Insel der glühenden Sonne
der Gefangene, der sich den Nacken rieb.
Singer zuckte unauffällig die Achseln. »Lester Harris. Auch ein Sträfling. Schwere Körperverletzung. Offenbar befördert.«
»Jesus, das kann doch nicht wahr sein!«
Als Nächstes stand Forbes beim Arzt an, der die Männer nach ihrer körperlichen Einsatzfähigkeit einteilte. Singers Gruppe erhielt automatisch Zwangsarbeit, worauf man sie in den Schlafsaal mit den unvermeidlichen Etagenbetten führte.
Sein neuer Freund kletterte nach oben. »Ich bin Lucas Grey, und du?«
»Forbes.« Singer hatte nichts gegen das untere Bett einzuwenden. Er sah sich um. In den Saal passten etwa sechzig Männer. Die Mauern waren weiß getüncht, die Fenster hoch oben gelegen und halb geöffnet, an den Wänden hingen Petroleumlampen. Auf jedem Bett lagen eine Strohmatratze, zwei gefaltete Decken, ein Bettvorleger und ein Stück Seife. Alles war sauber und roch nach Schweiß und Phenol.
Man führte sie am Speisesaal vorbei zu den Waschräumen und Latrinen. Die Besichtigung endete in einem überfüllten Hof.
Singer sah sich gelassen um.
»Jeden Tag eine Stunde Hofgang, falls ihr pünktlich von der Arbeit kommt«, verkündete ein Aufseher den Neuankömmlingen. »Danach gibt es Abendessen. Um acht Uhr ertönt die Glocke, es folgt Nachtruhe bis fünf.«
Am Ende des Hofs befand sich ein vergitterter Torbogen. Singer bemerkte, dass einige Männer darauf zusteuerten, und folgte ihnen. Er war fast so nahe, dass er in den Nachbarhof sehen konnte, als er den Schrei hörte, das Zischen der Peitsche und weitere Schreie.
Singer wandte sich abrupt ab und stolperte gegen Lucas, der ihm auf dem Fuß zu folgen schien.
»Jemand kriegt die Katze zu spüren«, sagte er angewidert. Lucas nickte.
»Ja, das ist der Prügelhof. Der Auspeitscher tritt dort jeden Abend um dieselbe Zeit zum Dienst an, um die Gefangenen an die Vorschriften zu erinnern.«
Singer ging kopfschüttelnd weg, um die Schreie nicht hören zu müssen, doch Lucas eilte zum Tor, um dem Auspeitscher bei der Arbeit zuzusehen.
Das Essen im Speisesaal bestand aus Brot und fleischarmem Gemüseeintopf. Während Singer die Pampe löffelte, unterhielt er sich mit seinem Nachbarn.
»Fehlt hier nicht was?«
Der Mann zuckte die Achseln. »Wir kriegen nur jeden zweiten Abend Fleisch, aber beim Frühstück solltest du pünktlich sein. Dafür nehmen sie die Fleischreste, wer zuerst kommt, mahlt zuerst.« Dann fügte er hinzu: »Im Fass da drüben sind manchmal Äpfel, da kannst du dich bedienen. Aber nicht horten. Erwischen sie dich außerhalb des Speisesaals mit Äpfeln, kriegst du den Tisch an der Küchentür, für die Leute mit halber Ration.«
»Danke. Ich heiße Forbes.«
»Jancy. Bist mir schon aufgefallen. Freund von Shanahan, oder?«
Singer nickte und sah sich um. Die »gewalttätigen« Männer waren ein harter Haufen, wirkten beim Essen aber sanft wie Lämmer, die von zwei gelangweilten Aufsehern bewacht wurden.
Nach dem Essen wurden die Neuankömmlinge einzeln aufgerufen und erfuhren, wo sie in der nächsten Zeit arbeiten würden. Forbes war der Eisengießerei zugeteilt worden.
»Du arbeitest in Fußketten, bis du dich bewährt hast.«
Nun, da die Insassen verpflegt waren, ging ein Aufseher durch den Raum und überwachte, was die Männer in ihrer Freizeit taten. Der Unterricht im Lesen und Schreiben hatte begonnen; mehrere Männer flickten ihre grobe Kleidung und die verschlissenen Stiefel; wieder andere unterhielten sich oder schlenderten ziellos umher. Singer bemerkte, dass sich einige in den Schlafsaal zurückgezogen hatten, und begab sich ebenfalls zu seinem Bett. Schon jetzt hatte er genug von Port Arthur und seinen Insassen, sodass ihm Schlafen als geringstes Übel erschien, doch er wurde an der Tür von einem Aufseher gestoppt.
»Geh zum Barbier! Vorschrift! Kurze Haare, glatt rasiert.«
»Wo ist er?«
»Den Flur entlang.«
Erst da fiel ihm die lange Reihe der Männer auf, die darauf warteten, dass man ihnen die Haare schnitt.
Licht aus bedeutet genau das: Alle Lampen bis auf die im kleinen Wachraum am
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