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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gekränkt, aber davon hatte sie noch jede Menge. Sie hatte Stolz und Klasse und Hirn und einen netten kleinen Körper mit der Energie eines Sprengkopfs.
    Himmel, sie war eine tolle Frau.
    Nein, ich habe richtig gehandelt, versicherte er sich noch einmal und hielt sich das kalte Glas an die Stirn, denn plötzlich war ihm verdammt heiß. Früher oder später hätte sie ihn doch abserviert, und dann wäre er der Dumme gewesen.
    Sie hatte viel zuviel Power, um ewig auf Desire zu bleiben. Das richtige Angebot von der richtigen Klinik, vom richtigen Institut oder wem auch immer, und sie würde ihre Koffer packen.
    Himmel, wie sie mit der Leiche von Susan Peters umgegangen war, wie aus der Frau eine eiskalte Ärztin geworden war, die kühl und bestimmt Anweisungen gegeben hatte, deren Hände ohne das geringste Zittern mit äußerster Präzision alle notwendigen Griffe ausgeführt hatten – so etwas hatte er noch nie gesehen.
    Das hatte ihm die Augen geöffnet. Er hatte es hier nicht mit einer zarten, zerbrechlichen Blume zu tun, die sich auf Dauer damit zufriedengab, auf einer winzigen Insel im Ozean Sonnenbrände zu behandeln und mit dem Besitzer einer Pension
zusammenzusein, der Soufflés schlug und Hühnchen briet. Nein, das war bestimmt nicht das, was sie wollte.
    Also hatte er es hinter sich gebracht, und bald würde das Leben wieder seinen gewohnten Gang gehen – so wie er es liebte.
    Verdammter Trott, dachte er in einem plötzlichen Anflug von Wut. Dann fiel sein Blick auf ihren Arztkoffer auf dem Tisch. Neugierig öffnete er ihn und betrachtete den Inhalt.
    Sie wird ihn schon abholen kommen, entschied er. Er hatte schließlich Besseres zu tun, als ihr ihre Sachen nachzutragen.
    Aber vielleicht brauchte sie ihre Instrumente in der Zwischenzeit. Ein Notfall konnte sich jeden Moment ereignen. Und dann wäre es seine Schuld, wenn sie ihre Sachen nicht dabei hatte. Ein Mensch konnte dabei sterben …
    Ein Menschenleben wollte er nicht auf dem Gewissen haben. Achselzuckend griff er nach dem Koffer, der schwerer war, als er gedacht hatte. Er würde ihn einfach nur bei ihr abstellen. Nicht mehr und nicht weniger.
    Er beschloß, den Wagen zu nehmen – es war zu heiß zum Laufen. Außerdem kam er so vielleicht vor ihr an, konnte den Koffer an der Tür abstellen und wieder weg sein, bevor sie auftauchte.
    Als er in ihre Einfahrt bog, dachte er, sein Plan sei aufgegangen, und bemerkte widerwillig, daß er enttäuscht war. Er wollte sie doch nicht mehr wiedersehen, basta.
    Aber als er zur Tür kam, stellte er fest, daß sie doch schneller als er gewesen war. Er konnte sie weinen hören.
    Das Geräusch ließ ihn schlagartig innehalten. Es war ein atemloses, bitteres Schluchzen, das ihm durch und durch ging. Er bezweifelte, daß es für einen Mann etwas Schrecklicheres als eine weinende Frau gab.
    Leise öffnete er die Tür, schloß sie behutsam hinter sich. Mit wackligen Knien ging er zu ihrem Schlafzimmer, während er den Koffer von einer Hand in die andere wandern ließ.
    Sie lag zusammengerollt auf dem Bett, wie ein Häufchen Elend, die Haare wirr vor dem Gesicht hängend. Mit weiblichen Tränen hatte er schon Bekanntschaft gemacht – schließlich war Lexy seine Schwester. Aber niemals hätte er damit gerechnet,
daß Kirby so verzweifelt weinen konnte. Nicht die Frau, die ihn herausgefordert hatte; nicht die Frau, die ohne mit der Wimper zu zucken ein Mordopfer in Augenschein genommen hatte. Nicht die Frau, die gerade erhobenen Hauptes und mit kaltem Blick seine Küche verlassen hatte.
    Bei Lexy gab es in solchen Situationen zwei Möglichkeiten: sich entweder möglichst schnell zu verdünnisieren oder sie in den Arm zu nehmen und zu trösten, bis es vorbei war. Er entschied sich für die zweite Möglichkeit, setzte sich auf die Bettkante und griff nach ihr, um sie an sich zu ziehen.
    Sie schoß in die Höhe und schlug nach der Hand, die sie berührte. Unbeeindruckt von ihrer Gegenwehr nahm er sie in die Arme.
    »Hau ab! Faß mich nicht an!« Die Demütigung, die durch sein Auftauchen jetzt zu dem Schmerz kam, war mehr, als sie ertragen konnte. Sie trat, schob und sprang vom Bett auf. Mit verquollenen Augen stand sie da und funkelte ihn an.
    »Was fällt dir ein, hierher zu kommen? Verschwinde von hier!«
    »Du hast deinen Koffer vergessen.« Er kam sich albern vor, wie er auf ihrem Bett lag, und richtete sich auf. »Ich habe dich weinen hören. Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen – ich wußte nicht mal, daß

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