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Insel der sieben Sirenen

Insel der sieben Sirenen

Titel: Insel der sieben Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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gekehrt.
Manchmal malte sie, sehr oft las sie, und gelegentlich besuchte sie mit
Freunden Konzerte oder gute Filme. Sie galt als ausgeglichen, pflegten ihre
Freundschaften, schloß sich aber nie mandem
näher an.
    Und damit blieb nur noch eine
Akte übrig: die Raima Snows, und sie erwies sich als
die verrückteste von allen. Mit der Astrologie war es ihr ernst. Ebenso mit
Makrobiologie, fliegenden Untertassen, Zen, der Friedensbewegung und freier
Liebe. Sie war zwar nicht wie ein Hippie angezogen gewesen, wahrscheinlich
wegen des konservativen Einflusses von A. Z. Bradstone, aber sie war ganz gewiß
ausgeflippt. Allerdings hatten die Detektive sie nicht bei Drogenmißbrauch ertappen können. Wahrscheinlich war sie ständig high und brauchte gar keine.
    Was schloß ich also aus diesen
Fakten? fragte ich mich müde, als ich die Akten beiseite legte und mich erhob,
um mir einen fünften Drink einzugießen. Nur daß eines von diesen Mädchen die
Erbin von siebzig Millionen Dollar sein konnte — und das Gegenteil nicht zu
beweisen war.
    Ich trank gerade mein Glas leer
und hatte beschlossen, es bei sechs Drinks bewenden zu lassen, als ein etwas
klein und füllig geratenes Mädchen mit einem Buch unterm Arm die Bibliothek
betrat. Sie warf mir einen Blick zu und runzelte leicht die Stirn, wobei sich
ihr breiter Mund mit den vollen Lippen mißbilligend oder auch nur verlegen zusammenpreßte.
Ihr dünnes und strähniges Haar lag in der Farbe zwischen Braun und Schwarz und
umrahmte ein breites, nichtssagendes Gesicht. Ihre Augen waren schmal und
dunkel, ihr Kinn wirkte männlich.
    Aber all das bemerkte man erst
auf den zweiten Blick. Auf den ersten fiel einem der wuchtige Busen an ihr auf,
der ihren blauen Pullover zu einer schier unglaublichen Schwellung zwang.
Entweder war ihr BH ein Meisterwerk der Ingenieurkunst, oder sein Inhalt fest
und solide, denn eine Abwärtstendenz war nirgends festzustellen. Auf jeden Fall
war meine Neugier damit gestillt: Ich hatte Andrea Strogonov vor mir.
    »Haben Sie was zu lesen ?« fragte sie hastig und mit etwas rauher Stimme. Mir kam der Gedanke, daß sie defensiv eingestellt und mindestens so
neurotisch war wie Raima Snow, die sich mit ihrem
Liebesleben nach den Sternen richtete.
    Ich zuckte die Schultern. »Da
drüben auf dem Couchtisch habe ich ein paar Taschenbücher gesehen .« Ich deutete hin. »Und Zeitschriften liegen dort drüben .«
    »Das weiß ich, aber ich lese
nur Mordgeschichten .« Sie hielt mir ihr Buch hin, es
trug den Titel »Tote bluten nicht«. Den Autor konnte ich nicht ausmachen, er
war zu klein gedruckt.
    »Mord interessiert mich nicht«,
sagte ich ihr wahrheitsgemäß. »Aber ich kann Ihnen eine Ausgabe von >Fanny
Hill< leihen .«
    Sie nickte, ihre Lippen
verzogen sich in doppeldeutigem Ausdruck, als ob ihr Gesicht zwei Empfindungen
zu gleicher Zeit widerspiegeln könnte: die eine Hälfte schlechte Laune, die
andere Unglück.
    »Sie sehen mir ganz danach aus,
als würden Sie solchen Dreck lesen«, sagte sie.
    »Welcher Mann würde das nicht ?« fragte ich neugierig. »Unter unserer Tünche plagen uns
alle die gleichen Begierden .«
    Sie preßte ihr Buch fester an
sich, ihr Gesicht verfinsterte sich noch mehr. »Sie müssen der Rechtsanwalt
sein, den Mr. Bradstone eingeladen hat .«
    »Das stimmt«, meinte ich
liebenswürdig. »Ich will hier herausfinden, wer von Ihnen sieben lügt und wer
das ganze Geld bekommen soll .«
    Schweigend starrte sie mich
eine Weile an, und ihr Gesicht verriet stille Neugier. »Das sollte Ihnen nicht
schwer fallen, Mr. Roberts. Wir lügen natürlich alle .«
    »Sie auch, Andrea ?« fragte ich skeptisch.
    »Aber sicher. Jede von uns
würde das Blaue vom Himmel lügen, nur um an das viele Geld zu kommen. Aber nun
mal ehrlich — ich glaube, daß keine von uns sieben Mr. Bradstones Tochter ist.
Dann kann man genausogut irgendeine dazu bestimmen.
Ich meine — weshalb sollte das schöne Geld an die Wohlfahrt gehen ?«
    Ich mußte den Kopf schütteln,
spürte plötzlich die Auswirkungen eines harten Tages und fünf Gläser Bourbon.
Ein Drink mehr mußte das Wirrwarr in meinem Kopf aufhellen, beschloß ich, und
schenkte mir nach, wobei ich auch Andrea ein Glas offerierte.
    »Nein, danke«, sagte sie und
hielt sich immer noch an ihrem Buch fest. »Ich trinke nicht. Unter Alkohol
passieren mir — schlimme Dinge .«
    Da es grausam gewesen wäre, sie
zu fragen, ob sie während ihres Dienstes als Krankenschwester noch getrunken
hatte, leerte ich

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