Insel der glühenden Sonne
Shanahan, du brauchst einen ständigen Helfer, er soll dir einen schicken.«
Barnaby ärgerte sich über die ganzen Vorschriften, an die man sich hier halten musste. Zu Hause kaufte man sich die Arbeiter einfach auf dem Markt oder überredete seinen Nachbarn, einen guten Landarbeiter auszuleihen. Hier jedoch musste man betteln, obwohl es genügend Arbeitslose gab. Als Joseph die Freiheit erhielt, hatte Barnaby einen zusätzlichen Arbeiter beantragt und als Antwort erhalten, seine Quote sei erschöpft. Nie im Leben hätte er sich auf seine Beziehungen zu Gouverneur Arthur oder Eliza berufen, doch bei den Franklins lag die Sache anders. Ihr Verhältnis war eher offizieller Natur, sodass er hoffte, Lady Franklin werde ein gutes Wort für ihn einlegen.
Erfreut sah er ihre Kutsche durchs Tor rollen, doch er fand erst Mut, das Thema anzusprechen, als sie fast schon wieder im Aufbruch begriffen war.
»Wollen Sie damit sagen, dass man Ihnen für ein Projekt wie dieses nicht genügend Arbeiter zur Verfügung stellt?«, rief sie mit ihrer tiefen, wohlklingenden Stimme. »Für einen Garten, der der Stolz von ganz Hobart sein wird?«
»Bedauere, Lady Franklin, aber so ist es. Ich bezweifle, ob ich die Vollendung von Warboy’s Walk noch miterleben werde.«
»Ich teile Ihren Unmut voll und ganz, Mr. Warboy.« Sie wandte sich an den Adjutanten, der sie begleitete. »Sorgen Sie dafür, dass Mr. Warboy einen weiteren Gärtner erhält, einen Fachmann. Ich finde es empörend, dass die Verwaltung nicht weiß, wie man gut ausgebildete Sträflinge sinnvoll einsetzen kann. Letzte Woche bat ich um einen Teppichverleger. Eine einfache Bitte, könnte man meinen. Aber nein, man schickte mir einen Metzger und einen Bauern, die noch nie im Leben einen Teppich verlegt hatten. Ach, man hat es nicht leicht auf dieser Insel. Aber Sie sollen Ihren Gärtner haben, Mr. Warboy, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
Also baten sie Zack Herring, ihnen jemanden mit gärtnerischer Erfahrung zu empfehlen, und er schlug Angus McLeod vor.
»Ein guter Mann«, sagte Shanahan später zu ihm. »Ich habe schon lange versucht, ihn zu kriegen.«
Josetta Harris war nicht entgangen, wie Louise den Vorarbeiter ansah, und sie waren noch keine hundert Meter gegangen, als sie ihre Tochter anfuhr: »Ich habe bemerkt, wie du mit Shanahan geflirtet hast. Wie kannst du es wagen, ihm schöne Augen zu machen!«
»Mutter, das stimmt nicht. Ich habe ihn doch nur angelächelt.«
»Zwischen Flirten und Lächeln gibt es einen Unterschied, und den erkenne ich genau. Du kannst nicht mit Männern flirten, die doppelt so alt sind wie du …«
»Er ist nicht doppelt so alt wie ich, höchstens zehn Jahre älter. Und mein Vater ist auch zehn Jahre älter als du.«
»Sei nicht dumm. Du bist noch nicht reif für derlei Dinge – lächelst einen Mann an und denkst schon an Heirat. Halte dich gefälligst von Shanahan fern, verstanden?«
»Wieso denn?«, schmollte Louise. »Willst du ihn etwa für dich haben?«
»Schluss mit dem Unsinn«, fuhr Josetta sie an, doch Louise bemerkte amüsiert, wie rot ihre Wangen geworden waren.
»Warum bin ich überhaupt hierher gekommen?«, jammerte sie. »Ich vermisse meine Freunde. Es war nicht gerade klug von dir, die Farm zu verkaufen. Warum hast du das getan?«
»Das weißt du doch! Dein Vater wollte uns in seiner Nähe wissen.«
Louise runzelte die Stirn. »Ach ja, damit wir auf der anderen Seite der Mauer leben und ihn alle drei Monate besuchen dürfen. Eins sage ich dir, Mutter, nächstes Mal kannst du allein hingehen. Ich hasse es, ihn in dieser furchtbaren Sträflingskleidung zu sehen. Es bricht mir das Herz.«
»Na schön«, seufzte Josetta. Erst gestern hatte sie Post von Lester erhalten, der anscheinend erneut in Schwierigkeiten geraten und nach Port Arthur strafversetzt worden war. Wenn sie wieder mit Louise in der Stadt war, würde sie sich umhören, wie es dazu gekommen war und wo genau sich dieses Gefängnis befand.
Louise lächelte bei sich. Das war ganz schön knapp gewesen! Sie und Sean waren Freunde, seit er an ihrem achtzehnten Geburtstag bei ihnen zu Hause aufgetaucht war. Mr. Warboy litt damals unter einem Gichtanfall und
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