Insel der Rebellen
von Landrechten, die bis ins Jahr 1670 zurückreichen. Nach einer unbestätigten Tangier-Legende hat sich John Crockett 1686 auf einem Hügel der Insel angesiedelt, dort Kartoffeln, Rüben, Birnen und Feigen angebaut und neben seinen Rindern auch acht Söhn e aufgezogen. Die Insel erlebte eine Zeit wirtschaftlicher Prosperität und erregte während der Amerikanischen Revolution die Aufmerksamkeit der Kriegsparteien. Die Briten verlangten von den Inselbewohnern Nachschubgüter, während Virginia eine Blockade über die Insel verhängte und Thomas Jefferson, der damalige Gouverneur, massive Drohungen ausstieß.
In der Zwischenzeit holten sich die Seeräuber, was sie wollten, brannten bei ihren Raubzügen das Haus eines Inselbewohners namens George Pruitt nieder und terrorisierten die Insulaner, die zu wenige waren, um sich zu wehren, und überdies keine Waffen besaßen. Als ob das noch nicht schlimm genug gewesen wäre, nahmen die Briten noch einen Jungen namens Joe Parks II gefangen, verschleppten ihn und zwangen ihn zum Militärdienst, woraufhin sich alle jungen Männer auf Tangier Island verstecken mussten. Was blieb den Inselbewohnern unter diesen Umständen anderes übrig, als offen mit dem Feind Handel zu treiben? Jedenfalls war es besser, als sich Ernte, Eigentum und Verwandte rauben zu lassen, und so begannen sie, Waren an Briten, andere Amerikaner und Piraten zu verkaufen, wobei sie ganz einfach die Flagge der Macht hissten, die gerade auf der Insel war. Diese Überlebenstechnik hat die Jahrhunderte überdauert und ist für mich die Erklärung dafür, weshalb die Bewohner von Tangier Island heute die Touristen auf der Insel dulden und ihnen Krebsküchlein, T-Shirts, Souvenirs, Taxifahrten in Golfcarts und Fehlinformationen feilbieten.
Liebe Leser, ich bitte Sie im Namen der Nächstenliebe, mir zu helfen. Falls jemand von Ihnen irgendeine zweifelhafte oder schlechte Zahnbehandlung von einem gewissen Dr. Sherman Faux aus Reedville erhalten hat, schicken Sie mir bitte umgehend eine E-Mail. Und sollte irgendjemand zufällig etwas über den Verbleib eine s weiblichen Boston Terriers namens Popeye wissen, so möge er mir bitte ebenfalls rasch Bescheid geben. Wie der Zahnarzt wurde auch der Hund verschleppt und wird möglicherweise irgendwo gefangengehalten. Doch anders als der Zahnarzt hat Popeye niemandem etwas zuleide getan oder jemanden übervorteilt. Falls Sie Informationen über dieses oder andere Verbrechen haben - vor allem Hinweise auf die entsetzliche Ermordung von Trish Trash -, dann setzen Sie sich bitte mit mir in Verbindung.
Passen Sie gut auf sich auf!
NEUN
Major Trader kauerte über seinem Keyboard wie ein Truthahn, als Trooper Truths neuester Artikel genau um drei Minuten nach sieben an diesem Mittwochmorgen auf seiner Website erschien.
»Was ist das denn für ein Unsinn?«, rief Trader laut, obwohl er allein war. »Böse Sache, mein lieber Trooper Truth. Wir werden ja sehen, ob du so einfach in der Geschichte des Staates Virginia herumstochern und deine Leser zu Komplizen machen kannst!«
Trader biss in einen Marmeladen-Doughnut und wischte seine wurstigen Finger an seinem Flanellpyjama ab, während sich seine Frau in der Küche zu schaffen machte und mit den Töpfen klapperte, als sie in einem überfüllten Küchenschrank nach der Bratpfanne suchte.
»Musst du so einen Lärm machen?«, brüllte Trader aus seinem Büro von der anderen Seite des Hauses, das für ihn und seine Frau ein reines Renditeobjekt war und das sie demnächst mit sattem Gewinn zu verkaufen gedachten.
Trader hatte ein gutes Händchen für Investitionen und es in den letzten Jahren zu einem hübschen Bankkonto gebracht. Seine Vorgehensweise war einfach. Er kaufte ein Grundstück in einer exklusiven Wohngegend, in der keine reinen Renditeobjekte gestattet waren. Dann baute er dort ein Haus, lebte ein Jahr lang in dem Objekt und verkaufte es mit der Begründung, seine Arbeit für den Gouverneur verlange sowohl Privatsphäre als auch Sicherheit und beides sei aus irgendwelchen Gründen nicht gewährleistet, weshalb er ausziehen müsse. Zwar durchschauten die Nachbarn seinen Schwindel, konnten es ihm aber nie nachweisen, obwohl die zehn Häuser, die e r bisher verkauft hatte, alle Kennzeichen solcher Objekte aufwiesen. Beschwerdebriefe der Nachbarschaftsvereine waren ergebnislos geblieben, und dieses profitable Vorgehen war bei Trader inzwischen regelrecht zur Sucht geworden.
Er hatte eine Schwäche fürs Umziehen.
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