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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Tisch, das Radio fiel herab, und abgehackte Musikfetzen ertönten. Am liebsten hätte sie geschrien.
    »Nein.« Sie ballte die Hände zu Fäusten, grub die Fingernägel in ihre Handballen, bis sie den Schmerz spürte. »Nein, ich werde es nicht zulassen. Ich werde nicht daran glauben. Es wird nicht geschehen.«
    Sie zwang sich mit aller Gewalt zur Ruhe, zählte ihre Atemzüge, bis der Schwindel verflog. Dann bückte sie sich entschlossen nach dem Foto.
    Ja, es war ihr Gesicht. Eindeutig. Es war aufgenommen worden, bevor ihr Lexy die Haare geschnitten hatte, vor dem Lagerfeuer am Strand. Also vor ein paar Wochen, denn das Strandfest hatte zu Beginn des Sommers stattgefunden. Sie hielt das Foto näher an die Lampe und zwang sich, es objektiv und professionell zu betrachten.
    Schon nach wenigen Sekunden war ihr Blick so klar, daß sie bemerkte, daß zwar das Gesicht ihres war, aber nicht der Körper. Die Brüste waren zu voll, die Hüften zu weiblich. Sie legte das Foto neben das von Annabelle und erkannte, daß man ihren Kopf auf den Körper ihrer Mutter montiert hatte. Man hat uns zu einer Person gemacht, dachte sie.
    Das war es also, was er wollte.
     
    Brian lenkte den Jeep über den Versorgungsweg des Campingplatzes. Auf einigen Parzellen hatten die Camper ein
wildes Durcheinander hinterlassen, aber nach dem Sturm würde das auch keinen Unterschied mehr machen. Der Wind fegte bereits scharf wie eine Rasierklinge zwischen den Bäumen hindurch. Als eine Bö den Jeep erfaßte, packte Brian das Lenkrad noch fester. Er rechnete damit, daß ihnen nicht mehr als eine Stunde für die letzten Arbeiten bleiben würde.
    Er mußte sich zwingen, nichts zu überstürzen. Nach seiner letzten Patrouille über den Campingplatz wollte er Kirby abholen und sie nach Sanctuary bringen. Ihm wäre es zwar lieber gewesen, sie aufs Festland zu verfrachten, doch er wußte genau, daß sie nie zugestimmt hätte. Wenn ein Inselbewohner blieb, würde sie ebenfalls bleiben, um sich um mögliche Verletzungen zu kümmern.
    Sanctuary stand schon seit mehr als hundert Jahren an dieser Stelle. Und auch dieses Unwetter würde es überleben.
    Die Probleme lagen woanders. Der Sturm würde sie vom Festland abschneiden – keine Telefonverbindung mehr, kein Strom, keine Fähren. Nur noch das Radio. Er hatte den Generator aufgetankt, damit sie wenigstens Notstrom hatten. Und er wußte, daß Kate immer genügend Trinkwasser in Flaschen im Haus hatte.
    Im Geiste hakte Brian seine Checkliste ab. Als er sich überzeugt hatte, daß niemand mehr auf dem Campingplatz war, wurde er ruhiger. Als plötzlich eine Gestalt aus dem Gebüsch auf die Straße trat, stieg Brian fluchend in die Bremsen.
    »Sie Idiot!« Wütend sprang Brian aus dem Wagen. »Beinahe hätte ich Sie überfahren. Müssen Sie ausgerechnet mitten auf die Straße springen?«
    »Ach ja?«, erwiderte er grinsend. »Gutes Timing, was?«
    »Kann man wohl sagen.« Brian wies auf den Jeep. »Los, steigen Sie ein. Vielleicht kann ich Sie noch auf die letzte Fähre bringen, aber viel Zeit ist nicht mehr.«
    »Nur keine Eile.« Immer noch grinsend zog der Mann die Hand hinter dem Rücken hervor und drückte ab.
    Ein brennender Schmerz durchzuckte Brians Brust. Er taumelte zurück. Als er zu Boden fiel, sah er, wie ihn die Augen eines Freundes aus Kindertagen anlachten.
    »Einer weniger.« Mit der Stiefelspitze drehte er Brians leblosen Oberkörper um. »War nett, dich wiederzusehen, alter Kumpel. Und danke für den Jeep.«
    Als er in den Wagen sprang, warf er Brian einen letzten Blick zu. »Mach dir keine Sorgen. Ich bring’ ihn zurück nach Sanctuary. Früher oder später.«
     
    Der Regen peitschte gegen die Fensterscheiben, als Kirby ihren Notfallkoffer packte. Gelassen versuchte sie, an alle Eventualitäten zu denken. Sie war zu dem Schluß gekommen, daß man die Verletzten am besten nach Sanctuary brachte, denn ihr eigenes Haus würde dem Sturm möglicherweise nicht standhalten.
    Sie hob einen Karton an und wollte ihn gerade zu ihrem Auto schleppen, als die Tür aufflog. Sie brauchte einen Augenblick, um die Gestalt in dem gelben Regenmantel mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze als Giff zu identifizieren.
    »Hier.« Sie drückte ihm den Karton in die Hände. »Bring das in den Wagen, ich hole den nächsten.«
    »Hab’ mir schon gedacht, daß du eine ganze Menge von dem Zeug mitnimmst. Beeil dich, das Biest kommt näher.«
    »Ich hab’ schon fast alles beisammen.« Sie schlüpfte in ihren Ölmantel.

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