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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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Augenblick fürchtete er eine neue phosphoreszierende Masse zu sehen, denn um die Leichen wimmelten so
    viele winzige Fische im Wasser herum, daß es ge-
    spenstisch im Mondlicht leuchtete.
    Er konnte es einfach nicht fassen, daß ein Mensch so tief sinken konnte, einen kranken Jungen lebendig ins Wasser zu werfen, um für dessen Leben ein paar Pfund von einer Versicherung einzustreichen.
    »Die haben es nicht verdient zu leben«, sagte er zu sich selbst. »Die haben es wirklich nicht verdient.«
    Kurz vor Sonnenaufgang war in der Ferne ein
    Stöhnen zu hören. Der Ausguck riß Lucas Castano
    aus dem Schlaf, und dieser weckte wiederum den
    Margariteno auf. Sebastian befahl sofort, Fackeln zu entzünden, Schaluppen ins Wasser zu lassen und
    nach etwaigen Schiffbrüchigen zu suchen.
    Sehr schnell hatten sie ihn gefunden. Es war ein
    riesiger Schwarzer, der aber so erschöpft und starr war, daß er, kaum an Bord gezogen, in eine Ohnmacht fiel, aus der er erst am Vormittag erwachte.
    Sein Bericht, den er in einer seltsamen Mischung
    aus englischen, spanischen und portugiesischen
    Wortfetzen stammelte, gespickt mit zahlreichen
    Wörtern aus irgendeinem gottverlassenen afrikani-
    schen Land, bestätigte die Aussage des Maltesers.
    Das einzige, was man wirklich verstehen konnte,
    war, daß der Kapitän ihn wegen unaufhörlichen
    Durchfalls über Bord hatte werfen lassen.
    Als sie wissen wollten, wie viele Leute an Bord
    waren, konnte er noch nicht einmal eine ungefähre Zahl nennen.
    »Muita!« war alles, was er sagte. »Muita people!«
    Sebastian Heredia ging zu seiner Kajüte zurück und dachte über das Gehörte nach. Schließlich steckte er seinen Kopf wieder heraus und gab einen barschen
    Befehl:
    »Die Masten hoch und alle Segel setzen! Wir ma-
    chen Jagd auf diese Hurensöhne.«
    Das Sklavenschiff konnte nicht viel Vorsprung ha-
    ben, doch wehte nicht die leiseste Brise, was das Segeln auch für ein so behendes Schiff wie die Jacare zum aussichtslosen Unterfangen machte. Allein
    von dem Augenblick, in dem man in der Ferne vor-
    aus einen Leichnam ausmachen konnte, bis zu dem
    Moment, da dieser sich achtern aus den Augen ver-
    lor, verging eine Ewigkeit.
    Plötzlich fiel dem Margariteno eine Geschichte ein, die seine Mutter ihm erzählt hatte: das Märchen vom kleinen Jungen, der sich im Wald verirrt und Stein-chen streuend den Rückweg findet.
    Das Sklavenschiff hinterließ eine ähnliche Spur
    und verriet damit seine genaue Route, und tatsächlich entdeckte der Ausguck schließlich erfreut im Westen einen Punkt am Horizont.
    Bei Anbruch der Nacht hatten sie das Schiff allerdings noch immer nicht erreicht, und als es dunkel wurde, drehte der Verfolgte unvermittelt nach Süden ab, um ihnen auszuweichen. Doch jetzt half ihnen
    ein rächender Vollmond, in dessen Licht sie das
    Sklavenschiff sehen konnten, bevor es sich backbord davonstehlen konnte.
    Im Morgengrauen waren sie nur eine knappe Meile
    von seiner Steuerbordseite entfernt. Bald wehte ein dermaßen grauenvoller Gestank herüber, daß selbst einige der erfahrensten Seeleute, die mit Gleichmut die schlimmsten Stürme ertrugen, kurz davor waren, sich zu übergeben.
    »Aber was ist denn das?« wollte Zafiro Burman
    wissen. »Was ist das nur für ein Gestank?«
    »Der Duft der Sklavenschiffe«, entgegnete in aller Seelenruhe der Malteser. »Er hat mich monatelang
    verfolgt, obwohl ich mir die Kleider vom Leib gerissen, das Haar abrasiert und mich hundertmal gebadet habe. Wie ich schon sagte: die elendste Arbeit auf Erden.«
    Kurz vor Sonnenaufgang ließ Kapitän Jacare Jack
    die Krokodilsflagge mit dem Totenkopf hissen und
    einen Warnschuß vor den Bug des schwarzen
    Schiffs setzen, das alle an Bord für den riesigsten, häßlichsten und schwerfälligsten Seelenverkäufer
    hielten, der je auf den Weltmeeren gesegelt war.
    Kein Schoner, keine Brigantine, keine Fregatte,
    keine Korvette, sondern eine Art Kreuzung zwischen alter Karavelle und Rumpelkasten, allerdings zu
    breit und zu kurz. Die drei asymmetrisch angeordneten Masten waren unterschiedlich hoch, und das
    ganze Schiff war ein einziges unförmiges Chaos, als hätte man es ohne jeglichen Plan und mit den unfä-
    higsten und unordentlichsten Zimmerleuten der Kü-
    ste gebaut.
    Warum jemand diesen Schrotthaufen zu Wasser
    gelassen hatte, war ebenso unerklärlich, doch hier war er, schaukelte hin und her wie in einem Sturm, obwohl der Ozean an diesem Tag so ruhig war wie
    ein Ölsee.
    Die Besatzung machte nicht

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