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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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und es reut mich nicht.
    Mich hat einfach die Wehmut ergriffen, als ich dich roch. Wenn du auf einer Galeone mit neunzig Kanonen die Messe gesungen hast, kommt dir selbst die Kathedrale von Burgos lächerlich vor.«
    Im ersten Tageslicht verließ die Kutsche Seiner
    Exzellenz Don Hernando Pedrárias das stille Her-
    renhaus, passierte das große Tor der hohen Mauer
    und fuhr auf die noch schlafende Stadt La Asuncion zu. Doch noch ehe sie den dichten Wald hinter sich gelassen hatte und auf die freien Felder des fruchtbaren Tals hinausgefahren war, sprangen plötzlich drei bewaffnete Männer zwischen den Bäumen hervor
    und richteten ihre schweren Pistolen auf den alten Kutscher, der beinahe vom Kutschbock gefallen
    wäre und sich den Hals gebrochen hätte.
    Man zwang ihn, die schimmernde Uniform auszu-
    ziehen, und band ihn so fest an einen Baum, daß er sich erst Stunden später würde befreien können, und als die Räuber aufbrachen, gab ihm Celeste mit ehrlicher Zuneigung einen Kuß auf die Wange.
    »Tut mir leid, Gervasio. Doch so ist es besser für alle.« Mit humorvoller Geste steckte sie ihm eine Geldbörse in die großen, schmutzigen roten Unter-hosen und fügte hinzu: »Für den Ärger.«
    »Wißt Ihr eigentlich, was Ihr da tut, Senorita?«
    fragte der Alte mit Bedauern in der Stimme. »Don
    Hernando wird Euch bis ans Ende der Welt verfol-
    gen.«
    »Die Welt ist sehr groß!« entgegnete sie und strich ihm liebevoll übers Haar. »Sehr groß! Macht Euch
    keine Sorgen. Jetzt habe ich Menschen, die mich
    beschützen.«
    Nachdem sie ihn geknebelt hatten, setzten sie ihre Fahrt fort: Justo Figueroa in Uniform auf dem
    Kutschbock, Sebastián, Miguel Heredia in der Kut-
    sche, und ihnen gegenüber nahm das lächelnde
    Mädchen Platz, das so aufgeregt und glücklich
    schien, als wolle man sie an diesem Tag in die Gesellschaft einführen.
    Kurze Zeit danach zog sie eine schwere Kiste unter ihrem Sitz hervor und öffnete sie feierlich, um zu zeigen, daß sie randvoll mit schönen Perlen in allen nur denkbaren Schattierungen gefüllt war.
    »Die besten des Jahres!« rief sie aus und nahm ein riesiges, fast schwarzes Exemplar in Form einer Bir-ne zwischen die Finger. »Schau dir diese Perle an!
    Ein Königreich würde ich dafür hergeben.«
    »Behalt sie!« forderte sie ihr Bruder auf. »Und
    häng sie dir um den Hals, damit sie dich an den Tag erinnert, an dem du zur Gesetzlosen geworden bist.«
    Er deutete auf den Wald, den sie gerade hinter sich gelassen hatten. »Dieser Gervasio hat recht«, fügte er besorgt hinzu, »die Casa läßt sich nicht ungestraft berauben.«
    »Du raubst doch schon seit Jahren«, gab sie ihm zu bedenken und zog eine sympathische Grimasse,
    während sie die schwarze Perle in ihren Ausschnitt steckte. »Ich behalte sie!«
    »Was können sie denn schon tun?« warf Miguel
    Heredia skeptisch ein. »Wenn sie es erfahren, sind wir schon über alle Berge.«
    »Man kann nie wissen«, orakelte seine Tochter.
    »Bei Don Hernando kann man nie wissen. Ich hab
    keine Angst vor ihm, aber wir sollten auf der Hut sein.«
    Als die ersten Häuser der Stadt in Sicht kamen, bog die Kutsche an der Kreuzung mit der kleinen Einsiedelei auf den Weg nach Santa Ana ab. Sie fuhren
    schon durch das Tal, als die Arbeiter auf den Feldern begannen, mit Steinen zu werfen und Beleidigungen auszustoßen, um sofort darauf die Flucht zu ergrei-fen.
    Für die überwältigende Mehrheit der Margaritenos
    war die schwere Kutsche mit ihren anmaßenden
    Wappen an den Türen und dicken Brokatvorhängen
    das Sinnbild der Tyrannei schlechthin, und ihre
    schmerzliche Erfahrung lehrte sie, daß es nichts Gutes bedeutete, wenn die Karosse die Stadtgrenzen
    von La Asunción hinter sich ließ.
    Gewöhnlich ließen sich die stolzen Rappen von
    Don Hernando Pedrárias Gotarredona nur selten auf dem Land sehen, und wenn doch, dann ging es meistens darum, die Steuerschraube noch fester anzu-
    ziehen.
    Wenn die Dörfler die Pferde sahen, dachten sie an Hyänen, die den Gestank eines Kadavers witterten.
    Manche hätten Jahre ihres Lebens dafür hergegeben, die Rösser einfach abzuknallen, auch wenn sie wuß-
    ten, daß die Gäule an der ganzen Misere keine
    Schuld traf.
    Am frühen Nachmittag trabten die schwitzenden
    Pferde müde durch Santa Ana und schlugen schon
    den Weg nach Aricagua ein, denn keiner hätte es
    gewagt, die goldene Kalesche des Gesandten der
    Casa de Contratación von Sevilla aufzuhalten. In
    diesem Augenblick betrachtete

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