Insel der Sehnsucht, Insel des Gluecks
gerührt. "Das war sehr großherzig von dir, Chloe, aber ich habe auch nie an deiner Großherzigkeit gezweifelt. Ich habe dir doch erzählt, dass Marisas Mutter gestorben ist, als Marisa zwei Jahre alt war?" Chloe nickte und lehnte sich an seine Schulter. "Nicht erzählt habe ich dir, dass sie Selbstmord begangen hat. Sie war immer etwas labil gewesen, aber nach Marisas Geburt wurde es schlimmer. Mein Vater versuchte verzweifelt, es als eine gewisse Überspanntheit hinzustellen, aber es war viel ernster. Und schließlich ging sie ins Meer, als Marisa gerade zwei geworden war. Als mein Vater nur wenige Monate später im Sterben lag, musste ich ihm versprechen, dass ich immer für Marisa sorgen würde. Er hatte Angst um sie, verstehst du? Angst, dass sie die Labilität ihrer Mutter geerbt haben könnte."
Leon atmete tief ein. "Ich dachte, sie wäre dem entkommen.
Sicher, da gab es diese Wutausbrüche und hysterischen Szenen, aber ich redete mir ein, alle Teenager wäre eben schwierig.
Auch nach unserer Heirat, nachdem du mir gesagt hattest, Marisa habe deine Fehlgeburt verschuldet, weigerte ich mich, die Wahrheit zu sehen. Vielleicht war ich nicht stark genug, um ihr ins Auge zu blicken. Ich wusste, dass Marisa eifersüchtig auf dich war, und dachte - verzeih mir -, dass du vermutlich genauso eifersüchtig auf sie wärst. Du warst noch so jung, und ich hatte dich so überstürzt zu dieser Ehe gedrängt, weil ich Angst hatte, dich sonst an einen anderen zu verlieren. Aber du warst noch so furchtbar jung ... Ich wagte nicht, dir das Ausmaß meiner Liebe zu zeigen, weil ich fürchtete, dich zu erschrecken. Statt dessen hoffte ich, du würdest allmählich lernen, mich genauso zu lieben."
Chloe lauschte überrascht seinen Worten. Sie konnte kaum glauben, dass ein Mann wie Leon, der ihr immer so selbstsicher und unüberwindlich erschienen war, von derartigen Selbstzweifel geplagt worden war ... genau wie sie selbst. Hatte er wirklich nicht gewusst, dass sie sich genauso auf den ersten Blick in ihn verliebt hatte wie er sich in sie?
"Als du mich verlassen hast", fuhr er jetzt leise fort, "habe ich mich dafür verwünscht, dich fortgetrieben zu haben. Mein Stolz hielt mich zunächst davon ab, dir zu folgen. Aber schließlich wurde die Sehnsucht stärker als der Stolz, und ich legte mir einen Plan zurecht, um dich zurückzuholen. Dabei redete ich mir ein, es sei mein gutes Recht, von dir den Sohn zu fordern, den du mir gestohlen hattest, doch im Grunde ... wollte ich nur dich, Chloe. Als Marisa mir sagte, du hättest mich nur meines Geldes wegen geheiratet, verlor ich wohl für kurze Zeit den Verstand.
Sie hat uns beide nur zu leicht getäuscht, vielleicht weil keiner von uns den anderen wirklich in sein Herz hatte blicken lassen."
Leon seufzte tief. "Ich hätte ihre Intrigen vermutlich ahnen müssen. Nachdem du mich verlassen hattest, war sie zunächst seltsam überdreht, aber nach einer Weile wurde sie wesentlich ruhiger und ausgeglichener. So ruhig, das ich glaubte, es riskieren zu können, mich nach einem geeigneten Ehemann für sie umzusehen - jemand wie Nikos, ein guter, sanftmütiger Mensch. Mir war nicht klar, dass ein Ehe mann das Letzte war, was Marisa wollte! Sie benahm sich auf Eos so hysterisch, dass ich anfing, mir ernsthaft Sorgen um sie zu machen - deshalb wollte ich auch unbedingt so schnell wie möglich nach Eos zurück, als ich hörte, dass sie vermisst wurde.
Endlich gestand ich mir ein, dass sie eben nicht so stabil war, wie ich mir eingeredet hatte. Allerdings hätte ich auch da noch nicht im Traum daran gedacht, dass sie dir tatsächlich erzählt hatte, sie und ich seien ein Liebespaar. Als sie, bevor du und ich von Eos abfuhren, von mir forderte, ich solle die Versöhnung mit dir aufgeben, hielt ich sie einfach nur für hysterisch.
Trotzdem war mein erster Gedanke, als ich hörte, sie würde vermisst, dass sie etwas sehr Unüberlegtes getan haben könnte.
Bis ich ihre Jacke in den Felsen hängen sah. Da wusste ich, dass die ganze Sache nur ein Trick gewesen war, um meine Aufmerksamkeit von dir auf sie zu lenken. Nur der wahre Grund war mir immer noch nicht klar. Und dann sagtest du mir plötzlich, dass du doch nicht bei mir bleiben könntest. Ich hatte kein Recht, dich gegen deinen Willen festzuhalten, und musste dich gehen lassen."
Er schwieg einen Moment, ehe er bewegt fortfuhr: "Als Christina Kriticos mir erzählte, sie habe dich in London getroffen und du hättest ihr gesagt, dass du mich
Weitere Kostenlose Bücher