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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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Balustrade zu kommen. »Du bist dran! Ich habe das Meinige getan.«
    Der Angesprochene gehorchte und stellte sich an
    die Seite des Kapitäns. Wie dieser musterte er ausgiebig einige Männer, die mit der Alternative nicht gerade glücklich schienen.
    Schließlich schenkte er seinem Vater, der scheinbar völlig abwesend im Schatten eines Baums saß, einen langen Blick, und nachdem er sich einige Male ge-räuspert hatte, fing er an:
    »Tatsache ist, daß ich mit meinen Perlen das Schiff kaufen kann und ihr nicht. Doch klar ist auch, daß diese Perlen mir nicht das Recht geben, daß ihr mich als Kapitän anerkennt.« Er machte eine kurze Pause, ohne sie aus den Augen zu lassen, und fuhr mit überraschender Gelassenheit fort. »Ein Befehlshaber
    braucht viele Dinge: Wissen, Intelligenz, Autorität und vor allem Mumm in den Knochen, um mit dem-jenigen fertig zu werden, der glaubt, mehr Ansprü-
    che auf die Kapitänskajüte zu haben.« Wieder unterbrach er seine Rede, als ob die Leute danach auf-
    merksamer zuhören würden, und nachdem er sich
    vergewissert hatte, daß dies tatsächlich der Fall war, klopfte er mehrere Male mit dem Finger gegen die
    Brüstung: »Wenn einer von euch glaubt, daß er mehr Rechte als ich hat, die Jacare zu kommandieren,
    dann soll er es jetzt sagen, damit wir es austragen können. Noch sind wir alle gleich.« Sein Finger
    wanderte von einem zum anderen. »Wenn aber nie-
    mand vortritt, heißt das, daß ihr mich akzeptiert, und von diesem Augenblick an ist es mit der Gleichheit vorbei, und wer meine Befehle verweigert, den lasse ich aufknüpfen… Alles klar?«
    Es war Lucas Castano, der ihm klugerweise zur
    Seite sprang und gelassen erwiderte:
    »Völlig klar!«
    Der Margariteno schenkte ihm ein dankbares Lä-
    cheln und beharrte im gleichen Tonfall.
    »Ist jemand unter euch, der diesen Schritt machen möchte?«
    Die Männer blickten sich an, darauf vertrauend,
    daß ein anderer vortreten würde, und als sich keiner dazu entschließen wollte, richteten sich alle Augen auf Zafiro Burman, als sollte dieser seinen Protest von vorher fortsetzen.
    Doch nachdem er lange seine schwarzen Zehen an-
    gestarrt hatte, die zum Erde schaufeln getaugt hätten, schützte der erste Steuermann schließlich schulterzuckend eine Gleichgültigkeit vor, die ihm mehr als fern lag.
    »Die Zeit wird es weisen…«
    »Nein, Zafiro, nein!« fuhr ihm der Junge in die Pa-rade. »Die Zeit hat da nichts zu weisen. Du selbst mußt es tun.« Er neigte sich nach vorn, als könne er ihn dadurch besser mustern. »Und zwar gleich
    jetzt!« sagte er mit deutlich drohendem Ton. »Ak-
    zeptierst du mich als Kapitän, oder nicht?«
    Der andere schien einige Augenblicke zu überle-
    gen, doch dann stimmte er mit einem lustlosen
    Kopfnicken zu.
    »Einverstanden«, murmelte er. »Ich akzeptiere
    dich.«
    »Bist du sicher?«
    »Sicher.«
    »Ganz sicher?«
    Der Tonfall forderte eine negative Antwort gerade-zu heraus, als wollte man dem Gegner eine letzte
    Gelegenheit zum Widerruf geben, doch der Ange-
    sprochene drehte sich um und ging zu den Bäumen,
    während er mit rauher Stimme entgegnete:
    »Ganz sicher!«
    Sebastian ließ ihn gehen, ohne ihn noch eines Blik-kes zu würdigen, und wandte sich dem Rest der Ver-sammlung zu. Mit wesentlich freundlicherem Ton
    fuhr er fort:
    »Von diesem Augenblick an bin ich Kapitän Jacare
    Jack, und seine Fahne gehört mir ebenso wie sein
    Schiff. An Bord wird sich nichts ändern, auch nicht bei der Arbeit. Und jetzt könnt ihr euch amüsieren.
    Morgen stechen wir in See.«
    Doch am folgenden Morgen erwartete ihn eine bit-
    tere Überraschung.
    Sein Vater war verschwunden, und auf seinem
    Strohsack fand sich nur eine ungelenk gekritzelte Nachricht: »Du brauchst mich jetzt nicht mehr. Ich kehre nach Hause zurück.«
    Sebastian fand, daß diese Botschaft typisch war für seinen Vater: unverblümt und ohne Sinn, denn all
    die Jahre hatte der Vater den Sohn gebraucht und
    umgekehrt. Außerdem gab es kein Haus mehr, zu
    dem er zurückkehren konnte.
    Er lief zur Anlegestelle, und es überraschte ihn
    nicht, daß eine der Schaluppen verschwunden war.
    Sein erster Gedanke war, die Anker zu lichten und seinem Vater in Richtung Süden zu folgen, doch
    bald war ihm klar, daß ihm das Schiff eigentlich erst gehörte, wenn er den Schotten wohlbehalten an der Küste des fernen Englands abgesetzt hatte.
    Am gleichen Nachmittag verließen sie die Insel,
    um Kurs Nordost zu setzen. Für Sebastian war es der

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