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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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Antillen gemein, auf denen sie geboren oder zumindest aufgewachsen waren.
    Kein Baum, kein Bach, ja nicht einmal eine winzi-
    ge Wiese, auf der ein einfaches Maultier hätten weiden können, und die Luft war so trocken, daß man
    sich andauernd räuspern mußte.
    »Was für ein seltsamer Ort«, murmelte hinter dem
    Rücken Sebastians einer, der sich offenbar ein Land ohne Wälder kaum vorstellen konnte. »Zum Fürchten!«
    Dann hörten sie das vom Winde verwehte Läuten
    einer fernen Glocke: ein Klang, der ihnen völlig un-passend erschien auf diesem Boden, auf dem wohl
    nur Eidechsen leben konnten.
    Unendlich vorsichtig tasteten sie sich weiter vor-wärts, und bald konnten sie die drohende Silhouette eines düsteren Forts ausmachen, das an einem der
    schlafenden Vulkane förmlich zu kleben schien.
    Unterhalb der Festung breitete sich ein kleines wei-
    ßes Dorf aus, dessen stolze Kirche ein Kuppeldach zeigte.
    »Hier leben ja doch Menschen«, murmelte der glei-
    che von vorhin, als wolle er seinen eigenen Worten nicht trauen. »Wovon leben die nur, zum Teufel?«
    »Wirklich ein Wunder«, erwiderte Sebastian.
    Den restlichen Tag lagen sie auf der Lauer, ohne
    auch nur eine Menschenseele zu entdecken. Erst als die Sonne nicht mehr auf die Felsen brannte, konnten sie einen Mann ausmachen, der sehr langsam auf sie zukam und das seltsamste Tier am Zügel führte, das sie je gesehen hatten.
    »Was für ein häßliches Pferd!« rief der ewige
    Schwätzer aus. »Und wie komisch das läuft!«
    »Das ist doch kein Pferd, du Idiot!« fuhr ihn der Margariteno an. »Das muß ein Kamel sein.«
    Bei Anbruch der Dunkelheit näherten sie sich den
    ersten Häusern und achteten über zwei Stunden lang auf alle Geräusche und Stimmen, bis sie davon überzeugt waren, daß es dort lediglich ein halbes Dutzend Männer im waffenfähigen Alter gab.
    »Kehren wir zurück!« befahl Jacare Jack schließ-
    lich. »Ich glaube, bei so wenigen Menschen gehen
    wir kein Risiko ein.«
    Sie kehrten zum Schiff zurück und setzten das
    Schiff an einer stillen Reede auf Sand. Nachdem sie die Kanonen an Land gebracht hatten, um jeden Angriff von der Steilküste aus zurückschlagen zu können, machten sie sich daran, das Schiff so schnell wie möglich zu reparieren und zu kalfatern.
    Am dritten Tag entdeckten sie einige Ziegenhirten, die sie von den Klippen aus beobachteten. Über ihren Anblick zerbrachen sich die Piraten aber kaum den Kopf, denn die Hirten schien die Anwesenheit
    des mächtigen Schiffs mit seinen gut sichtbaren
    zwanzig Kanonen weit mehr zu beunruhigen.
    Um so erstaunter waren die Piraten, als am näch-
    sten Morgen langsam eine winzige Gestalt die glatte, wie mit dem Messer geschnittene Felswand hinab-kletterte.
    Sie hielten den Atem an, denn jeden Augenblick
    konnte dieses törichte Wesen in den Abgrund stür-
    zen. Ihre Überraschung wurde jedoch noch größer,
    als sie schließlich feststellen mußten, daß da ein sehr junges und attraktives Mädchen auf diese Weise sein Leben aufs Spiel setzte.
    Sebastian ging ihr entgegen, um sie wegen ihres
    törichten Verhaltens zur Rede zu stellen, doch das Mädchen ließ ihm gar nicht die Zeit, den Mund zu
    öffnen, sondern fragte in aller Unschuld:
    »Fahrt ihr nach Westindien?«
    »Ja«, sagte der Margariteno, dessen Verblüffung
    immer größer wurde. »Warum?«
    Das Mädchen, denn es war kaum mehr als ein
    Mädchen, auch wenn es bereits weibliche Rundun-
    gen aufwies, zog aus der Tasche seines schlichten Kleids einen fleckigen Umschlag und reichte ihn
    Sebastian.
    »Könnt Ihr mir den Gefallen tun und diesen Brief
    meinem Verlobten überbringen?« bat sie inständig.
    »Sie haben ihn vor einem Jahr eingezogen, und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Die
    Schiffe kommen bei ihrer Rückkehr aus Westindien
    hier nicht vorbei.«
    Sebastian nahm das grobe Papier, auf dem mit fast kindlicher Schrift zu lesen stand: »Pompeyo Medina.
    Westindien.«
    »Aber in welchem Teil Westindiens ist er denn?«
    wollte er wissen.
    »Das weiß ich nicht«, entgegnete das Mädchen mit
    rührender Offenheit. »Doch Westindien kann ja
    nicht sehr groß sein, und ich bin sicher, daß Ihr ihn findet. Er ist groß, hat braune Haare, riesige dunkle Augen und am Kinn ein tiefes Grübchen.« Sie zeigte ein faszinierendes Lächeln, als sie fragte: »Werdet Ihr ihm meinen Brief geben?«
    »Ich werde tun, was ich kann«, versprach der Mar-
    gariteno.
    »Danke!«
    Schon auf dem Rückweg drehte sie sich nach

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