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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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kochendem Wasser, Bier und Gewürzen. »Läßt man den Hund andererseits lange genug schlafen, wird er eines Tages alt und verliert die Zähne.«
    »Nicht sehr hilfreich.«
    »War ja auch eine komische Frage. Hey, Jo, du hast die Karottenschalen in der ganzen Küche verteilt.«
    »Ich feg’ sie auf.« Am liebsten hätte sie auch ihre Worte weggefegt, aber sie hätte immer gewußt, daß sie da waren. »Kannst du dir vorstellen, daß ein Mann, ein ganz normaler Mann mit einer Familie, einem Beruf, einem Haus, ein Mann, der mit seinem Sohn Nachlaufen spielt und seiner Frau Blumen mitbringt, noch eine andere Seite hat? Eine kalte, dunkle Seite, die niemand sieht, so daß er in der Lage ist, unfaßbare Dinge zu tun, um im nächsten Augenblick wieder zu seiner normalen Existenz zurückzukehren, sich im Fernsehen ein Baseballspiel anzusehen und mit seiner Familie Eis essen zu gehen?«
    Brian nahm das Sieb aus dem Schrank und stellte es in die Spüle. »Du hast heute ja ’ne Menge seltsamer Fragen auf Lager, Jo Ellen. Schreibst du ein Buch oder so was Ähnliches?«
    »Kannst du nicht einfach sagen, was du denkst?«
    »Okay.« Er rührte die Shrimps ein letztes Mal im Topf um. »Wenn du es philosophisch willst: Die alte Geschichte von
Jekyll und Hyde hat die Menschen schon immer fasziniert. Gut und Böse, die beide gleichzeitig in einem Menschen existieren. Keiner von uns ist ohne Schattenseiten.«
    »Ich spreche nicht von Schattenseiten. Ich meine nicht den Ehemann, der der Versuchung erliegt und seine Frau mit einer anderen betrügt. Ich spreche von dem wirklich Bösen, das keinen Hauch schlechtes Gewissen mit sich bringt. Aber man sieht es nicht, nicht mal die Menschen, die ihm am nächsten sind.«
    »Kommt mir so vor, als könnte man das Böse am leichtesten verstecken, wenn man kein Gewissen hat. Wenn man keine Reue empfindet, gibt es keinen Spiegel, der die Tat reflektiert.«
    »Keinen Spiegel, der die Tat reflektiert«, wiederholte Jo. »Er müßte aus schwarzem Glas sein, nicht wahr?«
    »Hast du noch mehr komische Fragen auf Lager?«
    »Wie wär’s mit der: Kann der Apfel weit vom Stamm fallen?«
    Grinsend packte Brian den dampfenden Topf und goß die Shrimps mitsamt dem kochenden Wasser in das Sieb. »Kommt ganz auf den Apfel an, würde ich sagen. Ein gesunder, starker Apfel springt ein paarmal auf und kann leicht einige Meter vom Stamm wegrollen. Aber ein fauler plumpst runter und bleibt direkt neben dem Stamm liegen.«
    Er drehte sich um, um nach seinem Bier zu greifen, doch als er ihr blasses Gesicht mit den großen, dunkel schimmernden Augen sah, hielt er inne und schüttelte den Kopf. »Was ist los?«
    »Du hast recht«, sagte sie ruhig. »Du hast absolut recht.«
    »In Parabeln bin ich stark.«
    »Ich nehme dich beim Wort, Brian.« Sie wandte sich wieder den Karotten zu. »Nach dem Abendessen müssen wir miteinander reden. Die ganze Familie. Wir treffen uns im Wohnzimmer. Ich werd’s den anderen sagen.«
    »Die ganze Familie? Alle im selben Raum? Wen willst du bestrafen?«
    »Es ist sehr wichtig, Brian. Für uns alle.«
     
    »Ich verstehe nicht, warum ich hier Däumchen drehen soll. Ich hab’ noch eine Verabredung.« Lexy starrte in den Spiegel hinter der Bar und spielte mit ihren Haaren. »Es ist schon kurz vor elf. Ich wette, Giff hat’s aufgegeben, auf mich zu warten, und liegt schon im Bett.«
    »Jo hat gesagt, es sei wichtig«, erinnerte sie Kate. Sie bemühte sich, mit ihren Stricknadeln ein gleichmäßiges Klappern zustande zu bringen. Sie strickte schon seit zehn Jahren an derselben Decke und war fest entschlossen, sie vor der Jahrtausendwende zu Ende zu bringen.
    »Wo ist sie dann?« erkundigte sich Lexy und suchte mit ihren Blicken demonstrativ den Raum ab. »Außer uns beiden kann ich hier niemanden entdecken. Brian hat sich’s bestimmt drüben bei Kirby gemütlich gemacht, und Daddy ist über Kurzwelle seinem blöden Hurrikan auf den Fersen, der wahrscheinlich sowieso einen großen Bogen um die Insel macht.«
    »Sie tauchen sicher gleich auf. Warum gießt du uns nicht ein Glas Wein ein?« Dies war einer von Kates kleinen Träumen: den Abend im Kreis der Familie verbringen und die Ereignisse des Tages durchsprechen.
    In diesem Augenblick betrat Sam den Raum und warf Kate einen belustigten Blick zu. Diese Decke schien niemals fertig zu werden, und irgendwie kam sie ihm jedes Mal, wenn er sie sah, scheußlicher vor. »Weißt du, was Jo Ellen im Schilde führt?«
    »Nein, keine Ahnung«,

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