Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)
erwiderte Kate munter. »Setz dich am besten. Lexy holt einen Wein.«
»Ein Bier wäre mir lieber.«
»Ich nehme Ihre Bestellung gern entgegen, mein Herr«, sagte Lexy gereizt. »Bedienen ist schließlich mein Leben.«
»Ich kann mir mein Bier selbst holen.«
»Oh, setz dich nur, ich hole es schon«, sagte sie knapp.
Gehorsam ließ sich Sam neben Kate auf dem Sofa nieder und trommelte mit den Fingern auf seine Knie. Als Lexy wenig später mit einem schaumgekrönten Pils vor ihm stand, hob er den Blick. »Jetzt möchtest du sicher ein Trinkgeld haben.« Während Lexy ihn erstaunt ansah, nickte er ernst. »Eine Hand wäscht die andere.«
Kates Nadeln hörten auf zu klappern, Lexy blickte ihren Vater entgeistert an, und Sam starrte in sein Bierglas, während sein Nacken rot anlief.
»Mein Gott, Sam, du hast einen Witz gemacht. Lexy, bitte erinnere mich morgen daran, daß ich diesen Tag rot im Kalender ankreuze.«
»Sarkastische Frauen sind der Grund, weshalb ich lieber meinen Mund halte«, murmelte er, während Kate schallend lachte.
Lexy beobachtete grinsend, wie Kate Sams Knie tätschelte.
In diese Szene platzte Jo: ihr Vater, ihre Tante und ihre Schwester – fröhlich im selben Raum versammelt.
Ihr Mut schwand. Mit einem solchen Bild hatte sie nie gerechnet, und nie hätte sie geahnt, daß es ihr so viel bedeutete. Gemeinsam mit dem Mann, der hinter ihr stand, war sie in der Lage, es zu zerstören.
»Da ist sie ja«, rief Kate aus. Als sie Nathan entdeckte, glaubte sie zu wissen, was Jo zu verkünden hatte, und hörte schon die Hochzeitsglocken läuten. Aufgeregt legte sie ihr Strickzeug beiseite. »Wir wollen gerade eine Flasche Wein aufmachen. Oder wäre euch Champagner lieber?«
»Nein, nein, Wein ist in Ordnung«, entgegnete Jo rasch. Ihre Nerven waren zum Zerreißen angespannt. »Bleib ruhig sitzen, Kate, ich kümmere mich schon darum.«
»Ich hoffe, es dauert nicht lange, Jo. Ich hab’ noch was vor«, sagte Lexy.
»Tut mir leid, Lexy.« Eilig teilte Jo die Gläser aus – sie wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen.
»Setz dich, Jo«, befahl Kate. »Machen Sie’s sich bequem, Nathan. Ich bin sicher, daß auch Brian gleich auftaucht. Ach, da ist er ja schon. Brian, stellst du bitte den Ventilator an, ja? Die Hitze ist mörderisch. Unten am Fluß ist es sicher kühler, nicht wahr, Nathan?«
»Etwas.« Er setzte sich. Es war ausgemacht, daß er Jo das Tempo vorgeben ließ. Sein Blick wanderte hinüber zu Sam. Sie hatten an diesem Abend eine halbe Stunde damit verbracht, die Pläne durchzugehen und den Anbau zu diskutieren. Und die ganze Zeit hatte Nathan das Gefühl gequält, den Mann zu betrügen.
Jetzt war es an der Zeit, reinen Tisch zu machen und den Konsequenzen ins Auge zu sehen. »Wie bitte?« sagte er, als er plötzlich bemerkte, daß Kate mit ihm sprach.
»Ich wollte nur wissen, ob Ihnen die Arbeit hier genauso leicht fällt wie in New York.«
»Es ist eine nette Abwechslung.« Sein Blick traf Jos, als sie ihm sein Glas Wein reichte. Bringen wir’s hinter uns, sagten ihr seine Augen.
»Setzt du dich bitte, Brian«, bat Jo ihren Bruder.
»Hmmm.« Sie war mitten in seinen Tagtraum geplatzt, in dem er sich ausmalte, wie er sich wenig später zu Kirby schleichen und sie auf ganz spezielle Weise wecken würde. »Ja, natürlich.«
Er ließ sich in einen Sessel fallen und kam zu dem Schluß, daß er nie in seinem Leben so glücklich und zufrieden gewesen war. Er zwinkerte Lexy zu, die sich auf seine Armlehne setzte.
»Ich weiß nicht, wie ich es euch sagen soll.« Jo atmete tief durch. »Ich wünschte, ich müßte die schlafenden Hunde nicht wecken.« Sie sah zu Brian hinüber. »Aber es geht nicht anders. Ganz gleich, ob es das beste ist oder nicht, habe ich das Gefühl, daß ich das einzig Richtige tue. Daddy.« Sie ging zu ihrem Vater und setzte sich auf den Beistelltisch, so daß ihre Augen auf gleicher Höhe waren. »Es geht um Mama.«
Sie sah, wie seine Lippen schmal wurden, und obwohl er sich nicht bewegte, fühlte sie, wie er von ihr abrückte.
»Sie ist tot, Daddy. Sie ist seit zwanzig Jahren tot.« Während sie sprach, griff sie nach seiner Hand. »Sie hat dich nicht verlassen. Sie ist nicht von Sanctuary weggelaufen. Sie wurde umgebracht.«
»Wie kannst du so etwas sagen?« Erregt sprang Lexy auf. »Wie kannst du nur so etwas behaupten, Jo?«
»Alexa.« Sam hielt den Blick auf Jo gerichtet. »Schweig!« Er brauchte selbst einen Augenblick, um sich von
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