Insel der glühenden Sonne
davongaloppiert.
Zwei junge Männer, die nach Osten ritten, hörten den Tumult und sahen nach, was geschehen war.
»Was gibt’s?«, riefen sie Freddy zu.
»Er hat mein Pferd gestohlen!«
»Wer?«
»Der Schwarze da!« Er deutete auf den Reiter, der sich rasch in Richtung Tierheim entfernte.
»Ein verdammter Schwarzer hat sein Pferd gestohlen!«, rief einer der Fremden. »Den holen wir uns!«
Sie galoppierten laut johlend los.
Freddy wusste, dass er sie niemals einholen würde, und betete, dass sie Juno erwischten, bevor er die Farm erreichte. Dann wäre es nämlich an ihm, die Flucht zu ergreifen.
Er hörte den Schuss. Und noch einen. Er erstarrte. Was war geschehen? Er lenkte sein Pferd unter einen Baum am Straßenrand. War Claude dazwischengegangen? Verfolgten sie jetzt ihn? Am besten, er floh, solange noch Zeit blieb. Aber sie wollten ihm doch das Pferd holen. Es wäre verrückt, darauf zu verzichten. Vielleicht hatten die Jungs auch nur ein Känguru geschossen.
Die Angst lähmte ihn. Wäre er nur Kartoffelbauer geworden! Die beiden Männer hatten wohlhabend ausgesehen in ihren eleganten Uniformen. Endlich hörte er die Hufe auf der ungepflasterten Straße.
»Hier, Ihr Pferd«, sagte einer und warf Freddy die Zügel zu. »Von den Schweinen dürfen Sie sich nichts gefallen lassen, sonst werden die noch zur Plage.«
»Mit dem ersten Schuss erwischt«, rief der zweite Mann und schwenkte sein Gewehr.
»Gar nicht wahr!«, schrie sein Freund. »Du hast danebengeschossen!«
»Komm schon, Charlie, du könntest nicht mal auf fünf Schritt einen Elefanten treffen.«
Sie diskutierten noch, als sie ohne einen weiteren Blick auf Freddy davonritten. Für sie war es nur ein sportlicher Wettstreit gewesen. Freddy sah ihnen nach, bis sie nach rechts in Richtung Stadt abbogen, und wusste nicht recht, wie er sich verhalten sollte.
Falls sie ein Känguru erschossen hatten, würden sie es wohl kaum einfach liegen lassen. Man erlegte sie wegen ihres Fleisches und des Leders, niemand würde sie den wilden Tieren zum Fraß überlassen.
Er wäre gern weitergeritten, doch die Neugier war stärker. Er musste einfach nachsehen. Nur ein Blick.
Also trabte er in Richtung Tierheim, wobei sein Herz aus Furcht vor dem klopfte, was er vorfinden mochte.
Die beiden Pferde trotteten gehorsam dahin wie Kinder, denen man die Ohren lang gezogen hat, was Freddy auf die Gewehrschüsse zurückführte. Selbst ihm standen noch die Haare zu Berge, und als er um die nächste Biegung ritt, bestätigte sich seine Angst. Im Gras leuchtete etwas Rotes auf. Juno hatte ein Hemd in dieser Farbe getragen.
Freddy stieg ab und näherte sich vorsichtig.
Juno lag auf dem Rücken in einer Blutlache, Fliegen summten schon um die durchtränkten Kleider.
»Mein Gott, sie haben auf ihn geschossen.« Freddy fiel auf die Knie. Die großen dunklen Augen waren tränenfeucht, eine Hand tastete sich langsam auf Freddy zu und umklammerte seine Jacke. Juno murmelte etwas in seiner eigenen Sprache, man konnte das Wort »Claude« heraushören.
»Soll ich Claude holen? Sicher, das tu ich, aber er wird mir die Hölle heiß machen.«
Juno stöhnte. »Claude holen«, wisperte er.
Freddy stand auf. Sicher, er beging eine große Dummheit, konnte den armen Kerl aber unmöglich den Wildhunden überlassen. Ein großer Bursche, den würde er nie in den Sattel bekommen. Versuchen musste er es trotzdem.
Er kniete sich neben ihn. »Kannst du aufstehen? Auf ein Pferd steigen?«
Juno erstarrte, wollte sich bewegen, schüttelte den Kopf.
»Stock, gib mir Stock.«
Freddy brach einen Ast samt Blättern ab und reichte ihn Juno, der sich nun wenigstens vor den Fliegen schützen konnte. Schon galoppierte er die Straße zur Annabella-Farm hinunter, wo Claude den Wagen anspannen und Juno abholen würde. Die Leute auf dem Land kannten sich mit solchen Dingen aus und wussten, was zu tun war.
Claude hörte das Gebrüll von weitem.
Freddy war zurück. Vielleicht hatte er ihm Unrecht getan.
Weitere Kostenlose Bücher