Insel der glühenden Sonne
Sekretär.«
»Und was will er dann mit mir?«
Roberts stellte zwei Porzellanbecher und eine Zuckerschale auf den Tisch. »Es geht nicht darum, was er will, sondern was Sie wollen.« Er hob die Hand. »Nein, Sie lassen mich jetzt ausnahmsweise ausreden. Es wäre die Chance, etwas Sinnvolles aus Ihrem Leben zu machen. Sie laufen ständig herum und spielen den Buschanwalt; jetzt haben Sie die Gelegenheit zu lernen, wie richtige Juristen arbeiten.«
»Ich soll im Büro sitzen? Am Schreibtisch? Nie im Leben!«
»Warum nicht?«
»Dazu fehlt es mir an Grips. Ich würde mich nur lächerlich machen.«
»Sie machen sich erst recht lächerlich, wenn Sie es nicht versuchen. Man braucht für diese Arbeit innere Überzeugung, die Sie sicher haben. Mr. Pitcairn wird Ihnen gefallen, er ist ein anständiger Kerl und einer der Führer der Antideportationsbewegung.«
»Tatsächlich?«, fragte Sean beeindruckt.
»Wusste ich doch, dass Sie das interessieren würde. Ich könnte Sie gleich heute Nachmittag mit ihm bekannt machen.«
»Vielleicht ein anderes Mal.«
»Ich reise morgen ab. Wenn Sie es jetzt nicht wagen, tun Sie es gar nicht.«
»Ich möchte lieber noch darüber nachdenken. Was halten Sie eigentlich davon, mir den Anbau zu vermieten?«
Der Anbau war ein von den Vorbesitzern nie fertig gestellter Wintergarten, bei dem noch die Fenster fehlten.
Der Arzt hatte bereits überlegt, dass es keine schlechte Idee sei, jemanden im Haus zu haben, damit es nicht von Ratten und Opossums überschwemmt wurde. Im Dach gab es schon welche.
»Wo wohnen Sie jetzt?«
»Ich habe ein Zimmer in Majesta’s Tavern. Vorübergehend.«
Dr. Roberts lachte. »Majesta’s Tavern? Ist das keine Absteige mehr wie früher?«
»Doch, aber Majesta hat jetzt einen Freund, der sich für etwas Besseres hält. Der Name Kneipe gefiel ihm nicht, also hat er ein neues Schild über die Tür gehängt.«
Roberts schenkte Kaffee ein. »Wann könnten Sie einziehen?«
»Wäre heute Nachmittag zu früh?«
Sean liebte es, den sternenübersäten Himmel zu betrachten, der sich in solchen Nächten über die südliche Hemisphäre wölbte. Kein Mond stahl ihnen die Schau, kein Wind lenkte von ihnen ab. Er sah den silbernen Strom der Milchstraße und das Sternbild, das als Kochtopf bekannt war, den hellen Stern, der angeblich zum Kreuz des Südens zeigte.
Er erinnerte sich an Matt O’Neill und sein wütendes Gelächter nach der zweiten Auspeitschung … als er so furchtbar gelitten hatte …
Plötzlich begriff Sean, dass er mit dem Arzt reden musste. Warum war er nicht schon früher darauf gekommen? Doch im Haus brannte kein Licht, Roberts schien ausgegangen zu sein.
Egal, er konnte die Zeit auch anders nutzen. Er suchte Schreibzeug und setzte sich hin, um einige wichtige Zeilen zu verfassen.
Nachdem er mehrere Versuche durchgestrichen hatte, weil sie zu militant oder umständlich klangen, fand er schlichte, respektvolle Worte, die auch Matts Eltern gutheißen würden.
Am Morgen passte er Roberts auf dem Weg zum Schiff ab.
»Könnten Sie mir vielleicht einen Gefallen tun? Mein Cousin liegt auf der Insel der Toten begraben, sein Grab hat nur eine Nummer. Seine Eltern wünschen sich einen richtigen Grabstein für ihn, und ich habe das Geld dafür zusammen. Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn Sie den Antrag für mich stellen und den Steinmetz bezahlen könnten.«
Er reichte dem Arzt den Zettel.
Matthew Terrence O’Neill, Alter 24
Gestorben am 4. Juni 1840
Geliebter Sohn von Patrick und Hannah O’Neill
Ruhe in Frieden
Der Arzt las ihn durch. »Gibt es sonst noch etwas, das ich darüber wissen sollte?«
»Nein. Bisher konnte ich es mir nicht leisten, aber jetzt habe ich die fünf Shilling zusammen. Es heißt, die Steinmetze dort drüben seien sehr geschickt. Könnten Sie bitte ein keltisches Kreuz für ihn machen lassen? Das würde Matt gefallen.«
»Wenn es möglich ist, werde ich Ihren Wunsch erfüllen.
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