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Insel der Rebellen

Insel der Rebellen

Titel: Insel der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sie her.
    »Wie konnten Sie so etwas Hirnloses tun?«, herrschte Hammer sie an. »Und was zum Teufel ist ein Pseudowriter?«
    »Oh!« Windy war begeistert, aber auch ein wenig betroffen über Hammers Wutanfall. »Sie müssen mich im Radio gehört haben. Keine Sorge, ich habe ja nur gesagt, dass ich Windy heiße, und nicht meinen Nachnamen oder wo ich arbeite. Was für ein Pseudowriter? Ach ja. Sie wissen schon, wenn man jemanden anders hat, der heimlich für einen schreibt, weil man selbst nicht so gut schreiben kann.«
    »Da haben Sie mal wieder was verwechselt«, sagte Hammer mit unterdrückter Wut in der Stimme, während sie vor Windys Schreibtisch auf und ab marschierte und sich dann entschloss, die Außentür zu schließen. »Es heißt Ghostwriter und Pseudonym! Habe ich nicht schon genug Ärger mit dem Gouverneur, ohne dass Sie in der verdammten Radiosendung anrufen und ihn bezichtigen, Trooper Truth zu sein?«
    »Woher wissen Sie, dass er's nicht ist?« Gelassen frischte Windy ihren Lippenstift auf.
    »Es geht nicht darum, ob ich etwas weiß oder nicht weiß, sondern um Indiskretion und Instinktlosigkeit, Windy.«
    »Ich wette, Sie wissen, wer Trooper Truth ist«, sagt e Windy mit gespielter Naivität und klimperte mit ihren dick getuschten Wimpern. »Kommen Sie. Sagen Sie's mir. Ich verwette mein letztes Hemd, dass Sie genau wissen, wer er ist. Ist er süß? Wie alt ist er? Ein Single?«
    Bisher hatte Hammer sich kaum Gedanken darüber gemacht, wie es wohl wäre, wenn sie gefragt würde, ob sie wisse, wer Trooper Truth sei. Es war nicht ihre Art zu lügen, es sei denn, eine Verhaftung oder ein Geständnis hing davon ab, oder sie packte für eine Reise, versteckte die Koffer und versprach Popeye, sie sei gleich wieder zurück. Warum Hammer ausgerechnet in diesem Moment an Popeye dachte, war schwer zu sagen, doch die Erinnerung an ihren geliebten Boston Terrier, der ihr diesen Sommer gestohlen worden war, machte Hammer schwer zu schaffen und zwang sie, in ihr eigenes Büro zurückzukehren, wo sie die Tür hinter sich schloss und tief durchatmete. Langsam stiegen die Tränen in ihr auf.
    »Hammer«, meldete sie sich knapp, als ihr Privattelefon läutete.
    »Ich bin's, Andy.«
    Sie verstand ihn kaum und schnäuzte sich vernehmlich, während sie sich zur Ruhe zwang.
    »Die Verbindung ist sehr schlecht«, sagte Hammer. »Sind Sie auf der Insel?«
    »Roger. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass wir um null achthundert gelandet sind ... Ich befinde mich auf der Janders Road. Dachte, die sei gut ... nicht so stark befahren wie ... und ... blöd ... wen kümmert's ...?«
    »Die Verbindung wird schlecht, Andy«, sagte Hammer. »Und wir müssen über den Artikel von heute Morgen reden. Der ist doch unmöglich! So kann das nicht weitergehen. Hallo? Hallo? Sind Sie noch da?«
    Die Leitung war tot.
    »Verdammt«, murmelte Hammer.
    Auf Tangier Island hatte man so gut wie nirgends Empfang. Kaum einer von den Fischern hier tummelte sich im Internet oder kümmerte sich um Trooper Truth. Aber keinem der Inselbewohner war entgangen, dass vor einer Stunde ein Hubschrauber der State Police von der Bucht her hereingedonnert und auf dem Flugplatz gelandet war. Ginny Crockett zum Beispiel hing seither am Fenster und ließ sich nichts entgehen. Nur einen Augenblick lang hatte sie die Augen abgewandt, um ihre Katze Sookie zu füttern, und als sie wieder ins Wohnzimmer ihres sauberen, rosafarbenen Hauses zurückkehrte, sah sie einen Trooper in seiner grauen Uniform mit dem großen Hut eine breite, strahlend weiße Linie auf den brüchigen Asphalt der Janders Road malen. Der rätselhafte Streifen begann genau vor dem What Not Shop jenseits des Unkrauts, das sich durch den Straßenbelag zwängte, und führte direkt zum Familienfriedhof in Ginnys Vorgarten.
    Wasser strömte kalt in die drei Stahltanks ihrer Krebszucht, die unmittelbar hinter der Veranda im Schatten der Holzapfelbäume standen. Peeler - wie die Blaukrabben, die von ihrer Größe her stattliche Krebse sind, in der Zeit heißen, in der sie ihre Schalen abwerfen -hatten gerade keine Saison und würden deshalb auch für den Rest des Jahres keine Touristen mehr mit vorwurfsvollen Teleskopaugen anstarren. Das hielt Ginny jedoch nicht davon ab, ein Schild aufzuhängen und den Touristen einen Quarter für einen Blick auf Big Jimmy abzuknöpfen, den sie in einem der Tanks hielt. Tatsächlich hatte ihr das gewaltige Exemplar bisher schon zwanzig Dollar und fünfzig Cents eingebracht.

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