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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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Ich will wissen, warum ein alter Pirat, der ge-wöhnlich Schiffe aus Spanien plündert, plötzlich
    Sklaven freiläßt.«
    »Vielleicht ist er gegen die Sklaverei.«
    »Ein schottischer Pirat? Daß ich nicht lache! Die Engländer, Holländer und Schotten haben doch den
    Sklavenhandel erfunden und würden sich keine der-
    artige Beute entgehen lassen.«
    »Offensichtlich doch«, lautete die fast spöttische Antwort.
    Der Hausherr ging im Zimmer auf und ab, als wür-
    de das seine Probleme lösen, und fuhr schließlich ungeduldig fort:
    »In der Tat! Aber warum? Wenn ich wüßte, warum
    ein Pirat sich plötzlich nicht mehr wie ein Pirat aufführt, könnte ich ihn vielleicht erwischen.«
    »Ich glaube nicht, daß dir das viel hilft«, bemerkte der andere und leerte hastig sein Glas, als wollte er andeuten, daß er es eilig hatte. »Ich hatte noch nie mit Piraten zu tun…« Er deutete mit dem Finger auf ihn. »Vielleicht gibt es jemanden, der dir helfen kann. Er lebt schon viele Jahre auf der Insel und hat schon mehr als einmal gegen sie gekämpft. Ich rede von Hauptmann Mendana.«
    »Der Kommandant der Festung La Galera?« Als
    sein Gegenüber nickte, schüttelte Don Hernando
    Pedrárias den Kopf. »Er haßt mich.«
    »Zum Teufel, Hernando…!« lachte der andere.
    »Nicht so bescheiden! Du weißt gut, daß die meisten Leute auf der Insel dich hassen. Mendana sollte da keine Ausnahme machen.« In einem vorwurfsvolle-ren Ton, der sich fast mehr gegen seine eigene Person zu richten schien, fuhr er fort. »Anders als wir, die wir unsere Pflichten aus reiner Bequemlichkeit vergessen haben, ist er ein guter Offizier, der die Piraten verabscheut. Vielleicht hilft er dir.«
    »Glaubst du?«
    »Was riskierst du schon? Du hast ohnehin schon
    alles verloren!«
    »Wohl wahr«, räumte sein Gegenüber ein und ließ
    sich in einen Sessel fallen, als hätte ihn sein Ener-gieausbruch plötzlich erschöpft. »Ich habe alles verloren außer meiner Wut im Bauch. Ich werde ein
    Schiff ausrüsten. Das beste, das es gibt! Und ich werde diesen Hurensohn fangen.«
    »Das beste Schiff, das es gibt, ist die Jacare«, erinnerte ihn Oberst Arismendi. »Wenn du es mit einem schweren Flottenschiff zu jagen versuchst, auch
    wenn es noch so gut bewaffnet ist, kannst du ebensogut versuchen, einen Delphin am Schwanz zu
    packen.«
    »Ich werde schon eine Möglichkeit finden.«
    Der Offizier stand mühevoll auf und ging zur Tür, als sähe er nicht nur das Gespräch, sondern auch die unbequeme Beziehung für beendet an.
    »Das hoffe ich für dich, und ich sollte dir Glück wünschen. Allerdings weiß ich in diesem besonde-ren Fall nicht recht, ob ich auf der Seite eines ehrenwerten schottischen Piraten oder der eines un-
    würdigen spanischen Edelmanns stehen soll. Gute
    Nacht!«
    Unter anderen Umständen hätte Don Hernando Pe-
    drárias Gotarredona eine solche Behandlung niemals hingenommen, sondern die Person, die ihn derart
    beleidigt hatte, unverzüglich zum Duell gefordert.
    Aber das war nicht der Augenblick, mit einem vor-
    züglichen Fechter und sicheren Pistolenschützen die Waffen zu kreuzen. Daher schluckte er seinen Groll hinunter, denn es war ihm klar, daß die meisten
    Menschen ihn von nun an auf diese Weise behan-
    deln würden.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, daß Oberst
    Arcadio Arismendi das Haus tatsächlich verlassen
    hatte, goß er sich ein weiteres Glas Rum ein, leerte es in einem Zuge und läutete mehrere Male ein
    Glöckchen, bis ein Diener auf der Türschwelle er-
    schien.
    »Wo bleibt Don Samuel? Warum ist er nicht ge-
    kommen?«
    »Seine Frau versichert, daß er in Porlamar ist, Senor«, erwiderte der arme Mann, also fürchtete er, daß man ihm nicht glauben würde. »Er kommt erst
    übermorgen zurück.«
    Sein ungeduldiger Herr wollte gerade eine ärgerliche Antwort geben, als er es sich anders überlegte und befahl:
    »Sattle mein Pferd. Ich reite nach Juan Griego.«
    »Um diese Zeit, Senor?« wollte der beunruhigte
    Diener wissen. »Es wird bald Nacht.«
    »Wir haben Vollmond, und ich kenne den Weg.
    Um so kühler wird der Ritt sein.«
    Es war tatsächlich ein kühler Ritt und in mancher Hinsicht wesentlich angenehmer als unter der brennenden Sonne Margaritas, doch während er auf dem
    engen Pfad zur Westküste hinuntergaloppierte, hatte Don Hernando Pedrárias ein bohrendes Gefühl im
    Magen, wenn er diesen fast verstohlenen Ritt mit der Fahrt verglich, die er vor Jahren mit seiner Kutsche und einem Dutzend Mann

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