Insel der Sehnsucht, Insel des Gluecks
Schock über Marisas unerwartetes Erscheinen saß tief, und sie sehnte sich nach Leons tröstlicher Umarmung. Doch stattdessen eilte Leon Marisa hinterher.
Weshalb? fragte Chloe sich unglücklich. Um sie zu beruhigen, dass das, was sie unabsichtlich gesehen hatte, nichts bedeutete?
Als Leon eine Stunde später ins Schlafzimmer kam, lag Chloe bereits im Bett. "Geht es Marisa besser?" fragte sie höflich.
"Soweit ich es beurteilen kann. Sie war völlig hysterisch.
Deshalb habe ich Dr. Livanos angerufen, und er meinte, es sei besser, sie erst einmal hier zu behalten. Meine Güte, bin ich müde!" Er massierte sich mit einer Hand den verspannten Nacken.
"Leon, ich muss mit dir über Marisa sprechen ..." "Bitte, nicht jetzt. Morgen ... wir werden morgen darüber sprechen. Jetzt möchte ich nur noch schlafen."
Und genau das tat Leon auch, während Chloe neben ihm wach lag und nicht mehr wusste, was sie glauben sollte. In Leons Armen war es leicht, alles andere zu vergessen, aber sie konnte nicht den Rest ihres Lebens damit verbringen, ihre Unsicherheit und Angst zu verdrängen.
Chloe wachte auf und brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sie allein im Bett war. Vergeblich tastete sie nach Leon. Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah sie, dass auf seiner Seite die Bettdecke zurückgeschlagen war. Ein Blick auf den Wecker verriet ihr, dass es drei Uhr früh War. Von namenloser Furcht befallen, stand sie auf und ging zur Tür.
Wie eine Schlafwandlerin ging Chloe den dunklen Flur entlang. Ein schmaler Lichtschein unter Marisas Zimmertür ließ sie anhalten. Drinnen im Zimmer waren Stimmen zu hören.
Ganz langsam griff Chloe nach der Klinke und öffnete leise die Tür.
Leon saß auf dem Bett, mit dem Rücken zur Tür, und hielt Marisa in den Armen. Sie hatte sich eng an ihn geschmiegt. Bei diesem Anblick wurde Chloe schlecht. Halt suchend tastete sie nach dem Türrahmen.
"Versprich mir, dass du mich immer lieben wirst, Leon", flehte Marisa leidenschaftlich. "Versprich mir, dass du sie wegschickst. Ich könnte es anders nicht ertragen. Ich möchte, dass es wieder so wird wie früher ... nur du und ich ..."
Leons Antwort konnte Chloe nicht verstehen, doch sie sah, wie Marisa die Lippen auf seine Wange drückte, und machte die Tür so schnell wie möglich wieder zu. Irgendwie schaffte Chloe es zurück in ihr Schlafzimmer. Sie zitterte am ganzen Leib.
Wie hatte sie nur so dumm, so naiv sein können! Marisa hatte ihr ja gesagt, warum Leon sie zurückgeholt hatte - weil er einen Sohn haben wollte -, doch sie hatte sich geweigert, es wirklich zu glauben und sich romantische Illusionen gemacht. Und wenn ihr jetzt das Herz brach, musste sie sich an ihrem Unglück ganz allein die Schuld geben.
Angespannt lag sie im Bett und wartete. Leon kam nicht zu ihr zurück, und als der Morgen graute, gestand Chloe sich ein, dass sie verloren hatte. Egal, wie sehr Leon sie auch begehren mochte, er war nicht bereit, Marisa aufzugeben. Die Frage war: Besaß sie, Chloe, die Kraft, das zu ertragen und ihre Kinder im Schatten dieser zweifelhaften Beziehung aufwachsen zu sehen?
Sie kannte die Antwort.
Leon machte es ihr ungewollt leichter. Er saß bereits in einem eleganten Business-Anzug im Esszimmer und trank Kaffee, als Chloe zum Frühstück kam. Chloe setzte sich ihm gegenüber, und er betrachtete forschend ihr bleiches Gesicht. "Ich habe den größten Teil des Tages geschäftliche Termine. Kann das, worüber du heute Nacht mit mir sprechen wolltest, bis heute Abend warten?"
"Nein, ic h fürchte, das kann es nicht", sagte sie genauso ruhig wie er. "Es tut mir Leid, Leon, aber mir ist klar geworden, dass ich nicht bei dir bleiben kann. Oh, mir ist durchaus bewusst, was ich aufgebe ... Aber mir ist auch bewusst, dass ich in dieser Sache keine Kompromisse eingehen kann. Ohne Liebe - ohne wirkliche Liebe, nicht bloße Leidenschaft oder Lust - sehe ich keine Zukunft für unsere Ehe, und ich glaube auch nicht, dass es fair wäre, Kindern eine solche Beziehung zuzumuten."
Leon schwieg einen Moment. Während Chloe sprach, hatte er seine Zeitung sorgfältig zusammengefaltet. Nun legte er sie langsam beiseite und sah Chloe an. "Wenn du es so empfindest..."
"Das tue ich. Und ich werde meine Meinung nicht mehr ändern - unter keinen Umständen!"
"Schön. Dann sehe ich keinen Sinn darin, die Sache unnötig in die Länge zu ziehen. Ich werde mich nach dem nächsten Flug nach London erkundigen und dir einen Platz buchen.
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