Insel der glühenden Sonne
liebsten nennen würden. Ich meine, wofür wollen Sie ihn nutzen?«, fragte Josetta.
»Ich verstehe Sie nicht ganz, meine Liebe.«
»Na ja … wollen Sie ihn vom Haus aus betrachten oder selbst darin arbeiten, Besucher hindurchführen … was würde Ihnen am besten gefallen?«
»Ach so, ich würde gern darin spazieren gehen, ihn aus jedem Blickwinkel genießen …«
»Dann sollten Sie ihn Barnaby’s Walk nennen«, schlug Louise vor.
Josetta schüttelte den Kopf. »Das klingt nicht prachtvoll genug. Wie wäre es mit Warboy’s Walk?«
»Schon besser. Ja, so werde ich den Garten nennen. Also Warboy’s Walk.«
Nach dem Essen begleitete er sie zum Tor. Shanahan kam ihnen entgegen, trat beiseite und lüftete höflich den Hut, doch Barnaby bemerkte den Blick, den der Sträfling und die junge Frau wechselten.
Wie lange mochte das schon gehen?, fragte er sich. Er musste Josetta warnen, falls Shanahan ein Auge auf ihre Tochter geworfen hatte. Schon der Gedanke, dass sich dieses reizende Mädchen einem Sträfling nähern könnte, widerte ihn an, und er grübelte tagelang darüber nach. Shanahan war der dunkle irische Typ, mit aufrichtigen Augen zwar, aber dennoch ein Krimineller. Dazu Louise mit ihrem liebreizenden Gesicht, den Unschuldsaugen und dem dichten Lockenkopf. Wie konnte sie diesem Mann auch nur einen Blick gönnen? Er war ein Nichts, stand niedriger als jeder Dienstbote.
Je länger er darüber nachdachte, desto wütender wurde er, sodass er Shanahan letztlich selbst darauf ansprach.
»Ich hoffe, du weißt, wohin du gehörst, Shanahan. Lass die Finger von den Damen meiner Bekanntschaft. Du solltest nicht vergessen, dass das Gefängnis dich nur an mich ausgeliehen hat, und jeder falsche Schritt wird dich verdammt schnell dorthin zurückbringen.«
»Mr. Warboy, ich bin mir meiner Situation nur zu bewusst und würde es niemals wagen, die Damen der Gegend aufdringlich anzusehen, schon gar nicht Mrs. Harris. Sie ist eine feine Dame, die ich sehr respektiere. Ich hoffe, sie hat sich nicht über mich beschwert, denn ich kann Ihnen versichern, dass ich nichts Anstößiges beabsichtigt habe.«
Barnaby war sprachlos. Sein Versuch war ins Leere gelaufen. Mrs. Harris! Die hatte er nun nicht gemeint. Josetta war über zehn Jahre älter als Shanahan. Wie konnte der Idiot auch nur einen Moment glauben, dass man ihn verdächtigte, ihr Avancen zu machen?
»Weg!«, knurrte er. »Verschwinde. Und halte dich gefälligst fern, wenn ich Besucher habe.«
»Sir, das letztens war ein Missgeschick.«
»Weg, habe ich gesagt! Und dass so etwas nie wieder vorkommt! Dreh dich gefälligst um, wenn du den Damen noch einmal begegnest.«
»Gute Idee, Sir. Ich werde jede Peinlichkeit vermeiden. Hält man das in Jamaika eigentlich genauso?«
Barnaby stapfte wütend in Richtung Stall. Der Mistkerl musste immer das letzte Wort behalten. Dann fiel ihm ein, dass Lady Franklin gesagt hatte, sie wolle nachmittags auf dem Rückweg von Mrs. Flood vorbeikommen, um sich die Fortschritte seines Gartens anzusehen.
Die Floods waren Barnabys unmittelbare Nachbarn. Ihr Haus lag ein gutes Stück weiter die Straße hinunter, ein übertrieben mit Türmchen und Zinnen bewehrter Bau, der aussah, als rechneten sie mit dem Angriff eines Ritterheers.
Zu ihren Gesellschaften wurde er nie eingeladen. Leutnant Flood und seine Frau legten größten Wert auf sozialen Status und betrachteten den Umgang mit dem Farmer Warboy als nicht standesgemäß, was ihm eigentlich ganz recht war. Manchmal kam es zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Grenzen, da das Land nicht eingezäunt war, und er gab meistens nach, da er nicht auf Streit aus war.
Zack stand mit seiner Schubkarre auf der Koppel und schaufelte Mist für den Garten hinein. »Hör auf damit. Mach dich sauber, Lady Franklin ist bei den Floods und möchte sich gleich meinen Garten ansehen.«
»Da gibt es noch nicht viel zu sehen«, entgegnete Zack missmutig. »Allein schaffe ich es nicht so schnell.«
»Dann hol dir Hilfe.«
»Seit Joseph weg ist, fehlt dort auch ein Mann.«
»Sicher, aber daran kann ich nichts ändern. Sag
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