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Insel der Rebellen

Insel der Rebellen

Titel: Insel der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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nachts besser gar nicht fahren. Ich kann im Dunkeln nicht viel sehen. Aber wenn ich die Chorprobe verpasse, dann werfen sie mich raus, und was hab ich dann noch vom Leben? Wissen Sie, vor zwei Jahren ist mein Mann gestorben, und dann ist mein Kater umgekommen, als ich ihn aus Versehen überfahren habe.«
    »Vielleicht sollten Sie besser an die Seite fahren.«
    Lamonia starrte blind nach links und rechts und glaubte, einen schwachen Lichtschein zu entdecken, der sie an die Augentests erinnerte, bei denen sie ihr Gesicht in eine Maschine hielt und einen Knopf drücken musste, sobald sie ein kleines Licht am Rande ihres Sichtfelds erblickte. Letzte Woche hatte sie den Knopf beliebig und sehr häufig gedrückt, in der Hoffnung, sie könne ihren Augenarzt wieder hinters Licht führen.
    »Ich weiß genau, was Sie tun«, hatte der Arzt gesagt und Augentropfen in Lamonias Pupillen geträufelt. »Glauben Sie bloß nicht, Sie wären die Erste, die das versucht«, fügte er hinzu.
    »Wie wäre es mit einer weiteren Laseroperation?«
    Laut dem Augenarzt bestand keine Hoffnung, Lamonia s nächtliche Sehschwäche zu beheben. Nur ihrem guten Gedächtnis verdankte sie es, dass sie noch allein zurechtkam. Sie wusste genau, wie viele Stufen auf ihre Veranda führten und wo ihre Möbel standen. Am Stoff vermochte sie zu fühlen, welchen Rock oder welches Kleid sie im Dunkeln anzog, aber nachts Auto zu fahren war eine ganz andere Geschichte. Zwar veränderten sich die Straßen der Stadt nicht, aber ihr Gedächtnis nützte Lamonia gar nichts, wenn andere Autos die Spur wechselten oder direkt vor ihr anhielten oder wenn Fußgänger die Straße überquerten. Das alles erklärte sie dem Polizeibeamten, der längst nicht mehr da war.
    »Am besten, Sie leuchten mit Ihrer Taschenlampe dorthin, wo ich parken soll, dann fahre ich zur Seite«, sagte sie, während ein weiterer Hubschrauber dicht über ihrem Kopf dröhnte und seinen Suchscheinwerfer auf den Tatort richtete.
    Sie entdeckte das Licht und hielt darauf zu, dabei fuhr sie zunächst über einen Kantstein und dann über etwas, das unter den Reifen ihres Autos zersplitterte.
    »Was war denn das?«, murmelte sie, während sie eine Bahre rammte, diese in den Fluss beförderte und dann hinten auf einen Krankenwagen auffuhr.
    »Halt! Halt!«, ertönten Stimmen rund um ihren Dodge Dart.
    Lamonia stemmte ihren Fuß auf die Bremse, obwohl ihr Wagen längst stand. Verwirrt und verängstigt schaltete sie den Rückwärtsgang ein, zerriss das Band, mit dem der Tatort abgesperrt war, und fühlte, wie ihr rechtes Hinterrad über einen weiteren Gegenstand fuhr.
    »HALT!« Die Stimmen klangen noch aufgeregter.
    »HALT!«
    Hooter Shook ahnte, dass es sich um etwas Ernstes handelte, als Trooper Macovich mit einem Kofferraum voller Verkehrshütchen und Leuchtsignale auftauchte.
    »Hey! Warum macht ihr denn die ganze Fahrbahn dicht?«, rief Hooter, während Macovich die leuchtend orangefarbenen Hütchen auf die Straße stellte, die sie immer an das Kinderspiel Fang den Hut erinnerten.
    »Das wird 'n Kontrollposten«, informierte Macovich sie, während er die 150 North, eine viel befahrene vierspurige Autobahn, die aus der Stadt führte, mit pulsierenden Leuchtsignalen absperrte.
    Hooter schaute mit einer Mischung aus Interesse und Beklommenheit zu, wie Macovich jede Spur mit einer Wand aus orangefarbenem Plastik und Leuchtfeuern blockierte und nur die Spur Exact Change freiließ und so alle Autofahrer zwang, an ihrem Fenster vorbeizufahren, um ihr das passende Kleingeld in die behandschuhte Hand zu drücken. Sie arbeitete als Mautkassiererin für die Stadt und konnte sich noch gut an die Zeiten erinnern, als sie keine Latexhandschuhe zu tragen brauchte, die ständig von ihren künstlichen Nägeln zerrissen wurden. Heute schienen die Kollegen entsetzliche Angst davor zu haben, die Hände eines Autofahrers zu berühren, dabei waren doch in Wahrheit die Scheine und Münzen viel schmutziger als die Hände irgendeines Fremden.
    Das Geld wurde von Millionen Menschen angefasst. Das wusste Hooter. Es wurde von der Straße aufgehoben und rieb sich in dunklen Portemonnaies und kleinen Geldbörsen an anderem Geld. Münzen klimperten in Hosentaschen, die vielleicht schon lange nicht mehr gewaschen worden waren. Scheine bestanden aus porösem Papier, die Bakterien wie Schwämme aufsogen, und in den örtlichen Stripteasebars stopften Männer Banknoten in spärliche Kleidungsstücke, wo die Scheine direkte n Kontakt mit

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