Insel der glühenden Sonne
Versprochen.«
Allyn war müde. Er hatte am Vorabend noch die Praxis für seine Abreise vorbereitet und Akten eingepackt, als einige Freunde, darunter auch sein neuer Bekannter John Pitcairn, auftauchten, um ihn zu verabschieden. Sie waren mit Weinflaschen, Maryland-Zigarren und Spielkarten gerüstet, und Allyn beschloss, die Arbeit am nächsten Morgen zu beenden.
Er fühlte sich jetzt gar nicht gut, doch ihm blieb keine andere Wahl, als den Rest noch zu erledigen.
Er hatte nichts dagegen, Shanahans trauriger Bitte zu entsprechen, verriet dem widerspenstigen Iren aber nicht, dass er ihn Pitcairn empfohlen hatte.
Er schloss die Tür zur Praxis auf und zuckte zusammen, als er sah, in welchem Zustand sich der ansonsten stets tadellose Raum befand. Er brauchte den halben Morgen, um aufzuräumen und fertig zu packen. Erst da entdeckte er den Brief auf der Fußmatte.
Er hob ihn auf, öffnete das Siegel und stellte überrascht fest, dass er von Miss Harris stammte.
Sie hatte ihm sehr gefallen, als sie einander zum ersten Mal begegnet waren, und er hatte es sogar gewagt, sie und ihre Mutter einmal ins Teehaus einzuladen, wo sie einen überaus angenehmen Nachmittag verbrachten.
Mrs. Harris hatte ihn zu sich nach Hause eingeladen, und er hatte versprochen, zu kommen, sobald es seine Zeit erlaubte. Er hatte sich geradezu darauf gefreut, bis man ihm in Port Arthur den Brief zusteckte und er begriff, wie es um sie stand. Selbst dann hatte er sich einreden wollen, dass es egal sei. Und wenn ihr Vater nun ein Sträfling war?
Das war die Hälfte die Einwohner von Hobart, und viele waren aufrechte Bürger geworden.
Doch Allyn hatte es einfach nicht über sich gebracht, sie noch einmal förmlich zum Tee einzuladen oder auf der Farm zu besuchen. Er schob es immer weiter vor sich her.
Dann kam seine Berufung nach Port Arthur, wo Vater Harris in Haft saß, was einen weiteren Kontakt zu den Damen unmöglich machte. Wenn er nun mit Harris in Verbindung käme? Wie sollte er sich dann verhalten?
Voller Panik sah er den Brief an. Er würde antworten müssen, auch wenn er lieber in Deckung gegangen wäre.
»Verdammt«, murmelte er und schämte sich für seine feige Haltung.
Schließlich kritzelte er eine Nachricht für Mrs. Harris, dankte für die freundliche Einladung, die er leider ablehnen müsse, weil er noch an diesem Tag Hobart verlasse, um eine Stelle in Port Arthur anzutreten.
Er zerriss das Blatt und versuchte es erneut. Diesmal ließ er den Teil mit Port Arthur weg und schrieb stattdessen »anderswo«. Was ziemlich lächerlich aussah.
Letztlich schrieb er dann doch, er begebe sich nach Port Arthur und wünsche ihnen alles Gute. Er steckte den Zettel in die Tasche, wo er ihn vergaß.
Da er mit allem bis zur letzten Minute gewartet hatte, war Allyn nun auf Shanahans Hilfe angewiesen. Der Ire lud die Kisten aus dem Wagen, stapelte sie im Wohnzimmer und verstaute das Gepäck im Wagen. Er versprach, sich um das Pferd zu kümmern und den Wagen unter einer schützenden Plane hinter dem Haus abzustellen.
»Sie müssen jetzt los, sonst verpassen Sie Ihr Schiff«, sagte er. »In Gefängnissen hält man nichts von Unpünktlichkeit.«
»Ich kann meine Arzttasche nicht finden«, knurrte Allyn.
»Sie ist im Wagen. Und jetzt los.«
»Moment, mein Mantel. Wo habe ich den nun hingehängt?«
Er eilte hinein, fand ihn über einem Küchenstuhl, warf ihn über die Schulter und rannte zum Wagen.
»Nehmen Sie einen Hut mit?«
»Sicher!«
Noch einmal zurück.
Dann saß er endlich im Wagen, und Shanahan jagte in halsbrecherischem Tempo zum Hafen hinunter.
»Sie müssen mich nicht gerade umbringen«, beklagte sich Allyn und umklammerte seinen Hut. »So wild bin ich nun auch wieder nicht auf die Stelle.«
»Sieht ohnehin aus, als hätten Sie Ihre Zweifel. Haben den ganzen Morgen getrödelt. Möchten Sie einen Whisky für die Nerven?«
»Nein, weiter!«
Shanahan übernahm die Rolle des Gepäckträgers. An der Gangway wurden sie von einer Person erwartet, die Allyn unbekannt war, ihn aber
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