leidenschaft mitreißen lassen. So war es zwischen ihnen schon immer gewesen.
„Olivia“, begann er.
Doch sie hatte schon ihre Sandalen angezogen und lief auf den Pfad zu, der nach oben führte. Er sprintete ihr nach, um ihr zu sagen, dass es ihm leidtue, auch wenn es nicht stimmte. Dabei schlug er sich das Knie an einem Stein an und fluchte unterdrückt.
Der Wachmann stand noch da, als er oben ankam, doch Olivia war verschwunden.
„Tut mir leid, Mr. Jack“, entschuldigte sich der stämmige Grieche mit dem beeindruckenden Schnauzbart. „Ich wusste nicht, wer es war.“
„Schon in Ordnung, Stav.“ Jack klopfte ihm auf die Schulter und ging, um nach Olivia zu sehen.
Wenig später stand er unschlüssig vor ihrem Zelt. „Olivia, ist alles in Ordnung?“, fragte er dann.
„Gute Nacht, Jack.“
Als Olivia am nächsten Morgen in aller Frühe aufstand, war sie voller guter Vorsätze. Eilig machte sie sich auf den Weg zu den anderen, froh, dass sie weder Jack noch seinen Schlafsack irgendwo entdecken konnte. Selbst wenn er noch vor ihrem Zelt gelegen hätte, wäre sie über ihn hinweggestiegen und hätte so getan, als existierte er nicht.
Hatte sie den Verstand verloren, als sie mit ihm ein nächtliches Bad im Meer genommen hatte? Sie hätte sich doch denken können, wie das enden würde! Obendrein waren sie dabei auch noch gesehen worden. Gut, es war nur der Wachtposten gewesen, der vermutlich kein Wort darüber verlieren würde, trotzdem konnte es zu Gerede kommen.
Die Arbeiter hatten bereits mit dem Aufgraben begonnen. Olivia blickte auf das Meer hinaus, das in der Sonne glitzerte, und obwohl es bereits drückend heiß war, erschauerte sie bei dem Gedanken an das, was gestern Abend zwischen ihr und Jack geschehen war.
Der Duft von starkem Kaffee erfüllte die Luft. Nach und nach trafen die Studenten auf ihren knatternden Mopeds ein, und der Koch fing an, Spiegeleier, Speck und Toast zuzubereiten.
Olivia ging, um die Kollegen zu begrüßen. Dabei hoffte sie, dass sie besser aussah, als sie sich fühlte. Mit einem kurzen Blick in die Runde stellte sie fest, dass von Jack nichts zu sehen war. Sie betete, dass er schon gefrühstückt hatte. Wenn er auch nur einen Funken Verstand besaß, würde er einsehen, dass sie an ihrem Arbeitsplatz nicht solche Mätzchen machen konnten wie am Abend zuvor, und ihr aus dem Weg gehen. Natürlich würde es sich nicht vermeiden lassen, dass sie sich begegneten, doch jede Minute ohne Jack würde eine Erleichterung für sie sein und ihr helfen, ihr seelisches Gleichgewicht wiederzufinden.
Als sie Dr. Robbins auf sich zukommen sah, bat sie ihn schnell entschlossen, sie in einem anderen Team unterzubringen.
„Statt direkt bei den Grabungen mitzuarbeiten, würde ich lieber hier unter dem Zelt die Funde reinigen und katalogisieren“, sagte sie. „Ich habe darin große Erfahrungen.“
„Leiden Sie an Klaustrophobie?“, erkundigte sich Dr. Robbins mitfühlend.
„Gelegentlich schon“, erwiderte sie. Wenn es unter der Erde zu niedrig und zu eng wurde, hatte sie tatsächlich ein Problem damit. Doch da bei ihrem Beruf eine solche Situation nicht zu vermeiden war, hatte sie immer versucht, mit diesem Handikap fertig zu werden. „Ich denke nur, ich könnte hier oben von größerem Nutzen sein.“
„Absolut. Ich schätze Ihre Erfahrungen, liebe Mrs. Oakley, und freue mich sehr, dass Sie diesen Sommer bei uns sind.“
Olivia war erleichtert. Auf diese Weise würde sie nicht viel mit Jack zu tun haben. „Bitte nennen Sie mich Olivia“, bat sie den alten Mann, denn sie wollte nicht länger mit Mrs. Oakley angeredet werden.
Anschließend ging sie zum behelfsmäßig aufgebauten Büfett und brach sich etwas von dem frischen knusprigen Brot ab, tat etwas Schafskäse und eine Handvoll Oliven auf ihren Teller. Dann setzte sie sich damit an den Tisch neben Fred, einen von Jacks Studenten.
Er und seine Kommilitonen schwärmten noch vom Abend zuvor, als sie durch die Tavernen gezogen waren.
„Sie hätten mitkommen sollen“, sagte er zu Olivia. „Diese Griechen sind unwahrscheinlich. Sie tanzen
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