Insel der glühenden Sonne
machte.
Doch er wollte nichts mit dieser üblen Geschichte zu tun haben, vor allem nicht an diesem schönen Tag.
In seiner Nähe saß ein Mann mit einem langen grauen Bart, der aufblickte, als der gut aussehende Kutscher seinen Herrn zu einem freien Tisch führte und die Kellnerin herbeiwinkte.
Claude Plunkett liebte es, die Leute zu beobachten, es erinnerte ihn ein wenig an alte Zeiten. Er war früher Kammerdiener von Sir James Huxtable in der Park Lane gewesen. Als dessen Frau starb, dauerte es eine Weile, bis Sir James seine Trauer überwand und ein zweites Mal heiratete. Der große Haushalt lief reibungslos weiter, und Claude wäre durchaus zufrieden gewesen, wäre er nicht eines Tages in einem selten benutzten Zimmer auf Lady Huxtable und einen Gentleman in einer eindeutigen Situation gestoßen, worauf er sich rasch und diskret zurückzog.
Natürlich kannte er den Gentleman, hätte aber nie ein Wort über den Zwischenfall verloren. Bedauerlicherweise fing Lady Huxtable jedoch an, sich bei ihrem Mann über Claude zu beschweren. Anscheinend wollte ihn die Dame des Hauses einfach nicht mehr in ihrer Nähe haben und warf ihm trotz seines untadeligen Verhaltens schließlich vor, er habe den Seidenschal eines Besuchers entwendet. Der Schal tauchte nie mehr auf, Claude wurde entlassen, womit er längst gerechnet hatte. Mit dieser Frau konnte er es einfach nicht aufnehmen. Zwölf Jahre treue Dienste, und nun stand er mit leeren Händen da.
Seine Freunde unter den Dienstboten bedauerten ihn, und der Butler schüttelte ihm an der Hintertür die Hand.
»Es tut mir Leid, dich zu verlieren, Claude. Ich fürchte, von nun an müssen wir alle doppelt vorsichtig sein.«
Als sich die Tür hinter ihm schloss, atmete Claude tief die kalte Nachtluft ein und stieg mit gesenktem Kopf die ausgetretenen Stufen hinunter. Er hatte keine Ahnung, wohin er sich wenden sollte. Seit sieben Jahre hatte er in diesem Haus gelebt und es als sein Heim betrachtet.
Ein Polizist wartete vor dem schmiedeeisernen Geländer am Fuß der Treppe. »Sind Sie Claude Plunkett?«
»Ja. Warum?«
»Ich verhafte Sie wegen Diebstahls eines Seidenschals, eines seidenen Regenschirms, der Ihrer Ladyschaft gehört, und eines Jagdhockers, Eigentum von Sir James. Kommen Sie bitte mit, Mr. Plunkett.«
»Das ist nicht wahr! Ich habe nichts gestohlen.«
»Sie wurden doch nicht ohne Grund entlassen.«
»Nein, ich meine ja. Lassen Sie uns mit Sir James sprechen, dann wird sich alles aufklären.«
Es war eine schwache Hoffnung, das war ihm klar. Er würde dabei unweigerlich Lady Huxtable belasten, worauf man ihm wohl erneut die Tür weisen würde.
Er war froh, dass es dunkel war, als ein zweiter Polizist vortrat und ihn mit seinem Kollegen abführte. Die Gerichtsverhandlung war ungeheuer demütigend, man nannte ihn einen Lügner und Dieb und verurteilte ihn zu sieben Jahren Zwangsarbeit in Van Diemen’s Land.
Selbst jetzt trat ihm noch die Schamröte ins Gesicht. Diesen Schock hatte er nie überwunden und verbarg seine Züge bis heute hinter seinem Bart. Als Gefangener war er nur mit gesenkten Augen umhergelaufen und meist für sich geblieben.
Sich an Regeln zu halten, war Claude Plunketts zweite Natur, sein gutes Benehmen Teil seines Charakters, und das erwies sich während der Haft als Vorteil. Nach der entsetzlichen Überfahrt stand er kurz vor einem Nervenzusammenbruch, sodass es eine Gnade war, als man ihm an Land sagte, was er zu tun und zu lassen habe. Und die Behörden empfanden ihn als sanft und fügsam, ganz anders als viele seiner Landsleute, die ungebeugt die Sklavenschiffe verließen und ihre Peiniger wild beschimpften.
Mit siebenundzwanzig Jahren arbeitete er im Stall der Kaserne, erledigte zunächst Hilfsarbeiten und wurde später Pferdepfleger. Die Welt vergaß Claude Plunkett.
Nachdem er seine Strafe verbüßt hatte, erhielt er Papiere, die ihn als freien Mann auswiesen, und er erkundigte sich nach Arbeit.
»Du hast doch eine Stelle, Claude. Du kannst in der Kaserne bleiben.«
»Nein, Sir, ich möchte richtig arbeiten.«
»Ich sehe, du warst mal Kammerdiener.« Der Richter blickte ihn neugierig
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