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Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter

Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter

Titel: Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Ohms
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nur zögernd erzählte. Leándra erkannte das schlechte Gewissen ihrer Mutter in jedem Wort, mit dem sie von ihrem Vater sprach. Aber sie erkannte auch die Liebe, mit der sie sich an ihn erinnerte, und sie fühlte, wie tragisch es für die beiden gewesen sein musste, einander zu verlieren.
    Arjana schien zu erwarten, dass Leándra wütend auf sie sein würde – aber wie sollte sie auf eine Mutter böse sein,die sie liebte, die ihren Vater liebte und die ihre Schwester liebte – und deren einziger Fehler darin bestand, dass sie mit furchtbaren Fähigkeiten geboren worden war? Wer sollte es besser verstehen, als das Mädchen, das schon mit acht Jahren hinter ihrer kleinen Schwester hergeschlichen war, um sie nachts davor zu schützen, von einem Dach zu fallen oder vor ein Auto zu laufen – und die schon damals die gruseligen, prophetischen Worte aufgeschnappt hatte, die manchmal sogar mächtig genug waren, um das Leben von Menschen zu retten.
    Ganz sicher würde Leándra bald schon eine Postkarte an ihren Vater schreiben – aber genauso sicher würde sie bei diesem schrulligen und halbgöttlichen Weiberclan bleiben, mit dem sie aufgewachsen war und den sie jetzt endlich so richtig verstand!
    Immer wieder in dieser Nacht, in der Leándra nicht schlief und stattdessen der Geschichte ihrer Mutter lauschte, heulte sie Rotz und Wasser, um die traurigen Momente der Erzählung zu verdauen. Manchmal versuchte sie, ihre Tränen zu verbergen, und dann wieder hatte es keinen Zweck, ihr Weinen zu verleugnen. Und auch als sie schließlich zu ihrem Haus zurückgingen, schniefte sie noch vor sich hin.
    Während sie die halbe Nacht mit ihrer Mutter auf der Ausgrabungsstätte verbracht hatte, hatte Leándra nicht weiter darüber nachgedacht, ob Eleni vielleicht schon längst wieder im Haus war und schlief. Doch als sie reinkamen und Elenis leeres Bett vorfanden, war es für Leándra nur ein weiterer logischer Schritt in einer unwahrscheinlichen Geschichte. Sie hatte Angst um ihre kleine Schwester, furchtbare Angst, die sie für den Rest der Nacht am Schlafen hinderte. Aber siewusste auch, wie sinnlos es wäre, die Polizei zu rufen. Also starrte sie bis zum Morgengrauen dunkle Löcher in die Luft, dachte über das nach, was ihre Mutter ihr erzählt hatte, und hoffte, dass Eleni stark genug war, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Leándra nahm sich vor, ebenfalls stark zu sein und ihre Angst so weit wie möglich zu verdrängen.
    Auch Arjana und Greta versuchten offenbar, sich keine Sorgen zu machen. Zumindest hatte es beim Frühstück diesen Anschein – und selbst Markos wirkte gefasst, als er ihnen berichtete, dass auch Philine verschwunden war.
    Erst nach dem Mittagessen erwischte Leándra ihre Mutter zusammen mit ihm in der Küche – wie sie sich umarmten und aneinander festhielten, als würden sie vor Angst um ihre verschwundenen Töchter beinahe sterben.
    Leándra huschte schnell wieder aus der Tür hinaus, bevor die beiden sie bemerken konnten.
    Trotz allem arbeiteten Arjana und Markos den ganzen Tag auf der Ausgrabungsstätte, als hätte alles seine Ordnung. Auch Leándra versuchte mitzuhelfen, um sich von ihren Sorgen abzulenken. Doch sie verbrachte den Tag wie in Trance. Die Müdigkeit zerrte von Stunde zu Stunde stärker an ihr und sie bemerkte nur am Rand die verzweifelten Blicke, die Kimon ihr zuwarf.
    Nachdem sie sich am Abend in ihr Bett gelegt hatte, verfiel sie sofort in einen tiefen traumlosen Schlaf.
    Doch nur kurz darauf, so schien es ihr, schreckte sie wieder auf.
    Jemand saß an ihrem Bett!
    Leándra glaubte für einen Moment, dass es Eleni war. Einenkurzen, verwirrten Augenblick lang, war ihre Welt wieder in Ordnung.
    Aber dann erkannte sie die zerzausten Locken im Gegenlicht, die viel kürzer waren als Elenis Haare. Auch das Gesicht war ein anderes.
    »Kimon!« Leándra fuhr auf. »Was machst du denn hier?«
    Kimon saß im Schlafanzug vor ihr, so wie ihre Schwester, wenn sie schlafwandelte. Nur dass er offenbar vom Dorf aus bis hierher gelaufen war.
    »Wo sind sie?«, flüsterte er. »Philine und Eleni – wohin sind sie verschwunden?« Seine dunklen Augen erschienen groß und verstört. Tiefe Ringe zeichneten sich darunter ab, als hätte er ebenfalls seit zwei Nächten nicht mehr geschlafen.
    Wie war er überhaupt ins Haus gekommen? Hatte Arjana nicht abgeschlossen, damit Eleni zurückkehren konnte? Oder war er durch ein offenes Fenster geklettert?
    »Ich weiß nicht, wo sie sind«, flüsterte Leándra zurück.

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