Insel der glühenden Sonne
gewarnt, dass die Meerenge zwischen Van Diemen’s Land und Melbourne gefährlich sei, sie würden ein zuverlässiges Boot brauchen, aber er hatte nicht mit einer so bedrohlichen, von Misstrauen geprägten Atmosphäre gerechnet.
Wenn er und Freddy ihre Pferde weggegeben hatten, würden sie die Fähre nehmen, um die Gegend schnell zu verlassen. Beide besaßen ordentliche Papiere, demnach würde sie wohl niemanden belästigen. Dann konnten sie in aller Ruhe nach Hobart zurückkehren, neue Reitpferde kaufen, und er würde seinen Freunden nach Norden folgen.
Doch an dieser Stelle endete der Plan. Er hatte geglaubt, die größte Schwierigkeit sei die eigentliche Flucht aus Port Arthur, aber was kam dann? In diesem Moment rollte ein Wagen ans Wasser herunter, wendete und hielt am Fähranleger.
Der Kutscher zündete seine Pfeife an und wartete, bis die Fähre festgemacht hatte und zwei Frauen mit vier Kindern von Bord gegangen waren. Sie stiegen in den Wagen, der sofort davonfuhr.
Offenbar wollte niemand länger als nötig an diesem gottverlassenen Ort bleiben.
Er überlegte. Natürlich könnte er sie auch in normaler Kleidung nach Hobart bringen, doch die Leute würden sich fragen, woher sie kamen.
Und wenn er und Freddy nun außer Sichtweite blieben, während George und Angus zur Fähre ritten? Aber sie würden wohl kaum ihre Tiere zurücklassen.
Zudem gab es in Hobart kein sicheres Haus, in dem sie unterschlüpfen konnten.
»Wo ist das Brot, Kumpel?«, rief Henry ihm schon von weitem zu.
Henry war diesmal besser gelaunt, und sie tranken ein paar Schlucke an Deck. Willem hatte ein Eimerchen mit Austern dabei und schob Henry so viele davon zu, dass dieser ihm Einhalt gebieten musste. Sie aßen Wurst mit Brot, obwohl Henry misstrauisch blieb und den zweiten Laib im Wandschrank einschloss.
Willems Plan für das Gasthaus schien ihn zu interessieren. Wer würde es bauen? Und wo? Wie groß? Wer würde dort arbeiten? Willems Fantasie lief auf Hochtouren, bis Henry die erste Bombe platzen ließ.
»Willem, wenn Sie hier Land kaufen, kommen auch andere, und was wird dann aus uns?«
Willem schaute auf die Ansammlung von Hütten und begriff erst jetzt, dass die Familie gar keinen eigenen Grund und Boden besaß.
»Die schmeißen uns raus! Dabei gefällt es uns hier. Also, Kumpel …« Er sog heftig an seiner Pfeife. »Wenn es nach uns geht, bauen Sie hier kein Gasthaus.«
Willem suchte nach einer passenden Entgegnung. »Aber sicher …«
»Nichts mit sicher. Ich will es mal gut sein lassen, weil Sie ein anständiger Kerl sind. Jedenfalls wissen Sie von Anfang an, dass hier nicht gebaut wird, verstanden?«
»Sind die Markierungen deshalb verschwunden?«
»Die sind da, wo auch das Treibholz landet, kapiert?«
»Ja, und ich bin sehr enttäuscht.«
Henry brüllte vor Lachen.
»Enttäuscht ist er! Sie sind ein ganz feiner Bursche, was, aber Sie kriegen noch einen Rat umsonst. So schick Sie auch aussehen, Ihr harter Blick verrät alles. Mich können Sie nicht täuschen.«
»Worüber?«
»Mit welchem Schiff Sie hergekommen sind. Ich schätze, Sie waren auch mal Gast Ihrer Majestät. Wollen Sie die Stiefel ausziehen?«
»Nein«, knurrte Willem verärgert. Seine Knöchel trugen lebenslange Narben von den Ketten. »Das geht Sie nichts an.«
»Stimmt, Sonnenschein, aber Ihr eigentlicher Plan könnte mich was angehen.«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen. Man wird neue Markierungen setzen, Sie können den Lauf der Dinge nicht aufhalten.«
»Scheiß auf die Markierungen! Ich habe mich schon lange gefragt, wann endlich einer merkt, wie nah wir dem stinkenden Knast da drüben sind. Wissen Sie, warum ich mit meiner Familie hier lebe? Damit ich jeden Tag drauf spucken kann. Ich hab gesagt, dass ich den kaputten Fuß der Tretmühle verdanke, und Sie fragen nicht mal, wo die stand. Aber Sie wissen es, oder?«
»Na und?«
»Sie geben mir, was ich will, und kriegen, was Sie wollen.«
»Und was wollen Sie, Henry?«
»Das Land, auf dem unsere Hütten stehen. Ich will
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