Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
war.
Als sie wieder aufsah, streifte Makaio wie ein gefangener Tiger in ihrem Unterschlupf hin und her. Dunkle Wut spielte auf seinem Gesicht. Schließlich ging er hinaus, kam kurz darauf wieder herein und zog Eleni am Handgelenk auf die Füße. »Komm mit! Ich zeig es dir!« Er führte sie nach draußen, drehte sich zu ihr um und deutete auf seinen gelbschwarzen Fellbeutel. »In dieser Flasche ist Gift! Ein Tropfen davon auf deiner Haut und du bist tot!« Er hob den Arm und zeigte auf die Rinne, die er gestern Abend gezogen hatte. »Sieh, dort! Du hast doch gesehen, dass ich das Gift in die Furche geträufelt habe ...«
Eleni erstarrte. In der Rille rund um ihr Lager wimmelte es von toten Schlangen, winzige grünliche Leiber, die offenbar in einem ganzen Rudel über sie herfallen wollten.
Makaio atmete tief ein und wurde schließlich ein kleinesbisschen ruhiger. »Ich habe immer einen Beutel mit Gift bei mir. Hier im Dschungel findet sich immer jemand, der großen Hunger auf dich hat.«
Eleni senkte den Kopf. »Tut mir leid. Ich wusste das nicht.«
Makaios Haltung änderte sich. »Meine Schuld. Ich hätte dir erklären müssen, warum ich das gestern getan habe.«
Er ließ ihr Handgelenk los, an dem er sie noch immer festgehalten hatte.
Eleni rieb sich über den weißen Abdruck, den seine Hand auf ihrer Haut hinterließ und der sich nur langsam wieder mit Blut füllte.
Makaio wich vor ihr zurück und drehte sich um. Schließlich flüsterte er etwas, von dem sie nur »... besser allein« verstand.
»Ich kann dich gern mal allein lassen«, murmelte Eleni. Sie schlich zu ihrem Unterschlupf, ließ sich auf ihr Lager fallen und wollte sich am liebsten verkriechen, bis der Pegasus zurückkam. Mit einem salzigen Brennen drängten sich die Tränen in ihre Augen. Hastig vergrub sie ihren Kopf in der Ellenbeuge.
Während sie möglichst lautlos in ihren Arm weinte, begriff sie allmählich, was gerade geschehen war: Sie hätte sich beinahe mit Makaios Gift das Leben genommen! Und das nur, weil er lieber brummig vor sich hin schwieg, anstatt ihr zu erklären, dass die durchsichtige Flüssigkeit in Wahrheit das wirksamste Gift war, das es auf diesem Planeten gab.
Ihr hübscher Makaio war offenbar ein vollkommen durchgeknallter Nixenjunge, der sich nicht entscheiden konnte, ob er kleine Mädchen lieber retten, küssen oder essen wollte.
Philine wurde womöglich gerade umgebracht – und sieverschwendete ihre Zeit mit einem verrückten Nix. Am liebsten hätte sie laut geschrien.
»Wir müssen weiter.« Makaio stand plötzlich im Eingang.
Eleni zuckte zusammen. Sie versuchte, ihre Tränen ganz unauffällig in der Ellenbeuge abzustreifen, und richtete sich auf. »Ich dachte, wir warten hier, bis der Pegasus zurückkommt.«
Makaio nickte. »Das dachte ich auch. Aber jetzt müssen wir weiter, schnell!«
Er kam zu ihr, streckte die Hand aus, als wollte er sie schon wieder auf die Beine ziehen.
Eleni sprang auf und wich ihm aus.
Ein betretener Blick erschien in seinen Augen.
Eleni wollte ihn nicht länger ansehen. Sie drängte sich wortlos an ihm vorbei und ging nach draußen.
Lautes Gezeter hallte von Weitem durch den Wald. Sie brauchte einen Moment – aber dann erkannte sie das Affengeschrei weiter unten am Berg.
»Deshalb müssen wir weiter.« Makaio trat neben sie.
»Was? Hast du etwa Angst, dass die Affen uns verfolgen?« Eleni versuchte, spöttisch zu klingen.
Makaio schüttelte den Kopf. »Die Affen verfolgen uns nicht. Aber sie haben Angst vor der Kreatur, die uns verfolgt.«
Eleni schauderte. »Welche Kreatur?« Ein alarmierter Unterton mischte sich in ihre Stimme.
»Ich weiß nicht, was es ist.« Makaio klang ernst. »Aber es zieht eine deutliche Spur durch den Dschungel, genau den Weg entlang, den wir gestern gekommen sind. Schon vorhin, kurz nachdem wir aufgewacht sind, haben die Vögel untenam Fluss Warnrufe von sich gegeben. Seitdem kommen die Rufe immer näher – und jetzt ist unser Verfolger bei den Affen angekommen.«
Eleni versuchte, die aufsteigende Angst runterzuschlucken. Aber sie verklebte sich in ihrem Magen zu einem schwarzen Klumpen. Sie dachte an die Hesperiden, an die dunklen Götterschatten. Ob sie es waren, die sie verfolgten?
»Wir sollten noch ein Stück rennen.« Makaios Blick wirkte noch immer scheu. »Ich würde gern einen größeren Abstand zwischen unseren Verfolger und uns bringen.«
Eleni nickte. Etwas sagen konnte sie nicht.
In der nächsten Sekunde hielt Makaio ihre
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