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Insel der blauen Delphine

Titel: Insel der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott O Dell
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und kehrte zu meinem alten Lagerplatz zurück. Ich hätte mein Haus auch im Süden der Insel bauen können, aber dort hatte einst das Dorf Ghalasat gestanden und ich wollte nicht auf Schritt und Tritt an die Menschen erinnert werden, die tot oder die fortgegangen waren. Auch spürte man dort den Wind stärker als anderswo. Er fegte über die Dünen, die sich bis in die Mitte der Insel erstrecken, sodass man ständig in glitschigem Sand watete. In der Nacht begann es zu regnen. Danach regnete es zwei Tage lang ohne Unterlass. Ich errichtete aus Buschwerk einen notdürftigen Unterstand am Fuß des Felsblocks und verzehrte meine ganzen Vorräte. Ich fror entsetzlich, weil ich wegen des Regens kein Feuer anzünden konnte. Am dritten Tag hörte der Regen auf und ich begann, mich nach Material für mein Haus umzusehen. Vor allem brauchte ich Pfähle für einen Zaun. Die wilden Hunde würde ich so bald wie möglich umbringen, doch außer ihnen gab es auch Rotfüchse auf der Insel, und zwar so viele, dass ich nicht die geringste Aussicht hatte, ihnen je mit Fallen oder Pfeilen beizukommen, und vor diesen schlauen Dieben würde nichts, das sich auch nur halbwegs zum Fressen eignete, sicher sein, solange ich keinen festen Zaun besaß. Nach dem Regen roch der Morgen frisch. Die Tümpel dampften. Die wilden Kräuter in den Schluchten und die Sandpflanzen auf den Dünen verbreiteten süße Düfte. Singend wanderte ich zur Bucht hinunter und die Küste entlang bis zur Landzunge. Es war ein guter Tag, um mir ein neues Heim zu bauen.

Kapitel I2
    Einmal vor vielen Jahren waren zwei Walfische an der Landzunge gestrandet. Den größten Teil ihrer Knochen hatten meine Leute als Schmuckstücke verwendet, der Rest aber lag immer noch dort, vom Sand halb zugedeckt. Ich fand eine ganze Anzahl Rippen, die ich vom Sand säuberte und auf den Platz trug, wo ich meinen Zaun errichten wollte. Die Rippen waren lang und an der Spitze gebogen. Nachdem ich Löcher in die Erde gebohrt und die Rippen hineingesteckt hatte, reichten sie mir immer noch bis über den Kopf. Ich steckte die Rippen dicht nebeneinander in den Boden, sodass sich ihre Kanten beinahe berührten. Ich achtete auch darauf, dass die gebogenen Spitzen nach außen ragten, dass niemand über sie hinwegklettern konnte. Über diese Pfähle hängte ich ein Netz aus vielen feuchten Salzkrautsträhnen, die sich beim Trocknen zusammenziehen. Anstelle des Salzkrauts hätte ich auch Robbensehnen verwenden können; sie sind viel stärker als Salzkraut, aber die wilden Tiere lieben Robbensehnen und hätten meinen Zaun in kurzer Zeit zernagt. Das Ganze kostete mich viel Mühe und hätte noch länger gedauert, wäre nicht der Felsen gewesen, der den Abschluss des Zauns und dessen eine Seite bildete. An einer besagten Stelle unterhalb des Zauns grub ich ein Loch, das mir als Eingang diente. Es war gerade breit und tief genug, um mich durchzulassen, wenn ich auf allen vieren kroch. Den Boden und die Seitenwände des kleinen Tunnels kleidete ich mit Steinen aus. Auf der Außenseite verhängte ich das Loch mit einer Matte aus Buschzweigen; innen versperrte ich es mit einem flachen Stein, den ich ohne großen Kraftaufwand beiseiteschieben konnte. Die Länge des Zauns maß acht Schritte. Mehr Platz brauchte ich nicht, um alle Dinge, die ich zusammengesucht hatte, aufzustapeln. Ich hatte als Erstes den Zaun erstellt, weil ich nicht länger auf dem Felsen schlafen konnte; die Nächte waren zu kalt und in dem Unterstand, wo mich die wilden Hunde jederzeit überfallen konnten, war an ein ruhiges Schlafen nicht zu denken. Die Arbeit an dem Haus erforderte bedeutend mehr Zeit als der Zaun. Das lag an den vielen Regentagen, noch mehr aber am Mangel an Holz. Es gab eine Sage in unserem Stamm, wonach einst hohe Bäume auf der Insel standen. Das war jedoch lange her, am Anfang der Welt, als Tumaiyowit und Mukat die Erde regierten. Diese beiden Götter stritten sich wegen vieler Dinge. Tumaiyowit wollte, dass die Menschen stürben, Mukat wollte es nicht. Schließlich geriet Tumaiyowit in Zorn und ging fort. Er ging mit allem, was er besaß, in eine andere Welt, eine Welt unter dieser Welt, und seither müssen die Menschen sterben. Zu jener Zeit also wuchsen hohe Bäume auf der Insel; jetzt aber gab es nur noch wenige und diese wuchsen vor allem in den Schluchten. Sie waren klein und krumm. Es war sehr schwierig, einen Baum zu finden, aus dem sich Pfosten schneiden ließen. Ich suchte tagelang, vom frühen Morgen

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