Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
verschwunden, als ich mit dir schwanger wurde. Ich nehme an, sie sind auf dich übergegangen.«
Elenis Herz fing an zu rasen. Dann stimmte es tatsächlich! Alles, was Leándra herausgefunden hatte. Zeus war ihr Opa!
Und wer war ihr Vater?
Philine kam mit ihrem Papa auf sie zu. Eleni begegnete ihrem Blick.
Ob sie ihren Eltern von der Insel erzählen sollten? Vielleicht konnten sie auf diese Weise etwas herausfinden?
Ich bin euer Geheimnis. Die Insel stieß ein drohendes Zischen aus.
Eleni zuckte zusammen. Auch Philines Augen weiteten sich. Für einen Moment haftete Philines Blick so angestrengt an Elenis Gesicht, als wollte sie um keinen Preis zu der Insel sehen.
»Ich bin Markos, Philines Vater.« Der große dunkelhaarige Mann streckte Eleni die Hand entgegen.
Erst jetzt konnte sie sich wieder rühren und seine Begrüßung erwidern.
Markos lächelte ihr zu. »Vielen Dank für das, was du getan hast, Eleni.«
Aus gutmütigen braunen Augen sah er sie an. Aber unter seinem Lächeln verbarg sich ein trauriger Schimmer.
Eleni senkte verlegen den Blick. Noch nie hatte sich jemand bei ihr bedankt, wenn sie geschlafwandelt war.
Sie räusperte sich, um sprechen zu können. »Das hab ich doch gern gemacht.«
Philines Vater neigte den Kopf zu einem langsamen Nicken – und plötzlich fühlte Eleni das angenehme Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. Vielleicht war ihre sonderbare Fähigkeit doch nicht nutzlos.
K APITEL S IEBEN
D ie Insel blieb, wo sie war. Ein breiter rauchblauer Schatten am Horizont, der sie zu beobachten schien, ganz egal, wo sie waren oder was sie taten.
Das archäologische Team verbrachte den ganzen nächsten Tag damit, die Schäden des Sturms zu beseitigen. Eine Gruppe flickte das Sonnensegel und stellte es wieder auf. Eine zweite Gruppe half Philines Vater dabei, das wassergeflutete Haus aufzuräumen und die Wände vor der Feuchtigkeit zu retten.
Eleni und Leándra halfen Philine, ihre Sachen zu säubern und in der Sonne zu trocknen. Aber manche Dinge, wie ihre Bücher, Fotoalben und Bilder waren verloren.
So manches Mal erkannte Eleni, wie Tränen in Philines Augen glitzerten. Immer wieder spürte sie den Impuls, ihre neue Freundin in die Arme zu nehmen. Aber Philine war so still und in sich versunken, dass Eleni sie nicht aufrütteln wollte.
Irgendwann, als Leándra gerade im Haus war, nahm Philine Eleni an die Hand und führte sie in den Wald. Die Wellen waren offensichtlich bis hierher gerollt, denn das Treibgut, das sie mit sich geschwemmt hatten, ordnete sich wellenförmig auf dem sandigen Boden.
An einem alten, knorrigen Olivenbaum hielt Philine an und lehnte sich gegen den Stamm. »Das ist Mama Olivia , der älteste unserer Bäume.« Sie streichelte über die Rinde und begutachtete den hohlen Baumstamm von oben bis unten. Schließlich stieß sie ein erleichtertes Seufzen aus und umarmte die alte Olivendame.
Neben dem dicken Baum erschien Philine noch kleiner und zarter. Auch ihre helle Haut war an diesem Tag noch blasser als sonst. Vielleicht lag es aber auch an dem weißen langärmeligen Kleid, das sie wie ein Gespenst erscheinen ließ.
Philine wischte sich mit einer verstohlenen Bewegung die Tränen aus dem Gesicht. »Ich bin gerne bei ihr, im Schatten ihrer Zweige.« Sie legte ihre Wange gegen die raue Rinde und streichelte darüber. »Als ich klein war, habe ich sogar geglaubt, dass die Seele meiner Mutter in ihr wohnt.«
Eleni schluckte. Wenn die Seele von Philines Mutter in einem Baum leben sollte – was war dann mit ihrer echten Mutter passiert? Für einen Moment überlegte sie, ob sie nachfragen sollte. Aber sie wagte es nicht.
Philine schniefte. » Mama Olivia lebt noch – und wir leben auch noch. Dann ist es nicht so schlimm, wenn ein paar unserer Sachen zerstört sind.« Plötzlich verblasste das traurige Glitzern in ihren Augen. Sie wischte sich ein letztes Mal darüber und ein sanftes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
Etwas Angenehmes ging von Philine aus, berührte Elenis dunkles Gefühl und legte sich tröstend um ihr Herz. Gleich darauf zog sich das schwere Gefühl aus ihrem Körper zurück. Die traurigen Gedanken und die Bilder von Philines zerstörten Sachen verblassten, und selbst die Insel am Horizont fühlte sich nicht mehr so bedrohlich an.
»Wie machst du das?« Eleni flüsterte.
Philine neigte den Kopf zur Seite. Ein verlegener Schatten huschte über ihr Lächeln. »Deine Gefühle sind jetzt hier drin.« Sie legte die Hand auf ihre Brust. »Sie
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