Insel der Rebellen
heraus, zog die Kappe ab, schrieb ihre Privatnummer auf das Tuch und reichte es dem mexikanischen Jungen.
»Ruf mich an, Süßer, wenn du was brauchst«, sagte sie großmütig. »Ich weiß genau, wie's is, zu 'ner Minderheit zu gehören, und wie die Leute immer das Schlimmste denken.«
»Raus aus'm Auto!«, befahl Macovich dem illegalen Einwanderer. »Langsam aussteigen und schön die Hände oben behalten!«
Cruz Morales trat das Gaspedal durch und durchbrach mit quietschenden Reifen die Absperrung, woraufhin die Warnlichter und der Alarm angingen, denn er hatte natürlich keine Zeit gehabt, die drei Quarter einzuwerfen.
»Scheiße!«, rief Macovich, lief zu seinem Auto und suchte während des Laufens im Uniformgürtel nach seinen Schlüsseln.
Er sprang in den Wagen, schaltete Licht und Sirene an und raste auf der Interstate davon.
Ein bisschen erinnerte er Hooter an einen grellen, flackernden Weihnachtsbaum. Sie kehrte in ihr Aluminiumhäuschen mit dem einbruchsicheren Münzeimer aus rostfreiem Stahl zurück und schloss die Tür hinter sich. Der endlose Strom der Scheinwerfer setzte sich in Bewegung und kam träge auf sie zu. Sie hoffte, die Leute würden nach der Wartezeit nicht allzu schlecht gelaunt sein.
»Was zum Teufel ist denn los?«, fragte der Erste, der Fahrer eines Pick-up. »Hätt ich noch 'n Augenblick länger dagesessen, wär ich nur noch ein Skelett gewesen.«
»Dann hätt die hübsche junge Dame, die zu Hause auf dich wartet, leider nich mehr viel von dir«, zog ihn Hooter lächelnd auf. »Aber der Regenbogenaufkleber is cool.« Sie deutete auf seine Windschutzscheibe. »Die sieht man jetzt immer häufiger, als würden sich die Leute auf die guten Seiten konzentrieren und mehr Hoffnung haben. Ich glaub, ich hol mir auch so 'n Regenbogen und kleb ihn mir aufs Häuschen.«
Der Fahrer beugte sich vor und öffnete sein Handschuhfach.
»Hier.« Er reichte ihr einen ganzen Stapel Regenbogenaufkleber.
»Bedien dich ruhig, meine Hübsche.«
»Sehen Sie«, sagte Hooter zur nächsten Fahrerin, nachdem der Pick-up mit dem Regenbogenaufkleber davongebraust war, »so isses, wenn man nett is zu den Leuten, dann steckt das an wie Bakterien, nur dass man vom Nettsein nich krank wird.« Sie streckte ihre Hand aus und nahm einen Dollarschein von Barbie Fogg entgegen.
»Ich weiß, warum all diese Autos angehalten haben«, sagte Barbie. »Haben Sie von dem Mann gehört, der da drüben am Fluß in Flammen aufgegangen ist? Si e bringen's schon die ganze Zeit im Radio.«
»Ach je!« Hooter gab ihr einen Quarter zurück und warf 75 Cents in den Münzeimer. »Ich hab hier kein Radio in mein' Häuschen, weil ich nie Zeit hab zuzuhören. Was is denn passiert, Süße?«
Autos begannen zu hupen und verwandelten die Interstate in einen endlosen Schwarm von Kanadagänsen.
»Die Polizei rückt nicht mit der Sprache raus. Aber es wird sicherlich morgen in der Zeitung stehen«, erwiderte Barbie. »Das Problem ist nur, dass ich keine Zeitung krieg, also werd ich nie erfahren, was passiert ist.«
»Dann komm einfach morgen wieder hier vorbei«, sagte Hooter wichtig. »Ich les immer die Zeitung, bevor ich zur Arbeit fahr. Ich erzähl dir dann alles. Wie heißt du , Süße?«
Sie tauschten ihre Namen aus, und Hooter reichte ihr einen Regenbogenaufkleber.
»Den klebst du dir auf dein' Minivan, und dann lächeln alle, wenn du vorbeifährst, und dann kriegense 'n bisschen Hoffnung«, versprach Hooter.
»Oh, vielen Dank!« Barbie war gerührt und erfreut. »Das mach ich gleich, wenn ich nach Hause komm.«
NEUNZEHN
Wie ein nebliger Heiligenschein hing der Zigarrenrauch über dem Kopf des Gouverneurs, als er die Spitze seines Glücksqueues mit Kreide bearbeitete und zu erkennen versuchte, welches die gestreiften Kugeln auf dem roten Filz waren. Den Tisch hatte Thomas Jefferson aus Frankreich mitgebracht, wenigstens hatte Maude das behauptet, nachdem sie ihn bei eBay entdeckt hatte. Alle paar Minuten kam einer der Trooper in das Billardzimmer, um den Gouverneur über den neuesten Stand der Dinge zu unterrichten. Die Neuigkeiten trugen nicht gerade zu seiner Aufheiterung bei.
Bei der Kontrolle der Fahrzeuge an den Mautstationen hatte man lediglich ein einziges Auto mit New Yorker Nummernschildern entdeckt, und der Fahrer, eindeutig hispanischer Herkunft, war geflohen. Man hatte ihn bis jetzt noch nicht gefasst, war aber sicher, dass der Mann -vermutlich der grässliche Serienkiller - die Stadt in nördlicher Richtung
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