Insel der glühenden Sonne
gut?«
»Du kannst gern hier bleiben und es herausfinden. Ich bin weg. Dank dir. Du hast mich ruiniert.«
»Das ist nicht fair! Es war doch nicht meine Schuld.«
Ruiniert war er tatsächlich nicht, der Notgroschen in der Blechdose war beträchtlich, und ihm gehörten Land, Wagen und Pferde. Aber der Tod seines Freundes hatte Claude tief erschüttert. In den Rücken geschossen! Er hatte vor, den Mord bei der Polizei zu melden. Bis dahin musste er jedoch seinem Zorn Luft machen und griff Freddy an: »Du blöder Taugenichts! Hättest du mir nicht die Pferde gestohlen, wäre das alles nicht passiert! Mein Freund wäre noch am Leben! Ich sollte dich auspeitschen, du Dieb! Du nutzloser Mistkerl …«
Freddy krümmte sich, spürte wieder Junos tastende Hand an seiner Jacke, seinen warmen Atem im Gesicht, hörte ihn stöhnen. Und dann weinte er, weil Claude Recht hatte.
»Du musst dabei sein«, sagte Claude, als er den Wagen auf eine Koppel neben der Polizeiwache in New Norfolk lenkte. »Mit deinen neuen Papieren kann dir nichts passieren. Und denk dran, du heißt Jack Plunkett.«
»Aber wer wird mir glauben? Das waren feine Pinkel.«
»Sie müssen dir glauben, weil ich deine Aussage stütze.«
»Aber er war ein Schwarzer. Die werden dauernd erschossen. Den Bossen ist das egal.«
»Mir aber nicht!«
»Mir auch nicht«, jammerte Freddy. »Ich meine ja nur …«
»Du redest, wenn ich es dir sage. Los, bringen wir es hinter uns.«
Vater und Sohn Plunkett traten an den Tresen, um einen Mord zu melden. Der junge Wachtmeister hörte aufmerksam zu und griff nach dem Meldebuch.
»Wer wurde ermordet?«
»Sein Name war Juno. Vom Stamm auf der Annabella-Station. Alter etwa dreißig. Er wurde von zwei Männern erschossen …«
»Moment, Moment, reden Sie etwa von einem Schwarzen?«
»Ja. Er wurde heute Morgen erschossen. Auf der Straße zum Tierheim. Ich wohne dort.«
Der Wachtmeister grinste. »Wenn die Einheimischen Streit suchen, sind sie meist erfolgreich. Was hatten sie diesmal vor? Einen Überfall auf eine Farm?«
Freddys Blick hieß so viel wie »Ich hab’s dir ja gesagt«.
»Der Ermordete, der Juno hieß, brachte ein Pferd zum Heim, und zwar in meinem Auftrag. Schreiben Sie das bitte mit!«
»Das kann ich nicht hinschreiben, Mister. Das Erschießen von Schwarzen stellt kein Verbrechen dar.«
»Seit wann?«
»Schon immer, und das wissen Sie so gut wie ich, Mister.« Er klappte das Meldebuch zu.
»Tatsächlich?« Claude zog ein kleines Notizbuch aus der Tasche und las einen Zeitungsausschnitt vor, der dort eingeklebt war: »Dies ist eine Ankündigung des Gouverneurs: ›Jede Person, die auf Eingeborene schießt oder sie tötet oder eine Gräueltat oder aggressive Handlung gegen sie begeht, wird dafür vom Obersten Gerichtshof zur Rechenschaft gezogen.‹«
Er funkelte den Wachtmeister an. »Kapiert, Dicker? Oder soll ich es noch einmal vorlesen?«
»Nein, aber …«
»Wie heißen Sie? Ich zeige Sie wegen Pflichtverletzung an!«
Claudes Drohungen verblüfften Freddy, und er wünschte, Singer könnte ihn hören. Er grinste, als der Polizist zum Stift griff und sich die Aussage diktieren ließ.
»Wenn Sie auch nur ein Wort auslassen, beschuldige ich Sie der Nachlässigkeit im Dienst«, warnte ihn Claude.
»Ich versuche es ja, aber Sie sind zu schnell«, protestierte der Wachtmeister.
»Na schön. Noch einmal kurz gefasst: Mein Sohn hier hat gesehen, wie sie Juno gefolgt sind und ihm in den Rücken geschossen haben. Jeder hat einen Schuss abgegeben. Beide haben Jack erzählt, sie hätten ihn erwischt. Und das stimmt, denn er hatte zwei Kugeln im Rücken. Ich selbst kam aus der entgegengesetzten Richtung und sah die schändliche Tat mit an …«
Freddy riss erstaunt die Augen auf, als Claude diese überarbeitete Version der Ereignisse präsentierte.
»Die beiden Mörder blieben nicht einmal stehen, um nach dem Opfer zu sehen, dem armen Schwarzen, der ihnen nicht das Geringste getan hatte. Sie
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