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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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wie Sie dorthin gekommen sind?«
    »Nein, das nicht.« Nathan genoß das Gefühl der Erleichterung, das ihn langsam durchdrang. »Ich bin also körperlich in Ordnung?«
    »Sie sind körperlich in einer exzellenten, um nicht zu sagen beneidenswerten Verfassung. Aber Ihre emotionale Verfassung steht auf einem anderen Blatt. Sie haben ein schwieriges Jahr hinter sich, Nathan. Der Verlust Ihrer Familie fordert seinen Tribut. Und kurz davor die Scheidung. Das waren viele Verluste, viele Veränderungen. Ich selbst vermisse David und Beth sehr. Ich habe sehr an ihnen gehangen.«
    »Ich weiß.« Nathan starrte in diese dunklen Augen. Hatte er es gewußt? fragte er sich. Hatte er einen Verdacht? Aber in Kauffmans Gesicht war nur Anteilnahme zu erkennen.
    »Und Kyle.« Kauffman seufzte tief. »Er war noch so jung – so ein überflüssiger Tod.«
    »Wenn ich wenigstens Zeit gehabt hätte, um den Tod meiner Eltern zu verkraften …« Und um Gott dafür zu danken, dachte Nathan. »Kyle hat mir in den letzten Jahren nicht sehr nahe gestanden. Der Tod unserer Eltern hat daran nichts geändert.«
    »Und jetzt fühlen Sie sich schuldig, weil Sie nicht so sehr um ihn trauern wie um Ihre Eltern.«
    »Vielleicht.« Nathan stellte das Glas zur Seite und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Ich weiß schon nicht mehr, wo die Schuld beginnt. Doktor Kauffman, Sie waren mit meinem Vater seit dreißig Jahren befreundet, schon vor meiner Geburt. Was könnte einen scheinbar ganz normalen Mann mit einem
völlig normalen Leben dazu treiben, ein grausames Verbrechen zu planen und durchzuführen?« Nathan griff wieder nach seinem Glas, verspürte diesmal jedoch keine Lust, daraus zu trinken. »Ist er verrückt? Ist er krank? Könnte es körperliche Ursachen haben?«
    »Das kann ich nicht sagen, Nathan, es wäre viel zu spekulativ. Glauben Sie, daß Ihr Vater ein solches Verbrechen begangen hat?«
    »Ich weiß es.« Bevor Kauffman etwas sagen konnte, stand Nathan auf und ging wieder auf und ab. »Ich kann es Ihnen nicht erklären. Zuerst müssen es andere erfahren.«
    »Nathan, David Delaney war ein loyaler Freund, ein treuer Ehemann, ein liebender Vater. Darin sollten Sie Ruhe finden.«
    »Darin kann ich schon seit seinem Tod keine Ruhe mehr finden. Ich habe ihn begraben, Doktor Kauffman, ihn und meine Mutter. Und ich würde gern den Rest begraben. Wenn ich sicher sein könnte«, sagte er leise, »daß es nie wieder geschieht.«
    Kauffman beugte sich nach vorn. Seit einem halben Jahrhundert behandelte er Menschen, und er wußte, daß weder der Körper noch der Geist gesunden konnten, bevor es das Herz nicht tat. »Was er Ihrer Ansicht nach auch immer getan hat, Sie sind nicht dafür verantwortlich.«
    »Aber wer dann? Wer sonst ist verantwortlich? Ich bin der einzige, der übriggeblieben ist.«
    »Nathan.« Kauffman seufzte leise. »Sie waren ein aufgewecktes Kind und sind nun ein begabter, intelligenter junger Mann. Aber schon in der Vergangenheit habe ich manchmal bemerkt, daß Sie gern die Verantwortung für andere übernehmen. Sie haben öfter für ihn den Kopf hingehalten, als für Sie oder Kyle gut war. Wiederholen Sie diesen Fehler jetzt nicht in einer Sache, die Sie weder ändern noch rückgängig machen können.«
    »Das sage ich mir seit Monaten. Ich hatte fest vor, nicht mehr in der Vergangenheit herumzustochern, mich auf die Gegenwart zu konzentrieren und die Zukunft zu schmieden. Aber es gibt eine Frau.«
    »Aha.« Kauffman entspannte sich, lehnte sich wieder zurück.
    »Ich liebe sie.«
    »Das freut mich zu hören. Ich würde sie gern kennenlernen. Hat sie auch auf dieser Insel Urlaub gemacht?«
    »Nein, ihre Familie lebt dort. Sie ist im Augenblick dort zu Besuch. Sie hatte selbst… Schwierigkeiten. Wir haben uns schon als Kinder kennengelernt, und als ich sie jetzt wiedergesehen habe, da … um es kurz zu machen: Eins ergab das andere. Ich hätte es nie so weit kommen lassen dürfen.« Er trat ans Fenster und blickte auf den Central Park hinunter, der sein dickes grünes Sommergewand trug.
    »Warum sollten Sie sich Ihr eigenes Glück verwehren?«
    »Weil ich etwas weiß, was sie betrifft. Wenn sie es erfährt, wird sie mich hassen. Und schlimmer noch: Ich weiß nicht, wie sie darauf emotional reagieren wird.« Weil der Park ihn an den Wald auf Desire erinnerte, wandte er sich vom Fenster ab. »Ist es für sie besser, wenn sie etwas glaubt, das ihr sehr, sehr weh tut, aber nicht der Wahrheit entspricht, oder die Wahrheit zu

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