Insel der glühenden Sonne
zu betreten, und bat Shanahan, Marie Cullen herauszuholen.
»Das kann ich nicht, Sir. Sie ist doch kein Paket.«
Barnaby spürte, wie er rot anlief. Verdammt, ich stelle gleich vier neue Arbeiter ein, dann bin ich Shanahan los. Ich habe genug von seiner Widerspenstigkeit.
Er stieg aus der Kutsche und läutete die Glocke an dem schweren Holztor. Niemand öffnete. Er läutete wieder und wieder, bis schließlich ein mürrischer Aufseher ans Tor kam.
»Schon gut, müssen ja nicht die ganze Stadt wecken. Was ist?«
Barnaby schob den Mann mit seinem Spazierstock beiseite und schaute zu dem zweigeschossigen Gebäude mit den vergitterten Fenstern empor. »Ich möchte den Leiter oder wie immer Sie das hier nennen sprechen. Und zwar sofort, sonst wecke ich einen Richter und lasse Sie in den Steinbruch schicken.«
Der Aufseher schnaubte unwillig und führte ihn über eine ungepflegte Fläche, die vermutlich als Appellplatz diente, da in der Mitte ein Fahnenmast stand. Dann deutete er auf eine geschlossene Haustür.
»Da klingeln.« Er verschwand.
Die Türklingel funktionierte anscheinend nicht, und nach mehreren Versuchen ging Barnaby dazu über, mit dem Stock an die Tür zu hämmern.
Eine grimmig aussehende Frau öffnete. Sie hatte die Figur eines Ringers und war ganz in Schwarz gekleidet. Als sie den Gentleman erblickte, zog sie die Schürze aus und zupfte die öligen schwarzen Locken zurecht.
»Ja?«
»Ich möchte eine junge Frau einstellen, die sich unter Ihrer Aufsicht befindet.«
»Welche denn?«
»Miss Marie Cullen.«
Sie runzelte die Stirn. »Sie kennen sie?«
»Nein, aber man hat sie mir empfohlen.«
»Wer?«
»Mein Nachbar Leutnant Flood«, log er beiläufig. »Adjutant Seiner Exzellenz, des Gouverneurs.«
»Natürlich, Sir, kommen Sie herein, ich lasse nach ihr schicken.«
Die Eingangshalle mit dem Steinboden war kalt und kahl.
Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, bemerkte er mit Unbehagen die vergitterten Fenster.
Die Frau schloss eine andere Tür auf, die in einen feuchtkalten Gang führte, schloss hinter sich und Barnaby ab und führte ihn in einen Raum zur Linken, wo er flüchtig eine mehr als klapprige Holztreppe bemerkte.
Kopfschüttelnd folgte er der Frau in ein Büro. »Mit wem habe ich das Vergnügen?«
»Ich bin Mrs. Roddock, Oberaufseherin und Wirtschafterin. Sie können dort Platz nehmen, während ich die Papiere ausstelle.«
Barnaby setzte sich gehorsam auf den angebotenen Stuhl, während sie in einem bequemen Sessel Platz nahm und etwas in den Schreibtischschubladen suchte.
»Na bitte.« Sie legte ein Formular auf den Tisch. »Wie ist Ihr Name, Sir?«
Barnaby beantwortete die wenigen Fragen. »Als was wird sie arbeiten?«
»Als Zofe meiner Enkelin«, erwiderte er. Die Oberaufseherin und Wirtschafterin sah ihn verwundert an.
»So ein Glück. Melden Sie sich, wenn sie nichts taugt.« Sie zwinkerte. »Ich könnte Ihnen etwas Besseres besorgen, Mr. Warboy.«
Er nickte unbehaglich und kam sich vor, als beauftragte er eine Kupplerin.
Aus der Halle hörte er Frauenstimmen, dann ein Klappern auf der Holztreppe. Es kursierten Gerüchte über Misshandlungen in der Frauenfabrik, und nun, da er sie mit eigenen Augen sah, empfand er die Atmosphäre als überaus beunruhigend.
Man führte das Mädchen herein, barfuß und mit einem dünnen braunen Kittel bekleidet. »Ist sie das?«
Barnaby nickte und sprach sie an. »Mein Name ist Warboy, ich besitze eine Farm. Möchten Sie für mich arbeiten? Als Zofe meiner Enkelin?«
Mrs. Roddock schien der Meinung zu sein, das Mädchen, das höchstens zwanzig sein konnte, verdiene solche Höflichkeit nicht.
»Ja, Sir, bitte, Sir.«
»Gut, dann kommen Sie gleich mit. Wo sind Ihre Sachen?«
»Sie hat keine Sachen.« Mrs. Roddock wühlte in einem Kasten, der Pappkarten enthielt, und gab ihm eine.
»Behalten Sie die, das ist ihre Ausweiskarte. So kann sie Ihnen nicht weglaufen.«
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