Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
Art, wie sie sich umarmten , wirkte fast menschlich. Eleni blickte auf den Boden. Es erschien ihr plötzlich nicht richtig, den beiden zuzusehen.
Erst als Makaio sich aus der eigentümlichen Umarmung löste, sah sie wieder hin, gerade rechtzeitig, um mitzubekommen, wie sich der Junge auf die Zehenspitzen stellte und dem Pegasus etwas ins Ohr flüsterte.
Das Pferd schnaubte und nickte mit dem Kopf auf und ab. Es warf einen kurzen Blick zu Eleni, hob den Schweif in einerstolzen Bewegung und trabte mit eleganten Schritten zurück in das Dickicht des Waldes.
Makaio sah dem Tier nach und drehte sich erst wieder zu Eleni um, als das Knacken im Wald verstummt war. »Sie wird deine Freundin für uns suchen und dann zu uns zurückkommen.«
Sie? Dann war der Pegasus eine Stute? Eleni grübelte für einen Moment, bis ihr wieder einfiel, was ihre Mutter darüber erzählt hatte: In der Mythologie hatte es nur einen Pegasus gegeben, und der war männlich und das Reittier von irgendeinem griechischen Helden.
Wenn dieser Pegasus also eine Stute war, dann war es offensichtlich ein Pegasus, der in der griechischen Mythologie nicht erwähnt wurde.
Makaio band einen Lederbeutel von seinem Gürtel los, zog den Korken aus einer Art Flaschenöffnung und trank daraus. Schließlich hielt er ihr den Beutel entgegen. »Möchtest du auch was?«
Eleni bemerkte erst jetzt, wie groß ihr Durst war. Das kleine bisschen Kokosmilch hatte noch lange nicht ausgereicht. Sie nahm den Beutel und probierte von dem Wasser. Es schmeckte erfrischend und kühl. Sie trank den Beutel fast leer, ehe sie ihn an Makaio zurückgab. Gleich darauf hatte sie ein schlechtes Gewissen. Sie wusste nicht, wie lange die Vorräte noch reichen mussten. Schließlich wollte Makaio nicht mehr mit ihr zum Wasser gehen.
Sie konnte nur hoffen, dass kleine Bergbäche eine Ausnahme bildeten.
Makaio hängte den Beutel wortlos zurück an seinen Gürtel. Doch das Schweigen, das von ihm ausging, hatte etwasDüsteres, während er sich wieder aufmerksam im Dschungel umsah.
Eleni konnte es nicht länger aushalten. Sie räusperte sich vorsichtig. »Wie lange wird es dauern, bis deine Pegasus-Freundin zurück ist?«
Makaios Blick haftete noch immer in den Bäumen und wanderte die Lianen entlang, die über ihnen hingen. »Ich denke, dass sie mindestens einen Tag brauchen wird, bis sie die ganze Küste und die Flüsse abgeflogen ist. Aber vielleicht haben wir ja Glück und sie findet deine Freundin schnell.« Er löste seinen Blick von den Lianen und ließ ihn zu einem entwurzelten Baumriesen schweifen, der nicht weit entfernt lag. Dort, wo er gestanden hatte, war ein tiefes Loch in der Erde und die Wurzel bildete eine dichte Wand, durch die das Loch zumindest von einer Seite gut geschützt war.
Makaio deutete darauf. »Aber wir bleiben jetzt sowieso erst mal hier und bauen uns ein Nachtlager.«
»Jetzt schon?« Eleni sah ihn empört an. »Es ist doch gerade mal Nachmittag! Wir müssen weitergehen und Philine suchen!«
Makaio drehte sich langsam zu ihr um. »Heute nicht mehr. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich werde von Mango und Kokosnuss nicht ganz satt. Und da wir jetzt leider ein ganzes Stück von meinem Strand entfernt sind, muss ich mir erst mal einen neuen Bogen bauen, wenn wir in den nächsten Tagen was essen wollen.«
Eleni schluckte. War das sein Ernst? »Heißt das, wir sitzen jetzt hier herum und basteln einen Bogen, während Philine womöglich getötet wird?«
Makaio wurde für einen Moment ganz still. Doch dannzeichneten sich zornige Falten auf seine Stirn. »Deiner Freundin wird es nicht helfen, wenn wir in die falsche Richtung laufen – und ihr wird es nicht helfen, wenn du in ein paar Tagen halb verhungert bist. Ganz abgesehen davon, dass man auf dieser Insel nicht überall in Ruhe schlafen kann. Dieser Platz hier ist gut. Wenn wir jetzt weitergehen, finden wir womöglich keinen geeigneten Ort mehr, bevor es dunkel wird.« Er beugte sich in Elenis Richtung und wurde leise. »Und eins kann ich dir sagen: Wenn es dunkel wird, sollten wir dringend einen Unterschlupf haben!«
Eleni fröstelte. Sie dachte an die Schattengestalten, die sich bei Einbruch der Nacht über der Insel zusammenrotteten. Makaio hatte recht. Wenn es so weit war, wollte sie sich lieber in einem sicheren Unterschlupf verkriechen.
Die nächsten Stunden verbrachten sie damit, die Wurzelhöhle mit Ästen und großen Bananenblättern abzudecken. Sie flochten die Blätter so durch das
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