Insel der Sehnsucht, Insel des Gluecks
schützendes Ölzeug und ging an Deck, um dem Kapitän noch letzte Anweisungen zu geben.
"Ich habe ihm gesagt, er solle nach Piräus weiterfahren", erklärte er Chloe, als sie von Bord gingen. "Der Hafen hier bietet nicht genügend Schutz, wenn der Sturm noch schlimmer wird." Er stieß eine Verwünschung aus, als eine Windböe ihnen den Regen ins Gesicht peitschte, und Chloe drängte sich fröstelnd an ihn. Ihre Bluse war bereits völlig durchnässt, doch Chloe jammerte nicht. Auf keinen Fall wollte sie sich nachsagen lassen, sie habe versucht, Leon davon abzuhalten, nach Marisa zu suchen.
Leon half ihr schweigend in den Jeep, setzte sich vorn neben Spiro und schlug die Tür zu. Der offene Wagen bot keinen Schutz gegen den Sturm, so dass Chloe tropfnass und durchgefroren war, als sie die Villa erreichten.
Da sie wusste, dass Leon keine Zeit verlieren wollte, langte Chloe nach dem Türgriff, sobald der Jeep zum Stillstand kam.
Doch ihre Finger waren so taub, dass sie ihr nicht gehorchten.
Leon musste aussteigen und ihr die Tür aufhalten. Als Chloe versuchte aufzustehen, versagten ihr die Beine, und sie fiel Leon praktisch in die Arme. Er hob sie hoch und trug sie zum Haus.
Im Vorbeigehen sah Chloe noch das besorgte Gesicht der Haushälterin. Dann war Leon schon auf der Treppe und trug sie hinauf ins Schlafzimmer. Dort legte er Chloe aufs Bett und verschwand im Bad. Sekunden später war er zurück, zog ihr die nassen Sachen aus und rieb ihre von Kälte tauben Glieder mit einem dicken, warmen Badetuch ab.
"Verdammt!" fluchte er dabei. "Arme Chloe! Ich hatte ganz vergessen, dass du keine warme Kleidung dabeihattest."
Chloe beobachtete ihn mit halb geschlossenen Augen. Seine Bemühungen brachten nicht nur Leben in ihren durchgefrorenen Körper, sondern riefen auch die Erinnerung an die Leidenschaft wach, die nur Stunden zuvor zwischen ihnen entflammt war.
Leon spürte, wie sie auf seine Berührungen reagierte, und hielt inne. "Chloe", flüsterte er, beugte sich über sie und küsste sie innig. "Ich muss fort!" Er befreite sich aus ihrer Umarmung.
"Bitte, Chloe, ich würde fast alles darum geben, jetzt bei dir bleiben zu können, aber ich muss fort!"
Nachdem Leon sie allein gelassen hatte, ging Chloe ins Badezimmer und ließ sich ein heißes Bad ein. Sie hatte die Wanne gerade wieder verlassen, als sie jemand im
Schlafzimmer hörte. Rasch zog sie sich ihren Morgenmantel an und öffnete die Tür. Gina hatte ein Tablett mit heißer Suppe und frischen Brötchen hereingebracht und stellte es auf den Tisch.
"Der Kyrios meinte, Sie sollten etwas Warmes essen", sagte sie scheu, ging zu den Fenstern und zog frösteln die Vorhänge zu. "Dieser Sturm ist schlimm. Ich habe Kyria Marisa gewarnt, es sei nicht klug, auszugehen, aber sie wollte nicht auf mich hören. Der Wind wirkt auf manche Menschen so, als könnten sie seinem Ruf nicht widerstehen. Manche Leute sagen, der Wind sei die Stimme der Furien, die törichte Menschen in den Tod locken."
"Unsinn!" tadelte Chloe das Mädchen schärfer als beabsichtigt. Gina war ein einfaches Inselgeschöpf und sicher mit solchen Geschichten aufgewachsen. "Es tut mir Leid, Gina", entschuldigte sie sich sofort. "Der Wind scheint auch mich nicht unbeeindruckt zu lassen."
"Die Kyria braucht sich keine Sorgen zu machen", tröstete Gina sie. "Dem Kyrios wird nichts passieren."
Gegen Morgengrauen fiel Chloe in einen unruhigen Schlaf, aus dem sie durch aufgeregte Stimmen vor ihrer
Schlafzimmertür geweckt wurde. Das Bett neben ihr war leer.
Offenbar war Leon noch nicht zurückgekommen. In angstvoller Vorahnung sprang sie aus dem Bett und eilte zur Tür.
Draußen standen Spiro und Gina, deren besorgte Mienen nichts Gutes verhießen.
"Was ist mit meinem Mann?" fragte Chloe angstvoll. "Ist er...?"
"Dem Kyrios geht es gut", beruhigte Spiro sie. "Aber die Kyria Marisa ..." Er schüttelte bedrückt den Kopf.
"Hat man sie immer noch nicht gefunden?"
"Doch, ja, aber es geht ihr nicht gut", berichtete Spiro. "Sie war in einer Höhle am Fuß der Felsenklippen vom Wasser eingeschlossen. Der Kyrios hat sich zu ihr abgeseilt und ist bei ihr geblieben, bis wir sie bergen konnten."
"Wo ist er jetzt?" Chloe atmete erleichtert auf, als sie Leons Stimme unten in der Eingangshalle hörte. Sie eilte zur Treppe und blickte nach unten. Leon stand in der Halle und trug Marisa auf den Armen. Sein Gesicht war aschfahl vor Erschöpfung. Er sah Chloe oben an der Treppe stehen, und seine Augen leuchteten
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